Kommunales

Tierversuche sind in Würzburg ein heikles Thema. (Foto: dpa)

15.07.2016

Streit um Labormäuse

Die Stadt und die Uni in Würzburg konnten sich nur noch gerichtlich einigen, was bei Versuchstieren genau beachtet werden muss

Kürzlich trafen sich in Würzburg Vertreter der Stadt und der Universität vorm Verwaltungsgericht. Der Streit drehte sich um die Frage, wie Versuchstiere an der Hochschule gehalten werden müssen. Aber auch in anderen Hochschulorten gibt es mitunter Probleme.

Auslöser für den Zoff war das novellierte Tierschutzgesetz. Das zwang die Julius-Maximilians-Universität im Jahr 2013, die Erlaubnis zum Züchten und Halten von Versuchstieren neu zu beantragen. Die Auflagen der Stadt sorgten für ein zweieinhalbjähriges Gerangel, das schließlich in einem Vergleich endete.

Konkret drehte sich der Streit um zwei Punkte. Zum einen wollte die Stadt, dass die für die Versuchstiere am Zentrum für Experimentelle Molekulare Medizin (ZEMM) zuständige Person einen offiziellen Stellvertreter bekommt. Außerdem wurde eine höhere Betreuungsquote für die rund 17 000 Versuchstiere im ZEMM verlangt. Beide Auflagen sind aus Sicht der städtischen Veterinäre fachlich geboten. „In acht weiteren Erlaubnissen für dezentrale Tierhaltungen wurden sie auch ohne Klageerhebung von Seiten der Hochschule verbescheidet“, erläutert Würzburgs Pressesprecher Christian Weiß.


Neufassung des Tierschutzgesetzes


Nur im ZEMM, der größten Versuchstierhaltung, gab es Probleme. Die Uni sah nicht ein, dass es einen festen Stellvertreter für die Person braucht, die im ZEMM für die Versuchstiere verantwortlich ist. „Ein Stellvertreter ist im Tierschutzrecht auch nicht expressis verbis gefordert“, räumt Weiß ein. Er sei aber zwingend erforderlich, um in der größten, hygienisch sensibelsten Tierhaltung auch in Abwesenheit der verantwortlichen Person die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorschriften zu überwachen. Weiß: „Dies ist nur möglich, wenn immer jemand arbeitstäglich in der Lage ist, die Verantwortung zu übernehmen.“

Der Streit konnte durch einen vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich beigelegt werden. Die Uni ist nun bereit, einen oder mehrere Stellvertreter zu benennen. „Wir setzten die Auflage, wie im Vergleich vereinbart, bis zum 30. Juni um“, informiert Esther Knemeyer Pereira, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an der Würzburger Uni. Die Stadt wiederum entschloss sich, von ihrer Betreuungsforderung abzuweichen. Sie hob die Zahl der Tiere an, die pro ungelerntem Mitarbeiter zusätzlich betreut werden dürfen.

Die Neufassung des Tierschutzgesetzes im Jahr 2013 sorgte zwar nirgends sonst in Bayern für eine gerichtliche Auseinandersetzung. Doch zu schaffen machte die Novelle auch anderen Hochschulen. „Die Neufassung führte zu erheblichem bürokratischen Mehraufwand für die Universität Regensburg und die zuständigen Behörden“, sagt Alexander Schlaak, Pressesprecher der Regensburger Uni. Ein inhaltlicher Nutzen für den Tierschutz sei gleichzeitig „derzeit nicht erkennbar“.

Aufwendig und sehr bürokratisch


Bundesweit mussten alle wissenschaftlichen Tierhaltungen kurzfristig eine neue Erlaubnis nach Paragraph 11 des Tierschutzgesetzes beantragen. Schlaak weiter: „An der Universität Regensburg galt dies auch für eine im Jahr 2010 in Betrieb genommene neue Tierhaltung, die 2013 erneut zugelassen werden musste.“ Weil die Antragsformulare immer umfänglicher werden, ging die Anzahl der Regensburger Tierversuchsanträge zurück: „Allerdings sank nicht die Anzahl der verwendeten Versuchstiere.“ In Regensburg wurden die geforderten Ansprechpartner umstandslos etabliert, bestätigt Regensburgs Stadt-Pressesprecherin Dagmar Obermeier-Kundel. Es gebe „generell keine Probleme“ in der Zusammenarbeit zwischen Veterinäramt und Universität in Bezug auf tierexperimentelle Vorhaben.

„Auch wir haben mit den verantwortlichen Instituten und deren Professoren in Sachen Versuchstierhaltung ein sehr gutes, konstruktives Verhältnis, unsere Vorgaben werden stets ohne große Diskussion umgesetzt“, erläutert Kai Braunmiller Veterinärdirektor der Stadt Bayreuth. In der oberfränkischen Bezirkshaupstadt musste die Haltung und Betreuung der Versuchstiere ebenfalls neu beantragt und abgenommen werden: „Was für beide Seiten durch die umfangreiche Bürokratie relativ aufwendig war.“

Am Wochenende füttert auch schon mal der Professor höchstpersönlich


Veränderungen gab es Braunmiller zufolge für die Tierhaltung dahingehend, dass die Anforderungen strenger wurden und die Betreuung und Haltung stärker in den Mittelpunkt rückten. In Bayreuth gibt es nach den Wortens des Veterinärdirektors ausreichend Ansprechpartner für die Stadt: „Der jeweilige Lehrstuhlinhaber, gleichzeitig Genehmigungsinhaber, sein Stellvertreter, der Projektleiter und die entsprechenden Tierbetreuer sowie die Tierschutzbeauftragte stehen uns jederzeit zur Verfügung.“

Hinzu kämen mehrere Tierpflegerinnen, für die Betreuung der Tiere ausgebildete Tierärzte sowie Studenten, die an den Versuchen arbeiten, sie alle betreuten die Tiere: „Am Wochenende springt auch der Lehrstuhlinhaber selbst gelegentlich ein.“ Es gebe Dienstpläne für die Betreuung wie auch den vorgeschriebenen Notfallplan: „Beides hängt in den Tierräumen jederzeit einsehbar aus.“

Auch für die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg mussten neue Erlaubnisse erteilt werden. „Das war sowohl für die Einrichtungen als auch die zuständige Behörde sehr arbeitsintensiv, aber im Wesentlichen unproblematisch“, berichtet Christofer Zwanzig vom Presseamt der Stadt Erlangen. Nach seinen Worten gibt es an der Erlanger Uni ausreichend Ansprechpartner für die Kommune: „Unser Veterinäramt steht in engem Kontakt mit den Tierschutzbeauftragten.“ In großen Tierversuchseinrichtungen seien sogar mehrere Personen als Stellvertreter benannt.

An der Friedrich-Alexander-Universität wird die Novellierung des Tierschutzgesetzes laut Pressesprecherin Susanne Langer positiv gesehen. Dem Gesetz zufolge sollen Tierversuche reduziert, verbessert und, wo möglich, ersetzt werden: „Das befördert bei uns den Sensibilisierungsprozess unter den Wissenschaftlern, die Tierversuche für ihre Forschung in Erwägung ziehen.“ Bei der Einstellung von entsprechendem Personal richtet sich die Uni Langer zufolge streng nach den Empfehlungen der Gesellschaft für Versuchstierkunde: „Eine tägliche Augenscheinnahme jedes Versuchstiers auch am Wochenende und an Feiertagen ist gewährleistet.“ (Pat Christ)

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