Kultur

Figaro (Jakob Ewert) als Heimwerker: Er will für sich und Susanna (Rebecca Suta) ein Heim schaffen. (Foto: Andreas Herold)

25.11.2022

Ansteckende Spielfreude

Seele statt Revolution: Die Opernschule der Würzburger Musikhochschule begeistert mit Mozarts „Le nozze di Figaro“

Mozarts Opera buffa Le nozze di Figaro erlebt man im Würzburger Theater an der Bibrastraße als rundum gelungenen Spaß. Die gesellschaftspolitische Brisanz der revolutionären Vorlage von Beaumarchais’ Komödie (1778), auf der das Libretto fußt, rückt hier eher in den Hintergrund. Es geht mehr um seelische Beziehungen als um soziale Positionen, sichtbar an der menschlichen Nähe der Gräfin zu ihrer Dienerin Susanna. Der versöhnliche Schluss nach allen Intrigen und ihren Verhinderungen wirkt nur wie ein temporäres Innehalten im Konflikt zwischen innerlich starken Frauen und ihnen unterlegenen Männern.

Die Studierenden der Opernschule der Würzburger Musikhochschule begeistern mit ansteckender Spielfreude und bester stimmlicher Gestaltung. Das liegt an der geschickten Inszenierung und überzeugenden Charakterzeichnung durch Regisseurin Katharina Thoma, die sinnvoll gekürzt hat, und an der Ausstattung von Verena Hemmerlein, welche die Handlung ins Heute versetzt. Die Räume werden nur angedeutet mit Türen, Fenster oder Samthängern im grün beleuchteten Garten, der sich bestens als Versteck eignet.

Scharf auf junge Männer

Die Geschichte beginnt im leeren Zimmer: Figaro schleppt Karton und Matratze herein, die Tüte mit Schrauben platzt, wie so oft im Ikea-Zeitalter. In dieser Inszenierung geht es Schlag auf Schlag mit vielen erheiternden Momenten voran, wozu auch das Äußere der Personen beiträgt. So schwebt die auf jüngere Männer scharfe Marcellina mit Hütchen auf blonder Dauerwelle im engen, knallbunten Sommerkleid herein, der intrigante Musiklehrer Don Basilio tritt als rockiger Gitarrist in goldglänzender Jacke auf, der Chor als bunt zusammengewürfelter Haufen junger Leute bevorzugt wohl Trash, allen voran die kecke Barbarina. Nur die Gräfin hebt sich durch ihr elegantes Äußeres ab von der Masse.

Das unbeschwerte Agieren auf der Bühne steht im Einklang mit der musikalischen Gestaltung. Das Projektorchester unter Leitung von Andreas Hotz spielt flott, mit warmer, wohliger Tongebung, eilt nie zu sehr, unterstreicht die inneren Verwicklungen bei den lebendigen Rezitativen.

Jakob Ewert ist ein jugendlicher Figaro, bewegt sich natürlich und liefert mit seinem schönen, tragenden Bariton gleich einen Höhepunkt in der schwungvollen Kavatine „Se vuol ballare“.

Die eigentliche Hauptrolle aber hat die quirlige Susanna: Rebecca Suta brilliert mit ihrem klaren, höhensicheren, facettenreichen Sopran. Zu dem nicht allzu sympathischen Grafen Almaviva, einem notorischen Schürzenjäger, passte der etwas flache Bariton von Dong Won Seo, der sich bei seiner Wut-Arie toll steigert. Als Gräfin strahlt Kyoungmin Choi viel Würde aus, und ihre gefühlvolle Arie „Dove sono“ ist eine Sternstunde dieser Aufführung dank ihres fülligen, warm strahlenden Soprans mit glänzenden Höhen und geschmeidigen Linien.

Nadine Süssenbach verkörpert als gräflicher Page Cherubino glaubhaft einen noch unreifen Jungen, gestaltet ihn ansprechend mit ihrer hellen Stimme und sehr poetisch in der Arietta „Voi che sapete“. Nina Schumertl als köstlich spielende Marcellina gefällt stimmlich genauso mit ihrem fundierten, in Höhe wie Tiefe sicheren Mezzosopran, stets begleitet vom förmlichen Dr. Bartolo (Felix Lodel). Die Rollen des Don Basilio und des Notars Don Curzio erfüllt Adnan Barami mit sichtbarem Vergnügen, und Mechtild Söffler ist eine kapriziöse Barbarina. (Renate Freyeisen)

 

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