Kultur

Das Ensemble vor der überdimensionalen Geschenkebox: Aus ihr heraus und um sie herum entfaltet sich eine rauschende Revue. (Foto: Marie Liebig)

21.12.2023

Der Prinz aus der Geschenkbox

Deutsche Erstaufführung von „Der Prinz von Schiras“ am Theater Regensburg

Ein alter Klavierauszug in einem Antiquariat, alle Orchesterstimmen in einer Kellerecke – gründlicher konnte eine Partitur nicht vergessen sein. Bis das Theater Regensburg die Operette „Der Prinz von Schiras“ in eine bühnenfüllende Geschenkpackung  als deutsche Erstaufführung steckte und an den Komponisten Joseph Beer erinnerte. Eine heitere Revue aus den roaring thirtees war dessen Leben von 1908-1987 keineswegs: geboren in Galizien, Studienjahre in Wien (das klingt ein bisschen wie Gustav Mahler), dann die Emigration des jüdischen Musikers über Paris nach Nizza, ein mühsames Überleben im Versteck, die Familie in Auschwitz ermordet.  Da war die Uraufführung seiner Operette in Deutschland längst verboten: stattdessen eine Sensation in Zürich.

Die Wiederbelebung des Gesamtwerks von Joseph Beer fängt vor ein paar Jahren an mit seiner „Polnischen Hochzeit“ in Wien,  bei einem BR-Sonntagskonzert an, und jetzt  war die Regensburger Premiere vom „Prinzen“ eine umjubelte Revue aus der Zeit und im Stil der „silbernen Operette“: mit all den Zutaten, die man seit Lehar oder Paul Abraham kennt, mit Erinnerungen an selig schmelzende Walzerzeiten,  mit viel Erotik und Exotik,  schmissigem Charleston, orientalischen Holzbläsern, südamerikanischem Tango und das alles auf einem Dampfer im Pazifik. Da hat in Regensburg GMD Stefan Veselka  mit dem Philharmonischen Orchester viel zu tun, zaubert mit Schmiss und Esprit aus dem Orchestergraben und mit einer Instrumentierung samt Saxophon, Banjo, Xylophon, Vibraphon alles nötige Lokalkolorit und was man aus der Tanzstunde kennt.

Mit der ziemlich hanebüchenen Handlung geht das ziemlich konform: mit Pazifikwellen und einem japanischen Angriff aufs amerikanische Schiff (1934 ! )und als Irrtum eines verrückten japanischen Kapitäns entlarvt. Dann in einem schwül mit Rosen bestückten Palast samt Harem samt liebestollem Prinzen. Schließlich in einem Alabama am Meeresstrand und mit „Hazienda“: Das ergibt in Geografie höchstens eine Fünf minus, aber alles passt in diese riesige und silbern glänzende Geschenkbox, um die herum, aus der heraus die Revue poppt: von Intendant Sebastian Ritschel in dieser glitzernden Bühnenidee von Kristopher Kempf inszeniert und farblich mit verschwenderischen Kostümen  abgestimmt. Vier Paare sind es, die sich am Ende verheiratet in den Armen liegen:  Millionäre, ein Marquis und besonders der Diener des Prinzen mit Freundin Fatma, verqueer mit Fabiana Locke und Felix Rabas besetzt.

Drumherum in schnellem Kostüm- und Rhythmuswechsel eine wild agierende „Tanzcompany“ in der Choreografie von Gabriel Pitoni. Nicht ganz so viel Glück hat man mit dem Paar, um das es geht: eine emanzipierte Miss Violet und ein unsterblich verliebter Prinz. Warum lieben die sich eigentlich ? Kirsten Labonte hat alle nötigen Operettentalente, Carlos Morena Pelizari ist eine eher armselige Figur, die immer zu großen Liebesarien ansetzt, aber dann doch nicht zu Potte kommt. Aber die beiden kriegen sich doch, als auf der zerfledderten Box nach zweieinhalb  Stunden „Happy – and…“ steht, passend zu Silvester und 2024. Aber jetzt schon gab es vom BR den „Operetten-Frosch“.
(Uwe Mitsching)

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