Kultur

1804 wurde das Armeewesen in Bayern reformiert: Fortan war jeder dienstverpflichtet. Nach der Musterung entschied allerdings das Los mit solchen Kugeln, wer tatsächlich seinen achtjährigen Militärdienst antreten musste. (Foto: HDBG)

30.04.2015

Der Preis der Macht

Die Landesausstellung "Napoleon und Bayern" in Ingolstadt

Der Mythos Napoleon, zwiespältig zwar, lebt in deutschen Sonderausstellungen. Wie er in Bayern gewirkt hat, dem geht nun das Haus der Bayerischen Geschichte in einer umfassenden Gesamtschau nach.
Die Landesausstellung spannt den Bogen von Napoleons feierlichem Einzug im Oktober 1805 in München als Retter vor dem auf bayerische Gebiete schielenden Verbündeten Österreich, über das Bündnis Bayerns mit Napoleon bis zu dessen Niederlage in Waterloo und dem Wiener Kongress, den Bayern nach rechtzeitiger Bündnisrückkehr zu Österreich territorial unbeschadet überstand.
In zehn Stationen wird diese Geschichte durchschritten: Es sind Stationen des Glücks für die wittelsbachische Herrschaft – und Kreuzwegstationen des Leids, dem das Volk ausgesetzt war.
Fast 400 Exponate aus dem reichen Bestand des Ingolstädter Armeemuseums und aus Museen von Moskau bis Paris, sowie Hörbeispiele und erlebnishafte Inszenierungen illustrieren Glanz und Elend dieser Zeit.
Napoleon brauchte das bayerische Kurfürstentum als Durchmarschland und Bollwerk gegen den Hauptfeind Habsburg. Mit Erhebung zum Königreich am 1. Januar 1806 und der Garantie voller Souveränität lockte er Kurfürst Maximilian IV. Joseph zum Bündniswechsel, der aus ihm König Maximilian I. Joseph machte.
Für Volk und Armee war der Wechsel so abrupt, dass er ihn in einem öffentlichen Aufruf begründete, der in der Ausstellung nachzulesen ist.
Zur Anknüpfung einer dynastischen Verbindung verlangte Napoleon als Gegenleistung die Verheiratung der Prinzessin Auguste Amalie mit seinem Stiefsohn Eugène Beauharnais, Vizekönig von Italien. Von der feierlichen Ziviltrauung in der Münchner Residenz mit Teilnehmern höchsten Standes und Bedeutung, darunter Napoleon mit Ehefrau Josephine, vermittelt ein Gemälde aus Versailles einen lebendigen Eindruck. Die kirchliche Trauung fand am nächsten Tag in aller Stille in der kleinen Hofkapelle statt. Ein erzwungenes Zugeständnis an die ideellen Fortwirkungen der Französischen Revolution.
Nun musste Bayern für jeden napoleonischen Feldzug 30 000 Soldaten stellen und durchziehende Heere erdulden, die sich – auch mit Gewalt – aus dem Land mit allem versorgten, was sie persönlich und militärisch brauchten. Nach jedem Durchzug war die Bevölkerung ausgeplündert und malträtiert. Das in der Ausstellung aufgearbeitete Beispiel des Aichacher Bräuwirts Gerhauser und Votivbilder zeugen davon.
Wer von den jungen Burschen eingezogen wurde, entschied das launische Los. Wie es funktionierte, zeigt ein rares Stück: ein mit Loskugeln gefüllter Lossack.
Dass Napoleons Russlandfeldzug von 1812, der die gesamte bayerische Kavallerie vernichtete, nur 3000 bayerische Soldaten überlebten, hat sich in das bayerische Gedächtnis eingegraben. Welch unsägliche Qualen sie erleben mussten, schildert anschaulich in Wort und Bild das Blechtagebuch des Chiemgauer Soldaten Jakob Wimmer.
Bayerns Anlehnung an Napoleon ist zeitgeschichtlich gesehen zwiespältig – aus heutiger Sicht aber ertragreich. Das vermittelt die Ausstellung deutlich. Mit Napoleons Macht wuchs Bayern zu einem großen und territorial geschlossen Land – und mit Napoleons Ideenwelt und dem ihr zugeneigten Graf Montgelas zu einem aufgeklärten zentralistischen Staat. Der Preis dafür war allerdings sehr hoch.
Überquert der Besucher der Landesausstellung die nahe Donau, gelangt er zum Reduit Tilly, dem letzten Rückzugsort der königlichen Familie. Es ist Teil der bayerischen Landesfestung, die Ingolstadt noch heute städtebaulich prägt und die es ohne Napoleon wohl nicht gäbe. Auf französischen Befehl wurde die alte Festung im Winter 1800/11 geschleift. Der napoleonphobe König Ludwig I. legte 1828 den Grundstein für eine neue Landesfestung, deren Pläne der Hofbaumeister Leo von Klenze entwarf. Entstanden sind großartige, die ganze Stadt umgebende klassizistische Bauwerke von hoher Defensivkraft und Ästhetik. Kriegerisch bewähren mussten sie sich gottseidank nie. (Viktor Henle) Bis 31. Oktober. Neues Schloss, Paradeplatz, 85049 Ingolstadt. Tgl. 9 – 18 Uhr. www.hdbg.de/napoleon

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