Kultur

Schillers Räuber allesamt als Frauen? Kann man machen, kam aber in der Inszenierung des Nürnberger Staatstheaters nicht so gut an. (Foto: Staatstheater Nürnberg/Ludwig Olah)

24.10.2025

Die Ganoven als Frauen und Amalia als Mann

Die Neuinszenierung von Schillers „Räubern“ am Staatstheater Nürnberg soll Geschlechterrollen dekonstruieren, kann aber überhaupt nicht überzeugen

Der größte Witz war die Ermordung der Amalia von Edelreich: Der große Lulatsch im roten Ballkleid mit rutschendem Dekolleté (Luca Rosendahl), die kleine Valentina Schüler als knabenhafter Karl Moor, die man einen halben Meter höher liften musste, damit der Dolch richtig sitzt – da waren im Nürnberger Schauspielhaus nicht die ersten Lacher fällig bei dieser „Neuinszenierung“ von Friedrich Schillers Sturm-und-Drang-Drama Die Räuber. Schon vorher wurde herzhaft gelacht, als die männliche Amalia dem weiblichen Franz zwischen die Beine fasste.

Raver-Truppe hopst durch den Wald

Der Dekonstruktionsgedanke der Regisseurin Jana Vetten, der Ebru Tartici Borchers bei dieser „Fassung“ geholfen hat: Alle Räuber, die Familie derer von Moor sind Frauen, Amalia ist dementsprechend ein Mann und das Ganze ist ein Beitrag des Feminismus zur „Zerstörung und Selbstzerstörung im Patriarchat“. Das Ergebnis war in einem wirren Baukastengestänge als Schloss und Böhmerwald von Sam Beklik etwas, was Franz, die Kanaille, einmal beiläufig bezeichnete: als Tragikomödie.

Anders kann man sich dieses „Konzept“ auch nicht erklären. Schiller berief sich bei seinem „Konzept“ zwar mehr auf Aristoteles, aber man denkt in den fast drei Stunden immer öfter an Shakespeare und bei dem intriganten Mordbuben Franz von Moor an einen der „Shakespearean fools“ und Narren. Und bei der mädchenhaften Fehlbesetzung des Karl, da weiß man überhaupt nicht, woran die Regie gedacht hat. Anfangs hopst eine aufs Minimum reduzierte Raver-Truppe durch den Wald, die Damen in ihren C&A-Kostümchen wollen eine Räubergruppe gründen: studentische Freizeitbeschäftigung oder Frauen-Demo im liberalen Leipzig?

Währenddessen spinnt der Bruder zu Hause und im Gefühl, um seine Erbrechte geprellt zu sein, seine wirren Mordpläne per Fake-Post an den da noch ziemlich vitalen „alten Moor“, den Marion Bordat Szene für Szene tappriger werden lässt und den Vaterliebe ohnmächtig gegen den wild grimassierenden Franz sein lässt: Marie Dziomber ist wild zugange auf dem Schaugerüst. Bis schließlich alle Opfer tot an der Rampe abgelegt werden und man einsehen muss, dass Frauen die gleichen grausamen Fehler machen wie Macho-Männer.

Ansonsten gibt es Unzähliges, worüber man nur den Kopf schütteln kann wegen so viel Dilettantismus, der schon beim Casting angefangen haben muss. Diese Staatstheater-Klassikerpatsche agitiert gegen das Patriarchat im Alltag und in der Regierung und gegen Donald Trump als Kollegen von Franz.

Auf der Bühne sieht man davon im Grunde und mit logischer Begründung nichts. Immerhin darf Julia Bartolome wie in einer Arie das berühmte Schauerstück vom Überfall aufs Nonnenkloster vortragen: für den Stammtisch oder fürs Kaffeekränzchen?

Dem Karl hat man dagegen das Schlusswort gestrichen, der einem Tagelöhner mit elf Kindern die stattliche Belohnung von 1000 Louisdor zukommen lässt. „Großmannssucht“ oder eine edle Geste?, fragen die Räuber. Und das Programmheft fragt: „Worum geht es?“ Auch darauf bleibt das Räuber-Mädel Karl die Antwort schuldig. (Uwe Mitsching)
 

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