Wie Intendant Werner Müller über "sein" Theater spricht, sagt schon viel über ihn aus. "Das Haus hat einen nicht unerheblichen Reiz", sagt der 58-Jährige schlicht über das wunderschöne und mehr als 100 Jahre alte Fürther Stadttheater. Andere würden hier womöglich ins Schwärmen geraten, doch eine ausschweifende Sprache, exaltierte Gesten oder einen wehenden Künstlerschal sucht man bei Müller vergebens. Mit mehr als 25 Jahren im Amt gilt er als der dienstälteste Theaterchef Bayerns. Angebote von anderen Häusern gab es in der langen Zeit durchaus, wie er sagt. Schöner als in Fürth war es dann aber offensichtlich doch nirgendwo.
"Dass ich irgendwann mal gesagt hätte, ich kann den Laden hier nicht mehr sehen - das gab es eigentlich nie", sagt Müller. 1990 kam der studierte Theaterwissenschaftler in die fränkische 120 000-Einwohner-Stadt. Zuvor arbeitete er unter anderem in München am Gärtnerplatztheater und für das dortige Staatsschauspiel.
Drei-Säulen-Modell entwickelt
Damals war das Fürther Stadttheater ein reines Gastspiel-Theater. "Mir war rasch klar, dass dieses Haus eigentlich mehr verdient", sagt Müller. Nach und nach entwickelte er sein "Drei-Säulen-Modell" - bestehend aus Eigenproduktionen, Co-Produktionen und Gastspielen.
Inzwischen bringt das Haus zehn bis zwölf Eigenproduktionen pro Spielzeit auf die Bühne. "Dabei wollen wir unbekanntere Stücke zeigen oder - was ich für wichtig erachte - auch Auftragswerke vergeben, um Uraufführungen an unserem Haus zu realisieren."
Publikum fordern
Ihm sei es wichtig, das Publikum immer wieder zu fordern. "Das führt dann auch manchmal zu Reaktionen, die wir so nicht erwartet haben." Dann krachten auch mal Türen. Doch die umstrittensten Produktionen blieben oft am stärksten in Erinnerung. "Es gibt ja nichts Schlimmeres, als wenn man sich an der Garderobe seinen Mantel abholt und dann schon wieder vergessen hat, worum es eigentlich gegangen ist", sagt Müller.
Besonders stolz ist der 58-Jährige auf den Ruf seines Hauses im Tanztheater. "Da haben wir großartige internationale Ensembles zu Gast", sagt er. "Für viele internationale Compagnien ist unser Haus das Einstiegstor für Tourneen in Deutschland und Europa."
Diesen Ruf musste sich Müller jedoch erst erarbeiten. Vor 25 Jahren kannte Fürth nicht unbedingt jeder, wie er schmunzelnd zugibt: "Ich kann mich schon erinnern, dass wir Anfang der 90er-Jahre - wenn es um nationale oder internationale Gastspiele ging - ein bisschen Klinken geputzt haben." Diese Zeit sei inzwischen aber vorbei. Doch alles gelinge auch ihm nicht. Die Compagnie Pina Bausch aus Wuppertal hat sich bisher beispielsweise noch nicht ins Fränkische gewagt. "Es gibt also noch ein paar Aufgaben oder Ziele für die Zukunft", sagt Müller.
90 Prozent Auslastung
Sein Konzept scheint aufzugehen: Das Stadttheater zählt jedes Jahr deutlich mehr als 100.000 Zuschauer bei einer Platzausnutzung von 90 Prozent. Und mit 2200 Mitgliedern hat das Haus zudem einen der mitgliederstärksten Theatervereine in Deutschland.
Dessen Vorsitzender Rainer Heller hat dieses Amt ebenso lange wie der Theaterintendant das seine. Heller vermutet, dass Müller bis zu seiner Pensionierung in Fürth bleibt. "Das ist der breite Wunsch der Fürther Theaterbevölkerung", sagt der 73-Jährige. Es habe nie Diskussionen um dessen Weiterbeschäftigung gegeben. "Wir hatten eher die Angst, dass er weggeht." Müllers Programm finde deutlich größeren Zuspruch als das seines Vorgängers, berichtet Heller - auch wenn es "nicht unbedingt ultramodern" sei. Er schätze an dem Haus aber gerade, dass es sich "nicht elitär abhebt". Auch Müller sei auf eine "stille, nicht exzentrische Art und Weise erfolgreich", sagt Heller.
Das Stadttheater war von Anfang an ein bürgerliches Haus. Die Fürther Bürger trugen mit Spenden knapp ein Drittel der Baukosten. "Es gibt eine Art Fürther Theatergeist und wir tun so viel wie möglich, um diesen Geist zu erhalten", sagt Müller. In seinen Spielplan reinreden lässt er sich dabei jedoch nicht. "Theater ist kein demokratischer Vorgang", sagt der 58-Jährige. Und: "Den Spaß an der Verantwortung und der Auswahl, den möchte ich mir schon vorbehalten."
Müllers Vertrag läuft noch bis 2020. Gedanken an die Zeit danach will er sich jetzt noch nicht machen: "Irgendwo 2018 habe im Kalender stehen, dass ich anfange, darüber nachzudenken, was ich dann mache." (Catherine Simon, dpa)
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