Kommunales

Eine Tora-Rolle ist im Jüdischen Museum Franken ausgestellt. (Foto: dpa/Daniel Karmann)

27.03.2020

Wichtig für die historisch-politische Bildung

Der Bezirk Mittelfranken unterstützt das Jüdische Museum Franken in Fürth mit jährlich rund 365 000 Euro

Als die Zentrale 1999 eröffnet wurde, beehrten den Festakt des Jüdischen Museums Franken in Fürth sogar der damalige Bundespräsident Johannes Rau (SPD) und Ignatz Bubis, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, mit ihrer Anwesenheit. Heute hat die „Zentrale“ zwei Außenstellen: in Schnaittach (schon seit 1996) und Schwabach (eröffnet 2015); dazu kam 2004 die Dependance „Krautheimer Krippe“ in Fürth. Nicht zu vergessen: die moderne Erweiterung des historischen Haupthauses im Jahre 2018.

„Das jüdische Museum Franken ist unverzichtbarer Bestandteil der Museumslandschaft, weit über Franken und Deutschland hinaus. Es informiert und vermittelt auf hohem Niveau über jüdische Geschichte und Kultur. Damit leistet es wertvolle Arbeit gerade in Zeiten eines zunehmenden Antisemitismus“, stellt Mittelfrankens Bezirkstagspräsident Armin Kroder (FW) den Wert der Einrichtung heraus. Und so beteiligt sich der Bezirk Mittelfranken auch am laufenden Betrieb mit über 365 000 Euro.

Sich auf den vielen Lorbeeren der ersten 20 Fürther Museumsjahre auszuruhen, dafür sieht die seit 2003 amtierende wissenschaftliche Leiterin Daniela F. Eisenstein keinen Grund. Denn es sind beileibe nicht nur die Ausstellungen, die den Sinn der Einrichtung ausmachen: „Wir erfüllen in Nordbayern schon eine gewisse Funktion für historisch-politische Bildung. Wir haben Schulen im Fokus, also Lehrer und Schüler, Multiplikatoren“, erläutert Eisenstein: „Wir wollen nicht nur Empathie erzeugen, sondern die Menschen wirklich erreichen. Es ist unsere Aufgabe, zu zeigen: Die Geschichte jüdischen Lebens in Franken ist fränkische Geschichte. Und somit vergleichen die Leute automatisch die Vergangenheit mit der Jetztzeit“, ist die Direktorin überzeugt.

Ein ziemlich heterogenes Publikum


Wer in ihren Häusern war, sollte hinterher „etwas sagen können zu Vorurteilen; zum Anstieg verbaler und körperlicher Gewalt gegen Menschen, die nicht der ,Norm’ entsprechen“. Denn Museen müssten immer auf aktuelle Ereignisse reagieren. Sehr umfassend sieht sie heutzutage deren Bildungsaufgabe. Die wird von insgesamt 33 Personen des Teams bewältigt, „von der Reinigungskraft bis zur Leitung. Darunter sind Ehrenamtler, und nicht alle Festangestellten haben Vollzeitstellen.“

Keine ganz leichte Aufgabe, denn „das Publikum ist heterogen: vom Alter her, gesellschaftlich, kulturell“. Diese bunte Mischung zu erreichen, dafür setzt das Museum auch auf neuartige Formate. Seit Kurzem wird jeden ersten Sonntag im Monat gebacken. Viele jüdische Familien haben Rezepte geliefert. „Auch die jüdische Gesellschaft hier ist sehr heterogen zusammengesetzt: Nordafrika, Spanien, Polen“, nennt Daniela Eisenstein einige Herkunftsländer. Das Essen sei „eine sinnliche Erfahrung“. Nicht nur über Geschichte und Bedeutung der Speisen komme man dabei ins Gespräch.

Gespräche seien ohnehin mit das Wichtigste in Zeiten, in denen in sogenannten Sozialen Medien viel Hass, aber auch viele gute Gedanken verbreitet würden, wie die Museumsleiterin meint. Sie selbst sieht Museumsleute als „Geschichtenerzähler mit einer wichtigen Funktion in unserer Gesellschaft“.

Über einzelne ihrer Ausstellungsstücke könne sie stundenlang etwas erzählen, sagt sie – und das immer wieder neu. Denn ein Museum entstehe erst aus den Gegenständen und den Geschichten dazu. Damit aber nicht nur Besucher einen Blick in die Sammlung werfen können, ist das Team zurzeit dabei, die Sammlungsdatenbank online zu stellen. Eine bereits zugesagte jährliche Förderung des Freistaats lasse es sogar zu, die Bildungsarbeit nochmals auszuweiten, gerade für das „Zielpublikum Familien und Kinder“, sagt Eisenstein. Jugendliche aus Nürnberg und Aschkelon (Israel) wiederum zeigen ganz aktuell in der noch bis Ende des Jahres laufenden Sonderausstellung „Eine Welt – eine Heimat?“, was sie unter dem Begriff verstehen.

Rassistische Auswüchse eindämmen


Die Wissenschaftlerin wirkt sehr zuversichtlich, dass die Arbeit des Jüdischen Museums Franken mit dazu beiträgt, die auch dort erkennbaren rassistischen Auswüchse einzudämmen: „Hier gibt es ein großes Geschichtsbewusstsein in der Bevölkerung. Viele Menschen interessieren sich für die Nachwirkungen des Nationalsozialismus“, stellt sie immer wieder fest. Das Museumsteam selbst hat sich ohnehin die Aufgabe gestellt, „mehr zu forschen zur jüdischen Geschichte in Franken, speziell in Fürth. Das ist die Grundlage für die Erneuerung der Dauerausstellung hier“, so Eisenstein.

Doch bis das soweit sei, „freuen wir uns alle sehr auf L’Chaim“. Die Ausstellung der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus trägt den Titel eines hebräischen Trinkspruchs, der „Auf das Leben“ bedeutet. Sie startet am 20. Mai und zeigt Alltag, Gedanken und Gefühle von Jüdinnen und Juden, die Deutschland heute als ihre Heimat bezeichnen.„Klar gibt es Unterschiede zwischen Kulturen und Religion en. Die sind aber nicht per se schlecht. Und wenn man sich mit den Unterschieden beschäftigt, passiert es automatisch, dass man auf die Gemeinsamkeiten kommt.“ Auch darauf begründet Daniela Eisenstein ihre Hoffnung auf deren friedliches Miteinander in einer pluralen Gesellschaft. (Heinz Wraneschitz)


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