Kommunales

Dass die Bahnbrücken im Pegnitztal marode sind, ist schon seit Jahren bekannt. Jetzt hat die Bahn die Notbremse gezogen. Das hat massive Auswirkungen auf die Fahrgäste. Laut Bayerischer Eisenbahngesellschaft (BEG) waren im ersten Halbjahr 2025 auf der Strecke Nürnberg – Bayreuth an einem normalen Schultag durchschnittlich 9730 Personen unterwegs. (Foto: dpa/Daniel Karmann)

02.10.2025

Bahnstrecke von Hersbruck nach Pegnitz: Scheitern mit Ansage

Ärgerlich: Die Bahnstrecke von Hersbruck nach Pegnitz wurde von heute auf morgen gesperrt

Bevor die Deutsche Bahn (DB) aktiv wird, muss erst massiver Schaden entstehen. Nur so kann man die Hals über Kopf verordnete Sperrung der Strecke von Hersbruck nach Pegnitz erklären. Von heute auf morgen machte die DB am 19. September 2025 die Bahnline  wegen „technischer Überprfungen“ mehrerer Brücken im Pegnitztal dicht und koppelte damit Bayreuth (rund 73.000 Einwohner) und Hof (knapp 49.000 Einwohner) vom Gleisanschluss an die Nordbayernmetropole Nürnberg (knapp 547.000 Einwohner) ab. Noch bis voraussichtlich Februar 2026 wird es Schienenersatzverkehr geben.

Betroffen davon sind nicht nur die vielen Pendler, sondern auch Reisende nach Plauen (über 65.000 Einwohner), Chemnitz (über 250.000 Einwohner) und Dresden (rund 565.000 Einwohner). Sprich die gesamte Franken-Sachsen-Magistrale der Bahn ist in Mitleidenschaft gezogen.

Problem ist seit Jahren bekannt

„Die kurzfristige Sperrung der Strecke ist sehr ärgerlich, zumal das Problem mit diesen Brücken ja seit vielen Jahren bekannt war. Viele Pendlerinnen und Pendler auch von und nach Nürnberg sind auf die Verbindung angewiesen. Ich hoffe, dass nun eine schnelle Sanierung erfolgt und heutige Bahnkunden nicht aufs Auto umsteigen“, sagt Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU), der Staatszeitung.

Sein Bayreuther Amtskollege, Oberbürgermeister Thomas Ebersberger (CSU), betont, dass die Bahn aufgrund der gravierenden und umfangreichen Brückenschäden „leider Zeit benötigt“, um die Befahrbarkeit der Brücken wiederherzustellen. „Es wird wohl bereits mit Hochdruck gearbeitet, doch gilt hier selbstverständlich Sicherheit vor Schnelligkeit. Die maroden Brücken müssen noch bis zu ihrer Erneuerung zurzeit bis mindestens 2030 durchhalten“, so Ebersberger.

Erstmals werden Direktbusse eingesetzt

Zwischenzeitlich müssen die vielen Bahnfahrer sich mit Ersatzbussen begnügen. Diese sollen laut Ebersberger, der sich auf die Bahn beruft, stets dem Bedarf angepasst werden. „Ich begrüße es, dass die Bahn zumindest unserem dringenden Wunsch nach Direktbussen erstmals nachgekommen ist. Die Anzahl ist jedoch noch deutlich zu steigern und die Nachteile sind auszugleichen“, so der Bayreuther OB. Er würde sich für die Busse in den Hauptverkehrszeiten Vorrang wünschen. Doch das ist laut seinem Amtskollegen König im Nürnberger Stadtgebiet kaum möglich. „Denn es sind ja viele Menschen auf den Straßen unterwegs, die ebenfalls schnell ihr Ziel erreichen wollen“, betont König. Lukas Iffländer, Landesvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn Bayern und stellvertretender Bundesvorsitzender von Pro Bahn, sieht das anders. Er votiert für einen entsprechenden Vorrang für die Ersatzbusse. Diese müssten dazu aber mit der Bayreuther und der Nürnberger Ampelvorrangschaltung klarkommen können, betont Iffländer. Leider würden dort keine einheitlichen Systeme eingesetzt und die Lösungen seien oft sehr speziell auf die Städte zugeschnitten. „In Bayreuth hat man die Linien metergenau bemessen, um die Priorisierung zu entscheiden, Daher können oft Ersatzbusse nicht in diese Systeme eingebunden werden“, erklärt er. Gerade weil die Sperrung länger dauern soll, wäre das einmal ein Aufruf an die Städte, sich hier auf gemeinsame Standards zu einigen, dass dann im Zweifel der Busunternehmer aus Roth den Ersatzverkehr zwischen Nürnberg und Bayreuth fahren kann und in allen Systemen schnell vorankommt, unterstreicht Iffländer.

