Kommunales

Aufgrund der Erwärmung werden die Schneekanonen immer mehr zu tun haben. (Foto: DPA)

24.05.2013

Schnee ist nicht so wichtig

Auch wenn Klimastudien dagegen sprechen – die Allgäuer Kommunen rüsten ihre Skigebiete auf

Zwar gab es im vergangenen Winter überdurchschnittlich viel Schnee und aktuell gibt es auch den höchsten Tourismusetat in der Geschichte Bayerns. Aber jetzt stellte der Deutsche Alpenverein (DAV) eine Studie vor, nach der selbst Schneekanonen die bayerischen Skigebiete nicht mehr retten können. Doch bei Politikern, Kommunen und Fachleuten stößt die Studie nicht gerade auf positive Resonanz, Seilbahnbetreiber halten die Ergebnisse sogar schlichtweg für falsch, wobei da sicher der Wunsch Vater des Gedankens ist. Doch auch Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) macht bei einem Treffen auf dem Fellhorn deutlich: „Die Natur schützen und die Natur erschließen – diesen beiden Zielen muss man gleichermaßen Rechnung tragen.“ Man dürfe das Thema nicht schwarz-weiß diskutieren.
Ähnlich reagierten auch die Kommunalpolitiker im Allgäu. Nesselwangs Bürgermeister Franz Erhart (CSU) meint: „Es gibt eine stetige und zugleich vorsichtige Weiterentwicklung unseres Skitourismus.“ Man beschneie nicht um jeden Preis, sondern mit Bedacht. Parallel dazu lege man auch verstärkt den Fokus auf die Sommergäste, baue Wanderwege aus. „Durch den gesicherten Winterbetrieb der vergangenen Jahre konnte in Nesselwang eine neue Achter-Kabinenliftanlage investiert werden. Diese ermöglicht es, auch den Sommerbetrieb zu beleben und neue Attraktionen am und auf dem Berg zu bieten“, sagt Johann Fleschhut (Freie Wähler), der Landrat des Landkreises Ostallgäu. So könnten neue Zielgruppen (beispielsweise Senioren, oder körperlich Behinderte) angesprochen werden. In Füssen, verkündet das Landratsamt, pflege man die „sanfte Seite des Allgäuwinters“. Hier konzentriere man sich weniger auf den Alpintourismus, sondern mehr auf Themen wie „die historische Stadt Füssen im Winter“, Winterwandern, „Winter-Wellness“ oder Schneeschuhwandern.

"Nicht unter die Käseglocke setzen"


Im Landkreis Ostallgäu beträgt die beschneite Fläche insgesamt 42,50 Hektar (zum Vergleich: Regierungsbezirk Schwaben 281,90 Hektar, Freistaat Bayern 764,92 Hektar). „Weder Naturhaushalt noch das Landschaftsbild dürfen durch eine Beschneiungsanlage beeinträchtigt werden. Außerdem darf dazu nur Wasser ohne Zusätze verwendet werden“, versichert man in der Behörde.
Auch der Markt Oberstaufen im Landkreis Oberallgäu legt nach eigenem Bekunden Wert auf die Beachtung der ökologischen Kriterien. „Die künstliche Beschneiung in unseren Skigebieten ist sogar für die Vegetation von Vorteil“, glaubt Bürgermeister Walter Grath (parteilos). Folglich sei auch eine Erweiterung in den bestehenden Skigebieten angedacht, um den Wintersport zu sichern. An der Imbergbahn-Gesellschaft ist der Markt mit 700 000 Euro beteiligt. Er schätzt die Zahl der Schneekanonen auf zirka 40 bis 50 Stück. Subventioniert wurde allerdings von der Gemeinde keine einzige davon. Generell sieht es der Grath so: „Oberstaufen verfügt über einen Ganzjahrestourismus mit den Schwerpunkten Gesundheit, Wandern, Golf und Wintersport.“ Als Alternativen zum Wintersport nennt er Winterwanderwege und Schnee-schuh-Wanderungen.
 Generell gibt es im Landkreis Oberallgäu keine finanzielle Förderung von Beschneiungsanlagen. Wohl gibt es Zuschüsse aus dem Seilbahnförderprogramm des Freistaates. Landrat Gebhard Kaiser (CSU): „Im Vergleich zu anderen Wintersportregionen ist Bayern hier sehr zurückhaltend.“ Zudem verlange das Seilbahnförderungsprogramm auch ein Konzept für den Sommertourismus. Mit Blick auf die ökologischen Kriterien meint Kaiser: „Die Erfahrungen aus fast 30 Jahren Genehmigungspraxis haben gezeigt, dass die Tier- und Pflanzenwelt dadurch nicht nachhaltig beeinträchtig wird.“
Im Gegensatz zu der Studie des DAV sehe man in den nächsten 20 Jahren keine Probleme für die Beschneiung in den hiesigen Höhenlagen. Auch gebe es für 2011 die bayernweit besten Zuwachsraten bei Tagesgästen und Urlaubern. Das sei nicht zuletzt auch auf die Investitionen in die Infrastruktur zurückzuführen. „Insgesamt hat der Winter in den letzten Jahren ein enormes Wachstum gebracht.“
„Die Bergbahnen sind der größte Leistungsträger und die Lokomotive einer bergnahen Tourismusregion“, so Augustin Kröll, Geschäftsführer der Fellhornbahn GmbH. In Oberstdorf im Landkreis Oberallgäu sind die Skigebiete in der Hand der Gemeinde und privaten Kapitalgesellschaften. Gewinne werden zum größten Teil in den Unternehmen belassen, um weiter investieren zu können.
„Die letzten beiden Winter waren die schneereichsten seit langem. Wir wissen – und das ist durch viele Studien belegt –, dass wir bei uns auch in 30 Jahren noch gut Skifahren können.“ Laut seinen Zahlen machen die Übernachtungsgäste im Wintertourismus etwa 65 Prozent und die Tagesgäste rund 35 Prozent aus. Der Sommertourismus habe zudem eine steigende Tendenz. Bezogen auf die Gästeübernachtungen ist der Sommer stärker, aber die Umsätze sind im Winter größer. „Unser Anspruch ist die Schneegarantie“, so Kröll weiter. „Deshalb sind wir an Fellhorn/Kanzelwand, Nebelhorn und Söllereck mit leistungsfähigen Beschneiungsanlagen imstande, innerhalb von 80 Stunden die wichtigsten Pisten beschneien zu können.“ In der Regel erfolge die Beschneiung zum Start der Saison, um vor allem das enorm wichtige Weihnachtsgeschäft zu sichern.
Rückenwind für diese Strategie gibt es aus der Politik. „Man darf das Allgäu nicht unter eine Käseglocke setzen“, meint auch Stephan Thomae, FDP-Bundestagspolitiker aus Sulzberg, der in diesem Jahr für den bayerischen Landtag kandidieren wird. „Viele Menschen in der Region leben vom Tourismus. Wir brauchen diese ganze Bandbreite – von der Landwirtschaft bis hin zum Alpintourismus.“ (Monika Rohlmann)

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