Kommunales

Borkenkäfer erreichen eine Körperlänge zwischen 0,7 und zwölf Millimeter. (Foto: dpa/Armin Weigel)

21.08.2020

Waldläufer jagen Borkenkäfer

Pilotprojekt im besonders vom Befall betroffenen Fichtenwald des nordöstlichen Oberfranken

Die immer trockeneren und heißeren Sommer werden für Bayerns Wälder zum Problem, denn sie begünstigen die Vermehrung und Ausbreitung des Borkenkäfers. Besonders betroffen sind Fichtenwälder, wie es sie im Norden des Freistaats gibt. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Münchberg hat deshalb ein Projekt im Landkreis Hof gestartet: Ehrenamtliche „Waldläufer“ durchstreifen den Forst und melden, wo die Lage besonders schlimm ist.

„Die trockenen Jahre 2018 und 2019 haben unserem Wald geschadet“, sagt Forstdirektor Thomas Krämer. „Insbesondere die Fichten auf den mehr als 21 000 Hektar Privatwald sind sehr stark durch den Borkenkäferbefall gefährdet. Insgesamt stehen noch sieben Kubikmeter Fichtenholz in den Privatwäldern des Kreises, betroffen sind knapp 7000 Waldbesitzer.“

Verkaufswert geht gegen Null

Dieser sehr hohe Waldvorrat hatte vor drei Jahren noch einen Verkaufswert von rund 350 Millionen Euro, heute geht er dagegen gegen Null. Teilweise zahlen die Eigner bei den Kosten fürs Fällen sogar drauf, so niedrig ist der Verkaufspreis für den Festmeter. Forstbesitz wird also für Privatbesitzer immer mehr zum Verlustgeschäft, das Interesse daran und die Fürsorge gehen zurück.

Das aber kann nicht im Interesse der staatlichen Behörden sein – ist doch ein gesunder Wald auch wichtig für die Reinheit der Luft und die Qualität des Trinkwassers. Ebenso wird der Wald benötigt, um die Folgen von Starkregen abzumildern. Wichtig also: Der Befall von Borkenkäfern muss frühzeitig erkannt werden. Denn die Ausbreitung geschieht geradezu explosionsartig: Ein befallener Baum steckt zehn bis 20 weitere Bäume an.

Doch was sind eigentlich deutliche Anzeichen? Förster Josias Erhard (26) zeigt auf den Stamm. Dort ist ein fein glänzender Harzfluss zu erkennen – ein Zeichen dafür, dass der Baum versucht, die sich einbohrenden Käfer auszuschwemmen. „Am Rande von Käfernestern sollten diese Bäume entfernt werden“, erläutert der Experte. Bilden sich stattdessen große Mengen Harz an einer bestimmten Stelle, dann habe das meist eine andere Ursache, beispielsweise Pilzbefall oder Schlagschäden. Diese Bäume könne man aber stehen lassen.
Wenn vom Borkenkäfer gesprochen wird, meint man fast immer den Buchdrucker. Tatsächlich gibt es eine Vielzahl an Borkenkäfern, von denen nur wenige problematisch sind. Am schlimmsten ist der Buchdrucker.

An den Rindenschuppen sind schwer erkennbare geringe Mengen Bohrmehl. Der Baum schaut ansonsten komplett gesund aus. Der einzig gut erkennbare Hinweis darauf, dass der Baum den Kampf bereits verloren hat, ist eine Spinnenwebe, in der sich das Bohrmehl sammelt. Bereits geringe Mengen sind ein klarer Hinweis, der Baum wird sich nicht mehr erholen. „Er ist schon tot, nur die Frisur sitzt noch“ wie in Försterkreisen manchmal gesagt wird.

Ein einziges Käferweibchen bekommt rund 60 Junge

Der nächste Abschnitt der Erkrankung: Die Rinde des Stammes fällt in großen Platten ab, obwohl die Krone des Baumes noch grün ist. Hier sind die Käfer bereits am Ausfliegen und befallen neue Bäume. In der verbliebenen Rinde ist immer noch eine große Anzahl Käfer zu finden. Später wird die Fichtenkrone von unten her rot und verliert langsam ihre Nadeln.

Ein Eindruck darüber, wie viele Käfer sich in einen Stamm einbohren, zeigt folgende Rechnung: Pro sogenannter Rammelkammer hausen zwei bis drei Weibchen, jedes Weibchen bekommt rund 60 Junge. Nach dem Larvenfraß ist unter der Rinde nichts mehr, das Strukturgebend ist – der Hauptgrund dafür, dass die Bäume schnell absterben und die Rinde abfällt.

Die Forstbesitzer müssen gegebenenfalls schnell handeln: Sogenanntes Bruchholz sollte innerhalb von sechs Wochen nach einem Sturm aus dem Wald entfernt werden. Fichtenholz darf nicht im Wald gelagert werden, ebenso kein Brennholz. Je weiter weg vom Wald es untergebracht wird, umso besser. Im Mindestabstand von zwei Wochen sollte man auf Bohrmehlsuche gehen; alle vier Wochen ist gesetzliche Pflicht. Dabei ist eine Konzentration auf die Süd- und Westränder des Waldes hilfreich.

„Doch viele Waldbesitzer“, erläutert Josias Erhard, „schaffen das aus zeitlichen Gründen nicht, meist sind sie das ja nur im Nebenberuf. „Außerdem hat nicht jeder die notwendigen fachlichen Kenntnisse. Obendrein wechseln die Waldstücke meist nach wenigen Jahren wieder die Besitzer.

Einsatz nur mit Zustimmung der Waldbesitzer

An dieser Stelle kommen die von ihm in dem noch bis September laufenden Pilotprojekt betreuten Waldläufer*innen ins Spiel. Mithilfe der Gemeinden und Unterstützung des Landkreises werden geeignete Personen ausgesucht. Ganz wichtig: Diese müssen über ausreichend Zeit und gute Grundkenntnisse über Bäume und die Region verfügen sowie körperlich fit sein. Die Auswahl und fachliche Einweisung übernimmt die Forstverwaltung. Sie erstellen ihnen Karten und geben ihnen Flurnummern sowie GPS-Daten an die Hand, damit die Ehrenamtlichen die Befallsherde zweifelsfrei finden können. Eingesetzt werden sie auch nur dort, wo das die privaten Waldbesitzer wünschen. Auch Unterricht zu den Kompetenzen gehören zur Einweisung – eine Art Waldpolizei, die die Besitzer von oben herab schurigelt, möchte man beim Forstamt nämlich nicht. Mit farbigem Kreppband werden die Schadbäume markiert und die Förster informiert.

Die Forstverwaltungen sind auf die Ehrenamtlichen auch dringend angewiesen. In der Region des Forstamts, das sich über die Landkreise Hof und Wunsiedel erstreckt, betreuen ganze sieben Förster 60 000 Hektar Wald. Ein Förster ist Ansprechpartner für etwa 1500 Waldbesitzer, von denen die meisten nur wenige Hektar ihr Eigen nennen – ganz anders als in Südbayern, wo ein Waldbesitzer über 30 bis 40 Hektar verfügt. (André Paul)

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