Kommunales

Der Bildungscampus Freiham, mit 38 500 Quadratmetern Fläche und 245 Millionen Euro Kosten das bisher größte Münchner Bauprojekt im Bildungsbereich, wurde teilweise durch Stadtanleihen finanziert. (Foto: Stäbler)

09.04.2021

Stadtanleihen haben Potenzial

Eigenen Angaben zufolge war München die erste europäische Großstadt, die eine derartige Anleihe herausgab – Kritik der Liberalen

Eine Grund-, Real- und Förderschule sowie ein Gymnasium, dazu eine Versammlungshalle für 1000 Menschen, eine Mensa und eine Sporthalle: Der Bildungscampus Freiham, ausgelegt für 3000 Schüler*innen, war das größte Schulbauprojekt in der Geschichte Münchens. Für 245 Millionen Euro ist im Westen der Stadt auf einer Fläche von 38 500 Quadratmetern eine Bildungslandschaft der Superlative entstanden, die im Herbst 2019 eröffnet wurde.

Neben seiner schieren Größe stellt der XXL-Campus noch in einer weiteren Hinsicht eine Besonderheit dar. Denn zumindest teilweise ist das Projekt mittels Geld aus der Bürgerschaft refinanziert worden – über die Münchner Stadtanleihe. Sie wurde vor einem Jahr herausgegeben und brachte der Landeshauptstadt einen Erlös in Höhe von 120 Millionen Euro ein.

Schutz der Bevölkerung vor Luxussanierungen

Der „überwiegende Teil“ davon, teilt eine Sprecherin der Stadtkämmerei mit, „wurde für die Nutzung eines Vorkaufsrechts in Erhaltungssatzungsgebieten verwendet“. Sprich: zum Kauf von Wohnimmobilien, um deren Bewohnerschaft vor der Verdrängung infolge von Luxussanierungen zu schützen. Der übrige Teil der Erlöse, so die Sprecherin weiter, floss in die Refinanzierung des Bildungscampus Freiham.

Die Münchner Stadtanleihe, die im Frühjahr 2020 über Banken auf dem Finanzmarkt platziert wurde, war die erste kommunale Anleihe der Landeshauptstadt seit 1995. Zudem wurde sie als sogenannter Social Bond ausgestaltet, die Erlöse mussten also konkret in nachhaltige und soziale Investitionsprojekte fließen.

Eigenen Angaben zufolge war München die erste europäische Großstadt, die eine derartige Anleihe herausgab. Die Anregung stammte von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) persönlich. „Es geht mir hier ausdrücklich nicht darum, einfach nur Geld zu beschaffen“, betonte er damals, „sondern um ein starkes Miteinander unserer Stadtgesellschaft.“

Gefallen gefunden

Und sowohl seine SPD als auch die Grünen im Rathaus haben offenbar Gefallen an diesem Modell gefunden: In einem gemeinsamen Antrag fordern die Fraktionen nun die Ausgabe einer kommunalen Klimaschutzanleihe, deren Erlöse in Höhe von jährlich 100 Millionen Euro für entsprechende Projekte verwendet werden sollen.

Die Münchner Stadtanleihe könne dabei als Blaupause für die Klimaschutzanleihe dienen, heißt es aus der Stadtkämmerei. Dort zeigt man sich sehr zufrieden mit der Premiere im vergangenen Frühjahr. „Die Stadt München hat mit der Münchner Stadtanleihe durchweg positive Erfahrungen gemacht“, teilt die Sprecherin mit.

Neben einer reibungslosen Abwicklung und einer sehr hohen Investorennachfrage „konnten ebenfalls das bürgerschaftliche Engagement sowie die Verfolgung der Nachhaltigkeitsziele der Stadt München ausgebaut werden“. Tatsächlich gingen in der vierwöchigen Vermarktungsphase Anfragen in Höhe von rund 630 Millionen Euro für die Stadtanleihe ein – weit mehr als das angesetzte Mindestvolumen von 100 Millionen Euro.

Großer Andrang

Der große Andrang war jedoch kaum überraschend, ist die Stadt München doch zum einen ein äußerst sicherer Kreditnehmer. Zum anderen winkte den Anlegenden bei einer Laufzeit bis November 2032 eine Verzinsung von 0,25 Prozent. Vor einigen Jahren wäre das noch kaum der Rede wert gewesen. In Zeiten von Niedrigzinsen jedoch wurde die Stadtanleihe plötzlich zur attraktiven Geldanlage – nicht zuletzt für institutionelle Anleger.

Und genau hier setzt die Kritik an dem Vorhaben an. „Versicherungen und Banken warten nur auf so etwas“, sagt etwa Jörg Hoffmann, der für die FDP im Münchner Stadtrat sitzt. „Sie kriegen hier eine Überrendite von einer Kommune, deren Kreditwürdigkeit von den Ratingagenturen mit AAA bewertet wird.“ Die Argumentation vonseiten des Oberbürgermeisters, hier würde die Münchner Bevölkerung miteinbezogen, nennt Hoffmann einen „Etikettenschwindel“. Tatsächlich bestätigt die Stadtkämmerei, dass die Zuteilung für institutionelle Investoren bei 80 Prozent gelegen hat. Der Rest sei für Privatkunden reserviert gewesen, deren Investitionswünsche vollständig bedient worden seien, sagt die Sprecherin der Stadtkämmerei.

Derweil hätte es Jörg Hoffmann „transparenter“ gefunden, wenn die Stadt sich das Geld auf herkömmlichem Wege besorgt hätte. „Und bei einer normalen Finanzierung wäre auch mehr Geld übrig geblieben“, meint der FDP-Stadtrat. Vonseiten der Stadtkämmerei heißt es dazu: „Die erzielten Konditionen waren vergleichbar mit klassischen Kommunalkreditkonditionen.“

Neuauflage

Nun also soll es eine Neuauflage der kommunalen Anleihe geben – diesmal für gezielte Investitionen in den Klimaschutz, etwa in den Bereichen Bauen und Sanierung, Grünflächen- und Naturschutz sowie Mobilität. SPD und Grüne schlagen dabei eine finanzielle Dimension von jährlich 100 Millionen Euro vor. In ihrem Antrag erinnern die Fraktionen daran, dass sich der Stadtrat das Ziel gesetzt hat, München bis 2035 zu einer klimaneutralen Stadt zu machen. Um dies zu erreichen, seien „kraftvolle und effektive Investitionen in die Zukunft der Stadtgesellschaft notwendig, die durch ein entsprechendes Klimaschutzbudget gespeist werden sollen“.

In dieses Budget wird nach den Vorstellungen der beiden Fraktionen auch das Geld aus dem Munich Green Bond fließen. Überdies erhoffen sich SPD und Grüne durch die Ausgabe einer Klimaschutzanleihe die „Einbindung der Bürgerschaft“. Bis zum kommenden Frühjahr soll das Referat für Klima- und Umweltschutz dem Stadtrat das Konzept eines investiven Klimaschutzbudgets vorlegen. Und sobald klar ist, in welche Projekte die Erlöse der Bürgeranleihe fließen werden, kann die Stadtkämmerei im nächsten Schritt den Munich Green Bond vorbereiten.
(Patrik Stäbler)

 

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