Kommunales

Der Ruhebereich in einem denkmalschutzgerecht restaurierten Raum in einer Luxus-Kindertagesstätte in der Potsdamer Villa Ritz. (Foto: dpa)

21.07.2016

Stadt München muss für Luxus-Kita zahlen

Muss die Stadt München einer Familie Geld zahlen, die ihr Kind in eine Luxuskrippe schickt, weil sie keinen Platz in einer städtischen Kita bekommt? Das bayerische Verwaltungsgericht meint: Ja – schließlich sei die Stadt "nicht in die Puschen gekommen"

Die Stadt München muss aus Sicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes wohl die Kosten für eine Luxus-Kita übernehmen. Die klagende Familie habe sich den Platz in einer teuren Krippe für den kleinen Sohn für 1380 Euro im Monat selbst beschaffen müssen, "weil der Jugendhilfeträger nicht in die Puschen gekommen ist", sagte der Vorsitzende Richter am Donnerstag in der Außenstelle des Gerichtshofes in Ansbach. Darum müsse die Stadt München seiner Ansicht nach den Differenzbetrag zwischen der teuren Kita und einem Platz in einer kommunalen Einrichtung für drei Monate zahlen.

Der Platz in der Kita habe zwar Luxus-Angebote umfasst, dafür könne die Familie aber nichts - sie habe ja keine Alternative gehabt. Der Richter nannte es "ein sogenanntes Friss-oder-stirb-Angebot". Ein abschließendes Urteil formulierte er damit zwar noch nicht, das wurde aber für den laufenden Verhandlungstag erwartet.

Eine Entfernung von 30 Minuten mit der U-Bahn sei zu weit weg, so die Richter

Die Stadt sei ihrer Pflicht, einen zumutbaren Krippenplatz zu beschaffen, nicht nachgekommen. Die insgesamt sechs angebotenen Plätze bei Tagesmüttern seien entweder zeitlich zu begrenzt oder mit einer Entfernung von 30 Minuten mit der U-Bahn zu weit weg gewesen. Die Mutter, eine Zahnärztin, habe kein Auto besessen und es sei ihr auch nicht zuzumuten gewesen, eins zu kaufen oder Carsharing-Angebote in Anspruch zu nehmen. Von dem  "Idealbild fußläufige Erreichbarkeit" sei das Angebot weit entfernt gewesen. Die Familie war Ende 2013 von Köln nach München gezogen und hatte sich im September 2013 um einen Krippenplatz für den kleinen Sohn zum 1. April 2014 beworben. "Da hätten sie bereits einen Platz reservieren müssen", kritisierte der Richter die Stadt. "Am 1. April hätte der stehen müssen." Das Kind befand sich bis Ende August 2014 in der teuren Kita, für den 1. Juli bot die Stadt einen Platz in einer Übergangsgruppe an, den die Familie aber nicht annahm. Für die Monate von April bis Juni soll die Stadt aus Sicht des Senates zahlen. Der Gerichtshof will die Revision zum Bundesverwaltungsgericht Leipzig zulassen, die Stadt kündigte an, Rechtsmittel gegen das bevorstehende Urteil einzulegen. (dpa)

INFO: Wann kann man einen Kita-Platz ablehnen?

Es gibt noch keine klaren Regeln, unter welchen Umständen Eltern einen Kita-Platz für ihr Kind ablehnen können. Derzeit wird die eine oder andere Frage vor Gericht geklärt. Einiges zeichnet sich aber schon ab:

So wird in verschiedenen Urteilen eine "zumutbare Entfernung" zwischen Wohnort und Kita von maximal fünf Kilometern oder 30 Minuten Fahrzeit beziehungsweise Fußweg genannt. Unzumutbar kann eine Kita auch sein, wenn sie den gültigen Standards nicht entspricht, also: Wenn das Gebäude, in dem sie sich befindet, bauliche Mängel hat, wenn zu viele Kinder in einer Gruppe sind oder die Qualifizierung der Betreuerinnen und Betreuer ungenügend ist.

Der Kita-Platz muss auf den Bedarf der Eltern Rücksicht nehmen. Sind diese vollzeitbeschäftigt, muss das Kind entsprechend ganztägig betreut werden. Arbeiten nicht beide Eltern ganztägig, kann es sein, dass sie sich mit einer Halbtagsstelle begnügen müssen. Zudem gibt es ein Modellprogramm "Kita Plus", das flexibler auf Berufsgruppen reagieren soll, deren Arbeitszeit außerhalb der üblichen Kita-Öffnungszeiten liegt.

Unklar ist auch, ob ein Rechtsanspruch besteht, sein bisher in einer privaten Einrichtung betreutes Kind in eine kommunale Kita zu geben. Grundsätzlich ist nämlich die Verpflichtung zur Betreuung des Kindes auch mit der privaten Einrichtung erfüllt.

Wenn Eltern ein Angebot ablehnen, müssen sie es jedenfalls plausibel begründen. Beispielsweise dürfte die Farbe der Tapeten als Grund nicht ausreichen. Ein Anspruch auf eine bestimmte Kita besteht nicht. Und wer einen zumutbaren Kita-Platz ablehnt, verliert den Rechtsanspruch darauf. (dpa)

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