Bayerns Bau- und Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) spricht von einem Scheitern mit Ansage: „Wäre nach Abschluss der Vorplanungen 2021 zügig weitergeplant worden, stünden wir heute ganz anders da.“ Bund und Deutsche Bahn hätten immer wieder betont, dass die Bestandsbrücken unabhängig von Ausbau und Elektrifizierung nach und nach saniert werden und man hier schon große Fortschritte erzielt habe. „Jetzt wird eine Strecke gesperrt und Schienenersatzverkehr eingerichtet. Wenn das Fortschritt sein soll, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht, Deutschland!“, so Bernreiter.

Pro Bahn: Schuld hat der Bund

Pro Bahn-Vorsitzender Iffländer sieht die Schuld an der derzeitigen Misere im Pegnitztal eindeutig bei den Bundesregierungen der letzten Jahre – und zwar alle seit der Wiedervereinigung, egal ob Schwarz-Gelb, Rot-Grün, GroKo oder Ampel. So lange schon sei die Franken-Sachsen-Magistrale im Bundesverkehrswegeplan, aber passiert sei nichts. „Wenn immer die Chance besteht, dass in fünf Jahren vielleicht neu gebaut wird, ist es verständlich, dass eine Deutsche Bahn keine Großinvestition in neue Brücken macht, die gegebenenfalls dann gleich wieder wegen Elektrifizierung abgerissen werden müssen. Verkehrswegeplanung muss verlässlicher werden“, fordert Iffländer.

Er plädiert auch dafür, dass die Bahn den jetzt eingerichteten Expressbus vom Nürnberger zum Bayreuther Hauptbahnhof in der Festspielstadt einen zusätzlichen Stopp am Zentralen Omnibus-Halt (ZOH) einlegen lässt. Auf diese Weise würde den durch die längere Fahrzeit (eine halbe Stunde mehr) Geschädigten der Fußweg vom ZOH zum Bahnhof erspart und sie können vielleicht sogar einen Bus früher erreichen. Bayreuths Oberbürgermeister Ebersberger sagt: „Derzeit wird geprüft, ob weitere Haltepunkte der Schnellbusse in Bayreuth möglich sind, etwa in Universitätsnähe.“ Es gelte abzuwägen zwischen der Reisezeit aller und Verbesserungen für einen Teil der Reisenden. „Wenn ausreichend Busse eingesetzt werden, sollte dies möglich sein“, findet Ebersberger.

Brücken sanieren und Strecke elektrifizieren

Was in Zukunft erreicht werden soll, ist inzwischen auch klar. Denn Bahn und Bund wollen den Ersatz der zahlreichen maroden Bahnbrücken über die Pegnitz mit der Elektrifizierung von Nürnberg bis ins obere Pegnitztal verknüpfen. Mit der Bündelung der Bauarbeiten soll die Dauer der Streckensperrung minimiert werden. Diese Strategie wurde vor Kurzem politischen Vertretern der Anliegerregion in einer vom Parlamentarischen Staatssekretär Ulrich Lange (CSU) aus dem Bundesverkehrsministerium und dem Hofer Landrat Oliver Bär (CSU) initiierten Videokonferenz mit dem Vorstandsvorsitzenden der DB InfraGO, Philipp Nagl, und Bayerns Verkehrsminister Bernreiter vorgestellt.

