Kommunales

Jeder dritte Patient des unterfränkischen Bezirkskrankenhauses hat ein Suchtproblem. (Foto: dpa)

04.12.2015

"Sucht kommt von siechen"

Psychiatrie-Symposium des Bezirks Unterfranken zum Thema Drogen

Süchtigen auf Ihrem Weg aus der Sucht zu helfen, sei eine herausragende Aufgabe, betonte unlängst Unterfrankens Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel bei der Eröffnung des Psychiatrie-Symposiums, das sich mit „aktuellen Aspekten der Suchttherapie“ beschäftigte. Dotzel zitierte aus einem Zeitungsbericht über das 50. bayerische Drogenopfer dieses Jahres, eine 24-jährigen Frau aus München. „Was hätte diese Frau noch alles erleben können, was hätte sie noch alles vor sich gehabt, wenn sie von ihrer Sucht losgekommen wäre?“, gab Dotzel zu bedenken.
„Was suchen Süchtige?“ Unter diese Leitlinie stellte Professor Ernst Engelke als Moderator des Symposiums die Veranstaltung. Das Thema gehe jeden an, so Engelke. Zum Beleg schob er einige Zahlen hinterher: 14,7 Millionen Deutsche seien Raucher, 1,8 Millionen alkoholabhängig und zehn Millionen Menschen in der Bundesrepublik seien von Alkoholismus gefährdet.
Oberarzt Martin Hauschild knüpfte an diese Zahlen an: Jährlich gebe es in Deutschland 42 000 alkoholbedingte Todesfälle. Gemessen an den 3277 Verkehrstoten des vergangenen Jahres eine gewaltige Zahl! 31,8 Prozent der Gewalttaten erfolgten unter Alkoholeinfluss, so der Arzt weiter. Im Bezirkskrankenhaus Lohr am Main verfüge man daher über zwei Stationen mit jeweils 24 Betten – eine für Drogensüchtige und eine für Alkoholiker. Pro Jahr nehme man rund 1500 Sucht-Patienten auf. Dies sei rund ein Drittel der etwa 4500 BKH-Patienten.
Anders als in Lohr setzt man im Krankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Schloss Werneck auf ein integriertes Behandlungskonzept. Das heißt: Hier werden Alkoholiker und Drogensüchtige nicht getrennt, wie der Ärztliche Direktor der Klinik, Professor Hans-Peter Volz, berichtete. „Unser Konzept funktioniert gut“, hob er hervor. Die Wartezeiten für Patienten seien kurz, die Nachfrage nach Betten hoch und Beschwerden gebe es nur selten.

Ein Fünftel der jährlichen Neuaufnahmen


Mit 800 bis 900 Patienten machten Suchtkranke in seiner Klinik rund ein Fünftel der jährlichen Neuaufnahmen aus. Diplom-Psychologe Stefan Koschmieder vom Lohrer Krankenhaus stellte einen „Mythos der 68er-Generation“ klar: „Sucht kommt vom mittelhochdeutschen Wort siechen“, sagte er. Es bedeute also krank sein und nicht „suchen“!
Ungeachtet dieser sprachlichen Finessen verfolge man auch in Lohr bei der Suchttherapie einen „lösungsorientierten Ansatz“. Darunter verstand der Psychologe, „die Patienten mit ihrer Verantwortung zu konfrontieren“. Aufgrund dieses liberalen Konzepts komme es im BKH Lohr verhältnismäßig selten zu Rückfällen, wenngleich auch Koschmieder kein Hehl daraus machte, dass Suchttherapien „Zeit brauchen“. Stephanie Stirnweis gab einen Überblick über die ambulante Therapie Drogenabhängiger im Raum Schweinfurt. Im Gegensatz zu einer stationären Therapie setze die ambulante Variante ein stabiles Umfeld voraus. Oberärztin Susanne Pera berichtete abschließend über ihre Erfahrungen mit der Opiat-Substitution an der Psychiatrischen Instituts-Ambulanz (PIA) in Schweinfurt. Diese Einrichtung sei 2011 mit einem Arzt und einer Halbtagskraft eröffnet worden. 2012 sei die PIA in größere Räume gezogen. Heute bestehe das PIA-Team aus 24 Köpfen, betonte sie. (Markus Mauritz)
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