Kultur

Adam Kruzel spielt Nabucco als Mussolini-Typ. (Foto: Jochen Quast)

21.09.2018

Eine hinreißende Aufführung

Ein mitreißender „Nabucco“ am Theater Regensburg

Alles dient dem eigenen Machterhalt: außenpolitische Aggression, Mord in der Familie, sogar die Konversion zu einem anderen Glauben, wenn’s denn sein muss und Gott einen Blitzstrahl schickt. Es ist eine typische Despotenfamilie, die der rumänische Regisseur Rares Zaharia da auf die Bühne des Theaters Regensburg stellt, wenn er Giuseppe Verdis Nabucco in einer faschistischen Unterdrückungs- und Tötungsfabrik spielen lässt. Wahrscheinlich kennt der Regisseur, in Hermannstadt geboren, noch die Zustände unter Ceausescu.

Aber er weiß natürlich auch von den faschistischen Methoden in Italien und Deutschland, von der italienischen Einigungsbewegung zu Zeiten Verdis. Und er hat keine Lust, dessen erstes wirkliches Opernbekenntnis nach vielen leidvollen Erfahrungen als alttestamentarisch-bärtiges Tourneetheater zu verschleudern, bei dem doch alles nur auf den Gefangenenchor hinausläuft. Den lässt er die jüdischen Gefangenen in einem düsteren Kerkerverließ ganz leise, ganz innig und ergreifend singen: Choreinstudierung von Alistair Lilley.

Dessen Kollege Tom Woods am Pult des Philharmonischen Orchesters weiß dagegen, dass Verdis Partitur gewalttätig und brutal klingen muss, wenn sie ein Pendant zur Handlung sein will.

Zu diesem insgesamt stimmigen Konzept im Theater am Bismarckplatz gehört auch das Drehbühnen-Bühnenbild von Helmut Stürmer, das immer neue erschreckende Einsichten in dieses babylonische KZ von heute bietet. Dazu bräuchte die Regensburger Statisterie gar nicht so wild mit den Pistolen herumzufuchteln.

Eine blonde Bestie

Aber eine interessante Facette der Regie ist die Mitwirkung der jeweils herrschenden Kirche am absoluten Machterhalt: Auch deren Würdenträger ziehen mit durch diese Kerkerlandschaft in düsteren Farben und im Licht der Suchscheinwerfer. Das romantisch-italienische Liebespaar Fenena und Ismaele (Vera Egorova-Schönhöfer und Yinjia Gong) kann sich höchstens durch die Gitter berühren, an die die babylonische Geisel gefesselt ist. Handschellen und Zwangsjacken sind die Mittel, mit denen man hier tagtäglich umgeht – beim wahnsinnig gewordenen Nabucco naheliegend.

Und Adam Kruzel, hier in der Rolle seines langen Regensburger Baritonlebens, gibt diesen Mussolini-Typ denn auch mit passender darstellerisch-stimmlicher Gebrochenheit.

Seine machtgeile Tochter Abigaille ist in schwarzer Ledermontur eine blonde Bestie, die für die Erfüllung ihrer Liebesgier über Leichen geht, mit dramatischen Spitzentönen. Dass sie bei ihrer Krönung mit Merkel-Raute ganz oben auf der Karriereleiter steht, hätte man sich als kabarettistischen Seitenhieb eher sparen können.

Immer mit der Tora und der passenden Devise für Untergang und Rettung zur Hand ist der hebräische Priester Zaccaria (Selcuk Hakan Tirasoglu): mit Bassgewalt, aber auch im Zwielicht.

Musikalisch ist die Aufführung so einheitlich und hinreißend, dass man sich fast geniert, dass einem und dem Publikum im ausverkauften Haus dieser Verdi gefällt. (Uwe Mitsching)

(Weitere Vorstellungen am 24. September und im Oktober.)

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