„Das entspricht unserer Forderung, die Brückenarbeiten zu nutzen, um mit dem Lückenschluss des Fahrdrahts zu beginnen“, betont der Bayreuther Oberbürgermeister. „Die Sperrung der Franken-Sachsen-Magistrale ist ein massiver Einschnitt für die Menschen vor Ort. Wir sind es ihnen schuldig, nicht nur die maroden Brücken schnellstmöglich zu sanieren, sondern zugleich die seit Langem geforderte Elektrifizierung mitzudenken und umzusetzen“ ergänzt Landrat Armin Kroder (Freie Wähler) vom Landkreis Nürnberger Land. Beide sind Sprecher der Interessengemeinschaft Elektrifizierung Nürnberg – Bayreuth – Cheb (Eger). „Selbst der Anschluss von Bayreuth ans elektrifizierte Netz rückt damit in greifbare Nähe“, folgert der Bayreuther Landrat Florian Wiedemann (Freie Wähler). Denn der Freistaat würde dem Streckenausbau des Bundes bis Schnabelwaid die Elektrifizierung bis zur Festspielstadt Bayreuth folgen lassen. Das bekräftigte Bayerns Bau- und Verkehrsminister Bernreiter.
(Ralph Schweinfurth)

INFO: Historie und Aktuelles zu den Bahnbrücken

Die Planungen zur Modernisierung und Erneuerung der 23 Pegnitzbrücken zwischen Hersbruck und Pegnitz wurden laut einer Sprecherin der Deutschen Bahn (DB) bereits vor über 15 Jahren von der DB angestoßen, um eine vollständige Erneuerung der Brücken bis Ende 2016 sicherzustellen. Insbesondere aufgrund der finanziellen Ausstattung der damaligen DB Netz AG durch den Bund (keine herkömmliche Bundesfinanzierung für den Erhalt der Infrastruktur) sowie die Belange des Denkmalschutzes kam es der DB zufolge hierbei jedoch zu erheblichen Verzögerungen. So habe die DB damals zugunsten des Denkmalschutzes im Planfeststellungsverfahren kein Baurecht erhalten.

Trotz der besonderen Auflagen des Denkmalschutzes, der besonderen Topografie und diverser Naturschutzgebiete im Pegnitztal konnten bisher bereits fünf der Brücken erneuert werden, betont die DB-Sprecherin. Um die Sicherheit im Bahnverkehr zu gewährleisten, wurden in den vergangenen Jahren engmaschige Untersuchungszeiträume (vierteljährlich) festgelegt und technische Monitoringsysteme zur Echtzeitüberwachung an den Brücken eingebaut. Gleichzeitig liefen die Planungen zur Erneuerung der weiteren Brücken weiter. Die Planung für alle Maßnahmen befindet sich derzeit in der Phase der Entwurfsplanung, so die DB-Sprecherin. Aktuell reiche sie die Planfeststellungsanträge schrittweise aufgrund der Menge der Maßnahmen beim Eisenbahnbundesamt (EBA) ein.

Die im Zuge der geplanten Erneuerungsmaßnahmen erforderlichen Detailuntersuchungen von Brückenwiderlagern, Fundamenten und Untergrundbeschaffenheit durch spezialisierte Ingenieurbüros zeigten der DB-Sprecherin zufolge in den vergangenen Tagen Unregelmäßigkeiten, die eine kurzfristige Streckensperrung seitens der DB InfraGO erforderten. Das EBA sei fortlaufend informiert worden.

„Wir prüfen aktuell die Ergebnisse der Detailuntersuchungen und leiten entsprechende bauliche und technische Maßnahmen ab. Ziel ist, die Brücken baulich so zu stabilisieren, dass zeitnah wieder Züge durchs Pegnitztal fahren können“, so eine DB-Sprecherin zur Staatszeitung. Nach aktuellem Stand soll der Zugverkehr der Sprecherin zufolge spätestens im Februar wieder aufgenommen werden. (rs)

 

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