Kultur

Meisterhaftes Ballett entfaltet sich in einer Traumwelt-Szenerie. (Foto: Jesús Vallinas)

21.12.2018

Eine tänzerische Reise in die Anderswelt

Goyo Monteros Ballett „A Midsummernight’s Dream“ am Staatstheater Nürnberg

Düsternis und Heiterkeit, Klassik und Moderne, Ekstase und Depression – all diese Gegensätze prägen den genialen Ballett-Abend von Meisterchoreograf Goyo Montero. Mit A Midsummernight’s Dream hat der Spanier wieder ein Feuerwerk der Emotionen auf die Bühne des Nürnberger Opernhauses gezaubert.

Wer Monteros Arbeiten kennt, weiß, dass es immer viel Raum zur Interpretation gibt. So auch diesmal. Das fängt schon mit Goethes Erlkönig an, der den Auftakt zu diesem Shakespeare’schen Werk bildet. Das tote Kind wird symbolisch zum Türöffner ins Reich der Anderswelt, wo es keinen Tod, dafür aber viele, dem Menschen unbekannte Wesen gibt.

Stilisiert dargestellt wird diese andere Welt, die man auch das Unbewusste nennen kann, von unzähligen Seilen, die vom Schnürboden herabschweben. Diese stellen den Wald dar, in dem die Geister ihren Schabernack treiben – allen voran die Figur des Puck (perfekt interpretiert von Alexandro Akapohi). Aber die Seile sind mehr. Sie können auch die Schicksalsfäden sein, die – der nordischen Mythologie entspringend – die Nornen spinnen. Goyo Montero und Bühnenbildnerin Eva Adler lassen den Raum mit schiefen und sich vertikal bewegenden Ebenen bewusst im Unklaren. Denn es geht um eine andere Welt, eine Traumwelt, in die die Menschen allerhöchstens in Trance oder Tiefschlafphasen vordringen können.

Wundersame Wesen

Dort gelten keine Gesetze des Diesseits. Wundersame Wesen vollführen atemberaubende Bewegungen und Paare suchen sich, finden zueinander, verlieren sich und paaren sich in anderer Konstellation – egal. In dieser jenseitigen, voller Energie steckenden anderen Welt lässt Montero seine Compagnie einen wundersamen Bewegungsrausch vollführen.

Die Staatsphilharmonie Nürnberg unter der Leitung von Lutz de Veer intoniert nicht nur grandios Mendelssohn Bartholdys Hochzeitsmarsch, sondern zaubert dessen gesamte Klangwelt passgenau in die Choreografie. Aber auch Owen Beltons sphärische Elektroklänge, die er eigens für diese Inszenierung kreierte, formen einen hervorragenden Rahmen für den Mittsommernachtstraum.

Wieder ein wundervoller Ballett-Abend aus der Hand von Goyo Montero, der mehr als sehenswert ist. Und bei allen Deutungen, die dem Publikum selbstverständlich offen stehen, darf eines nicht vergessen werden: Der Mensch hat kaum Zugang zu seinem Unterbewusstsein. Was dort abläuft, bleibt im Alltag verborgen. Doch in Monteros Version des Shakespeare’schen Sommernachtstraums dürfen sich die Verhältnisse umdrehen und sich Bahn brechen. Dafür gab es am Ende sehr viel Applaus.
(Ralph Schweinfurth)

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