Kultur

Toshio Hosokawas "Matsukaze" erzeugte in der Utopia-Halle in München eine ungeheure Sogwirkung. (Foto: Staatsoper/Geoffroy Schied)

09.05.2025

Begehren auf Japanisch

Musiktheater-Festival der Bayerischen Staatsoper in München: Thomas Larchers „Das Jagdgewehr“ und Toshio Hosokawas „Matsukaze“

Eines muss man Serge Dorny lassen: Mit der Einführung des Ja, Mai-Festivals hat der Intendant der Bayerischen Staatsoper einen klugen Kontrapunkt im Münchner Festival-Reigen gesetzt. Zeitgenössisches Musiktheater, das bereits uraufgeführt wurde, erfährt eine Neubefragung. Der Ansatz dafür ist multikünstlerisch und interdisziplinär, manchmal auch gekoppelt mit Alter Musik. Diesmal wurde noch dazu ganz auf Nachwuchstalente gesetzt. Die Gesangssolisten waren allesamt Mitglieder des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper, und was da geboten wurde, das war durchwegs groß.

Dabei standen mit dem 2018 in Bregenz uraufgeführten "Das Jagdgewehr" des Tirolers Thomas Larcher und dem 2011 in Brüssel erstmals gegebenen Matsukaze von Toshio Hosokawa zwei fordernde, komplexe, abstrakt-narrative Musiktheater auf dem Programm. Beide Opern basieren auf japanischen Vorlagen, aber die Umsetzungen könnten unterschiedlicher nicht sein.

Da ist Larchers Jagdgewehr: Das Libretto von Friederike Gösweiner fußt auf der gleichnamigen Novelle von Yasushi Inoue. In Rückblenden erzählen drei Frauen ihre Geschichte von Einsamkeit, Liebe und Verrat. Der Mann, um den es geht, heißt Josuke (Vitor Bispo). Er übergibt einem Dichter (Dafydd Jones) drei Abschiedsbriefe von Frauen. Nach dem Tod ihrer Mutter Saiko (Xenia Puskarz Thomas) erfährt Shoko (Juliana Zara), die Nichte Josukes, von dessen Affäre mit der Mutter. Die betrogene Ehefrau von Josuke, Midori (Eirin Rognerud), bittet um die Scheidung.

Die Regisseurin Ulrike Schwab hatte sichtbar Mühe mit diesem Stoff, obwohl Larcher eine virtuose, wirksame Musik geschrieben hat. Sie changiert, etwas redundant, zwischen Fernostklang, romantischem Pathos und geräuschhafter Klangaktion. Vom Bayerischen Staatsorchester wurde das unter Francesco Angelico stilgerecht ausgestaltet, geradezu packend die gesanglichen Leistungen der Zürcher Sing-Akademie und der drei weiblichen Hauptpartien. Sie mussten teils atemberaubende Höhen meistern.

Die Inszenierung wurde vor allem durch die Ausstattung von Jule Saworski gerettet. Für die Bühne hat sie eine fünfseitige Röhre mit Spiegeln entworfen. Das hat die unterschiedlichen Zeit- und Charakterebenen passend eingefangen, samt wirkungsvoller Lichtregie. Schade, dass die Inszenierung selbst diesen Raum nicht zu nutzen verstand.

Ungeheure Sogwirkung

Ganz anders Lotte van den Berg und Tobias Staab in der Utopia-Halle mit Hosokawas "Matsukaze": Für deren Regie hat Alicja Kwade eine begehbare Installation entworfen, mit Gerüsten, die im Raum verteilt sind. Manche waren mit Spiegeln verschlossen, durch andere konnte man gehen. In Bassins auf dem Boden war Sand oder Wasser, passend zur Geschichte.

Das starke Libretto von Hannah Dübgen verarbeitet ein altes japanisches No-Theaterstück von Motokiyo Zeami. Ein Mönch (Pawel Horodyski) sieht eine Kiefer, auf der die Namen der Schwestern Matsukaze (Seonwoo Lee) und Murasame (Natalie Lewis) stehen. Ein Fischer (Bruno Khouri) berichtet ihm von deren Schicksal. Sie haben denselben Mann begehrt. Als Spiegelbilder der Charaktere agierten zusätzlich stumme Performer, darunter Thomas Schmauser von den benachbarten Kammerspielen.

Das alles entfesselte eine ungeheure Sogwirkung, zumal die Musik von Hosokawa überaus kunstvoll und kurzweilig gesetzt ist. Der Japaner versteht es gleichermaßen, in die Stille zu lauschen und eine kühne Reduktion zuzulassen, um sodann eine großflächige Dramatik zu entfesseln. Hosokawa gelingt das kleine Wunder, die japanische No-Tradition mit westlicher Opern-Avantgarde sinnstiftend zu verbinden.

Mit Alexandre Bloch am Pult gelang dem Münchener Kammerorchester (MKO) und dem Voces-Chor Stuttgart ein veritabler Hörkrimi, absolut stark die Solisten. Schade, dass diese fesselnden 65 Minuten mit einer Klanginstallation künstlich aufgebläht wurden. Das war genauso verzichtbar wie die drei Monteverdi-Madrigale beim Larcher-Projekt. (Marco Frei)
 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.