Kultur

Simon Grimms Kupferstich von 1677 zeigt Bandende vor dem Kloster St. Ursula in Augsburg. (Foto: Kunstsammlungen und Museen Augsburg, Grafische Sammlung, Inv. Nr. G0068)

17.08.2018

Die Reichsstadt in ihrem Element

Im Rahmen seiner Bewerbung ums Unesco-Weltkulturerbe demonstriert Augsburg, wie raffiniert es früher mit Wasser umzugehen wusste

Die Stadt Augsburg bewirbt sich derzeit um den Titel einer Weltkulturerbe-Stadt der Unesco. Und zwar mit ihrem außergewöhnlichen, jahrhundertealten Wassermanagementsystem, das nicht nur die Prunkbrunnen der Renaissance speiste, sondern auch Privathaushalte mit Trinkwasser versorgte. 2014 wurde die Bewerbung verschiedentlich noch belächelt. Doch nachdem Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen im wahrsten Sinne des Wortes „ad fontes“, zu den Quellen, gegangen sind, weiß man, was längst vermutet wurde: Die Augsburger Wasserwirtschaft war tatsächlich eine technische Meisterleistung, deren Anfänge ins 14./15. Jahrhundert zurückreichen.
Im Rahmen der Bewerbung, die im Februar 2018 eingereicht wurde (und über die nach diversen Prüfungen im Sommer 2019 entschieden wird), plante man die Ausstellung Wasser Kunst Augsburg, in der die neusten Erkenntnisse einflossen. Dabei geht es, wie der Untertitel „Die Reichsstadt in ihrem Element“ nahe legt, vor allem um die unterschiedlichsten Facetten des Elements Wasser während der reichsstädtischen Blütezeit, vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende des Alten Reichs um 1800.

Sprudelnde Tafelzier

Nachdem man im Maximilianmuseum durch einen fischreichen Bach bis zur Kasse „gewatet“ ist, erwartet einen eine schier unendliche Fülle von Wasser-Aspekten. Im überdachten Innenhof wird man von den Originalen der Prunkbrunnen der Maximilianstraße begrüßt. Aus konservatorischen Gründen stehen im Freien heute Repliken. Die Originale sind fester Bestandteil der Dauerausstellung im Museum. Neu ist jedoch die Aufstellung der lebensgroßen Flussgötter des Augustusbrunnens mit den wasserspritzenden Putti, Sirenen und Delfinen, die man nun von allen Seiten und von Nahem bestaunen kann – auch über die derzeitige Ausstellung hinaus.
Hinter einem Wasserfall beginnt der Rundgang: Zu sehen sind hochkarätige Leihgaben, allen voran gold- und silberfunkelnde Prunkgeschirre aus fürstlichen Kunstkammern, hergestellt von berühmten Augsburger Goldschmieden. Es sind Spitzenstücke Augsburger Kunsthandwerker, Medaillen und Pläne, Stiche und Gemälde – alle mit Bezug zum Element Wasser, dazu einfache stadtgeschichtliche Utensilien wie barocke Feuerlöschspritzen, Lösch- eimer oder Nachtgeschirre.
Immer wieder der Blick auf die zahlreichen Prunkbrunnen, auf die Augsburg mit Recht stolz ist: beginnend mit dem Neptun vom Röhrkasten auf dem Fischmarkt, der, 1537 geschaffen, wohl die älteste nackte Brunnenfigur der Renaissance nördlich der Alpen war, gefolgt vom Augustus-, Merkur- und Herkulesbrunnen in Original, Bild und Vorbild sowie in Miniaturnachbildung.
Augsburg war von jeher in der glücklichen geografischen Lage, dass vier Flüsse beziehungsweise Bäche und zahlreiche Kanäle nicht nur für die Wasserversorgung genutzt werden konnten, sondern auch zur Erzeugung von Wasserkraft. Mühlen und Handwerksbetriebe profitierten davon. Ihre Erzeugnisse sind beispielhaft zu sehen, vom Parfümfläschchen bis zum seidenen Pantoffel.

Nacktbaden vorm Kloster

Die trickreiche Wassertechnik, für die Augsburg seit dem Mittelalter berühmt war, wird durch Stiche, Schriften und vor allem historische Modelle veranschaulicht, die den Kernbestand der ehemaligen Modellkammer im Augsburger Rathaus bildeten; sie gilt als die größte Sammlung historischer Baumodelle weltweit.
Der Privatanschluss an die städtische Rohrleitung war jedoch eine kostspielige Angelegenheit, weswegen er nur reichen Patriziern vorbehalten war. Dem Luxus des eigenen „Rohrwassers“ entsprach dann auch die Ausführung der ebenso kostbaren Wasserhähne und Becken.
Das Wasser diente obendrein zur Bewässerung prächtiger Gartenanlagen, für die Fischerei, zum Warentransport Richtung Donau und damit in die große weite Welt – und nicht zuletzt zum Baden. Im Sommer planschten und badeten nackte Männer von alters her gern in einem Lecharm vor dem Kloster St. Ursula – sehr zum Leidwesen der Klosterfrauen. 1707 wurde nach längeren Auseinandersetzungen deshalb salomonisch entschieden: Nur noch zur Nachtzeit darf gebadet werden. Im Winter dagegen dienten die zugefrorenen Gewässer anstandslos zum Eislaufen. (Cornelia Oelwein)

Information: Bis 30. September. Maximilianmuseum, Fuggerplatz 1, 86150 Augsburg. Di. bis Sa. 10-17 Uhr.

Abbildung: Brunnenjüngling vom Kastenturm beim Roten Tor. Die Bronzefigur (1596 bis 1602) stammt von Adriaen de Vries.   (Foto: Edmund Melzl)

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