Kommunales

Bis zum Jahr 2020 sollen 90 Millionen Euro in die Feuerwehrschulen gesteckt werden, versichert das bayerische Innenministerium. (Foto: dpa)

05.09.2014

Streit um Rücklagen aus der Feuerschutzsteuer

Die SPD-Landtagsfraktion klagt, der Freistaat horte Geld, das den Kommunen zusteht und für andere Aufgaben fehlt – das Innenministerium weist die Vorwürfe zurück.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Harry Scheuenstuhl kritisiert die hohen Rücklagen aus der Feuerschutzsteuer und fordert hier mehr Großzügigkeit des Freistaates. Viele Kommunen müssten wegen der immensen Kosten für den Brandschutz an Kindergärten oder Schwimmbädern sparen. Das Innenministerium bestreitet das: Der Brandschutz in den Gemeinden werde ausreichend unterstützt, das momentan überschüssige Geld bis zum Jahr 2020 in die staatlichen Feuerwehrschulen gesteckt.

Hortet der Freistaat Bayern Geld, das den Kommunen fehlt und zusteht? Dem mittelfränkischen SPD-Landtagsabgeordneten Harry Scheuenstuhl kommt es jedenfalls so vor. Er wundert sich über die Höhe der Rücklagen, die der Freistaat aus den Einnahmen der Feuerschutzsteuer bildet. Auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hätte die Staatsregierung geantwortet, dass „seit mindestens 2008 jährlich höchstens 30 Prozent der Mittel ausgeschüttet“ würden, so Scheuenstuhl.
Kommunen seien bei den Investitionen in Feuer- und Brandschutzmaßnahmen besser zu unterstützen, fordert deshalb der Abgeordnete, zuvor viele Jahre Bürgermeister der Gemeinde Wilhermsdorf im Landkreis Fürth. Die Größenordnung der nicht ausgegebenen Summe überrasche ihn. „Wir sind doch als Land keine Bank“, sagt Scheuenstuhl. Vielen Gemeinden dagegen fehle das Geld für die Kinderbetreuung oder den Erhalt der Schwimmbäder, wenn stattdessen neue Anschaffungen für die Feuerwehr anstehen.
„Abenteuerlich“ findet man hingegen diese Vorwürfe im bayerischen Innenministerium: Die Mittel aus der Feuerschutzsteuer würden zu 80 bis 90 Prozent ausgegeben. Die Rücklagen aus dieser Einnahmequelle würden für den Ausbau und die Sanierung der Feuerwehrschulen verwendet. Scheuenstuhl empört sich darüber, dass die Rücklagen aus der Feuerschutzsteuer in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen sind. Momentan sind das zirka 79 Millionen Euro, die Oliver Platzer, Pressesprecher aus dem Innenministerium, nicht als Rücklagen, sondern als „Ausgabereste“ bezeichnet. 4,6 Millionen Euro davon sind für Maßnahmen an den Feuerwehrschulen in Regensburg, Geretsried und Würzburg gebunden. Ein Teil der Höhe erkläre sich aus „unerwarteten Mehreinnahmen“ aus der Feuerschutzsteuer, so Platzer.
Die Feuerschutzsteuer wird auf Pämien aus Versicherungen erhoben, die vollständig oder teilweise die Gefahren durch Feuer abdecken. Sie wird von den Versicherungsunternehmen bezahlt und ist zweckgebunden für den Brandschutz zu verwenden. Dieser ist eine Pflichtaufgabe der Gemeinden im eigenen Wirkungskreis, der Freistaat unterstützt kommunale Maßnahmen des Brandschutzes mit finanziellen Förderungen.

Zuschüsse reichen oft nicht


Im Innenministerium kann man sich jedenfalls nicht erklären, wie Scheuenstuhl auf seine Aussage kommt, dass nur rund 30 Prozent der Mittel ausgeschüttet würden. 2013 habe die Quote fast 80 Prozent betragen; von den eingenommenen 69 Millionen Euro seien 55 Millionen ausgegeben worden. Darin sind allerdings auch Ausgaben einkalkuliert, die der Freistaat selbst tätigt. Doch selbst bei den 29 Millionen Euro, die auf Antrag an die Kommunen ausgeschüttet worden seien, betrüge die Quote immer noch 42 und nicht 30 Prozent. 2012 lag der Anteil der ausgegebenen Mittel aus diesem Topf sogar noch höher, und zwar bei 93 Prozent insgesamt und bei 48 Prozent für die Zahlungen an die Gemeinden.
Aber Harry Scheuenstuhl geht es offenbar hauptsächlich um die stetig wachsenden Rücklagen beziehungsweise Ausgabereste: „Gebt der Feuerwehr ihr Geld! Es ist ja da!“, so seine Aufforderung. Neu-Anschaffungen bei den ehrenamtlichen Brandbekämpfern gerieten für die Kommunen besonders teuer, weiß der Ex-Bürgermeister aus eigner Erfahrung. Gerade für finanzschwache Kommunen fordert Scheuenstuhl deshalb „mehr Großzügigkeit“ seitens der Staatsregierung.
Immerhin: Für Feuerwehrfahrzeuge gibt es einen Festzuschuss. „Aber wenn ein Fahrzeug 350 000 Euro kostet und ich bei 10  000 Euro Zuschuss noch 250 000 Euro draufblättern muss, ist das nicht immer einfach“, rechnet Scheuenstuhl vor. Außerdem wünscht er sich, dass neue technische Errungenschaften in die Förderung aufgenommen werden. Dazu könne man die liegengebliebenen Mittel ja verwenden.
Diese Mittel sind laut Innenministerium allerdings schon verplant: Bis 2020 sollen 90 Millionen Euro in die Feuerwehrschulen gesteckt werden. Das sei „allein aus den jährlichen Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer unter Berücksichtigung aller übrigen Finanzierungsverpflichtungen auf dem Gebiet des Brandschutzes in Bayern nicht zu decken“, heißt es aus dem Haus von Ressortchef Joachim Herrmann. Dazu sei der Rückgriff auf die Ausgabereste erforderlich. Die Förderung des kommunalen Feuerwehrwesens sei durch die Rücklagenbildung keinesfalls betroffen. Eine „illegitime Hortung“ liege laut Innenministerium also nicht vor. In den Äußerungen Scheuenstuhls und der zugrundeliegenden Anfrage der SPD-Landtagsfraktion sieht das Ministerium vielmehr ein sich wiederholendes parteipolitisches Muster: Anfragen zum Thema Feuerschutzsteuer kämen regelmäßig „gebetsmühlenartig“ von der SPD und würden „ebenso gebetsmühlenartig fast immer gleich beantwortet“. Der Vorwurf, Geld zu horten, sei „abenteuerlich“, die Verbindung zu ziehen zu vernachlässigten Kindergärten und Schwimmbädern sogar „abwegig“.
Scheuenstuhl hingegen berichtet, dass in seiner Heimatgemeinde jährlich am Schwimmbad geknapst werde, was unter anderem auf hohe Ausgaben für den Brandschutz zurückzuführen sei. Diese Engpässe könnten vermieden werden, wenn die Staatsregierung das Geld nicht zurückhalten, sondern an die Kommunen weitergeben würde. Außerdem sieht Scheuenstuhl den Auftrag der Opposition darin zu überprüfen, ob Mittel sachgerecht eingesetzt würden. „Wir machen das seit Jahren, und wir bleiben auch in Zukunft dran. Darauf kann man sich verlassen.“
(Bianca Haslbeck)

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