Kultur

Das Galeriegebäude bietet viele Aus- und Einblicke in die Landschaft, was wiederum zu spannenden Beziehungen zwischen Kunstwerk und Raum führt wie hier bei„Just a chair“ des belgischen Künstlerduos „Atelier Lachaert Dhanis“. (Foto: Erich Spahn)

18.04.2019

Adieu Berlin! Hallo Waldkirchen!

Galerist Michael Zink hat im Bayerischen Wald eine neue Galerie eröffnet: ein Ort für intensive Kontaktpflege

Kürzlich bei der Maischberger-Talkshow hörte man, dass eine englische Galeristin wegen des Brexit so gerne in Deutschland bleiben würde. Aber „London ist nun mal die Weltkulturhauptstadt“. Der Galerist Michael Zink war mit seiner international agierenden Galerie schon in den Kulturhauptstädten München, Berlin, hat auch mal zwei Jahre an New York geschnuppert: Jetzt hat er seine Galerie Zink als Gegenmodell zum großstädtischen Galeriensterben im absoluten Nowhere neu etabliert: Auf dem Petersberg zwischen Nürnberg und Regensburg, wo es seit dem frühen Mittelalter eine Wallfahrt gibt, in der Kirche St. Peter und Paul eine reiche barocke Ausstattung und nach allen Seiten hin eine faszinierende Aussicht über die einsame Jura-Hochfläche, aber keine Spur von moderner Kunst.

Zwei Schweizer Architekten (Atelier Dimanche – Mathieu Robitaille und Tamara Henry) haben ihm das Pfarrhaus als Wohnhaus umgebaut, den Stadel raffiniert aufgestockt für Galerie, Künstlerwohnung der artists in residence und Atelier. Beide Gebäude verbindet eine Art Wintergarten mit dem leuchtend blanken Kupfer einer privaten Schnapsbrennerei. Aber davon will Zink (1968 in Deggendorf geboren) nicht leben. Vielmehr bringt er sein großstädtisches Galeriekonzept und seine Künstler in diese ländliche Umgebung und erklärt, wie das funktionieren soll nach ein paar Jahren „Galerie auf Probe“ in Küche und Flur, als er noch zwischen Berlin und Waldkirchen, wie der Ort oben auf dem Petersberg heißt, wöchentlich gependelt ist.

Als München die Galerie Zink an Berlin verloren hatte, musste Zink denn doch feststellen: „Ich habe mich definitiv nicht in Berlin verliebt. Ich brauche Natur um mich und will ein hohes Maß an Lebensqualität.“ Die will er im Sinne seiner Work-Life-Balance nun in Waldkirchen realisieren. „Wir arbeiten mit jüngeren Künstlern zusammen, die wir von der Akademie an begleiten. Und der Kunstmarkt hat sich sowieso durch das Internet enorm internationalisiert. Dadurch ist der Standort sekundär geworden.“

Ein Ort für Künstler

Der neue Galerieort sollte, so Zinks Stadtfluchtkonzept, auch für Künstler so attraktiv sein, dass sie dort malen und ausstellen wollen – ein Trend, den auch die First-Class-Konzertorte Neumarkt und Blaibach bestätigen. „Entweder kommen dann die Kunden hierher, oder die Infos zum Kunstangebot fließen übers Internet.“ Der Flughafen Nürnberg ist etwa 100 Kilometer, die Autobahn A3 geschätzte 20 Kilometer entfernt.

Zur Eröffnung der Galerie in Waldkirchen ist einer von Zinks Künstlern eigens aus Neuseeland gekommen. „Es ist wichtig, dass ich Künstler hier habe. Das ist es, was die Kunden wollen und was sie interessiert.“ Da kann, wie bei der nächsten Ausstellung Ende Mai, alles schon verkauft sein, bevor die Vernissage überhaupt anfängt. „Nicht in Waldkirchen muss der Kauf passieren“, sagt Zink und verweist auf seinen noblen Katalog.

Das will er mit seinem neuen Geschäftsmodell zeigen: Er brauche keine schlaflosen Nächte zwischen Ambition, Erwartung und Erfüllung zu haben – „Ich weiß, dass ich hier von den Brötchen, die ich backen werde, leben kann.“

Dazu passt auch die Mischung aus bildender und angewandter Kunst, die er auf dem Petersberg anbietet. Typisch der Titel der ersten Präsentation: Thinking with my hands soll Kunst und Handwerk miteinander verbinden – in Verwandlungen von Edelmetall, kunstvoll aufgebrachtem „Malerdreck“ mit Edelstein-Farbklecksen auf einer Staffelei.

Die 120 Quadratmeter Galeriefläche pfropft Zink nicht voll, nützt die großen Wandflächen, die Möglichkeiten einer künstlerisch-handwerklichen Beleuchtung und Perspektiven nach außen.
Vor seiner vorherigen Galerie in Berlin-Mitte hatten seine Kunden in zweiter Reihe mal drei Minuten geparkt, schnell gekauft – Kontaktpflege war da wenig drin. Jetzt sollen sie mit Muße nach Waldkirchen kommen: nicht zu Künstlern aus der Region, um die Zinks Konzept einen Bogen macht, sondern zu „Autorenschmuck“ (Kabelbinder mit ungeschliffenem Edelstein) jenseits von Trivialität und Banalität (Karl Fritsch) oder zu dicken Öl-Landschaften auf der Palette des Künstlerduos „Atelier Lachaert Dhanis“ aus Belgien: Malerei, Keramik, Schmuck, Handarbeits-Pop – Vielfalt ist auch ein Aspekt von Zinks Galeriekonzept an diesem Oberpfälzer „locus amoenus“. (Uwe Mitsching)

Information: Galerie Michael Zink, Waldkirchen 2, 92358 Waldkirchen in der Oberpfalz, so. 14.30-18 Uhr und nach Vereinbarung.

Abbildung: Das neue Galeriegebäude in Waldkirchen. (Foto: Erich Spahn)   

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