Kultur

Organisiert werden die Tage Alter Musik von Ludwig Hartmann, Stephan Schmid und Paul Holzgartner (von links). (Foto: Tage Alter Musik/Uwe Moosburger)

30.05.2025

Enthusiasten am Werk

Seit 40 Jahren gibt es die Tage Alter Musik in Regensburg

Wo sonst trifft man sich in Regensburg zu einem Gespräch als in der historischen Kaiserherberge Goldenes Kreuz am Haidplatz? Kaiser Karl V. war hier mehrfach bei Reichstagen und soll dort seinen Sohn Don Juan d’Austria gezeugt haben. Beim Treffen mit Ludwig Hartmann und Stephan Schmid geht es allerdings um eine wesentlich jüngere Regensburger Attraktion: die Tage Alter Musik.

Die beiden ehemaligen Regensburger Domspatzen (zunächst noch mit Christof Hartmann und ab 1999 mit Paul Holzgartner) feiern dieses Jahr das 40-jährige Bestehen dieses Pfingstfestivals, mit dem man sich zu Recht an der Spitze der Alten Musik und der historischen Aufführungspraxis sehen kann. „Wir sind in historischen Kreisen sehr bekannt“, sagt Hartmann sehr bescheiden.

Neuburg an der Donau war auch im Blick

Beide erzählen gerne von den Zeiten, als sie mit der ganzen Szene als Regensburger Domspatzen in Kontakt kamen: ganz entscheidend 1970 bei einer Aufnahme der Matthäus-Passion in Wien und unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt. Dann besuchten die angehenden Gymnasiallehrer die damals führenden Festivals in Utrecht und Brügge. Und als sie Ton Koopman bei einer Aufnahme von Bachs Cembalokonzerten erlebten, war klar: Sie wollten selbst ein Festival für Alte Musik aus der Taufe heben. Die Besprechung fand – natürlich – im Goldenen Kreuz statt. Hartmann und Schmid überlegten, wo man so etwas initiieren könnte. Zunächst dachten sie an die oberbayerische Renaissance-Perle Neuburg an der Donau.

Die Alte Musik war damals hauptsächlich eine Sache von Schallplattenaufnahmen auf historischen Instrumenten und luxuriös langen und teuren Aufnahmezeiten – sehr exklusiv war auch das Publikum.

Als man ein Jahr lang neben dem Broterwerb genug getüftelt hatte, sah das Grundkonzept fünf Konzerte an drei Tagen vor. Als Termin fanden sich die Pfingstfeiertage zur Umgehung der Konkurrenz durch die großen Sommerfestivals. Und als Veranstaltungsort wurde Regensburg auserkoren: historische Locations und parallel dazu eine Art Ausstellung und Messe für historische Musikinstrumente, wie sie heute noch im Salzstadel an der Steinernen Brücke existiert, mit inzwischen 60 Ausstellern und einem breiten Medienangebot.

Von der Idee über die Anträge bei der Stadt, bei den Kirchen und Künstlern, den Sponsoren brauchte es ein weiteres Jahr bis zur Realisierung. „Heute wissen wir, wie’s läuft, brauchen zwei Jahre Vorlauf und arbeiten inzwischen an 2027“ – und das alles im Wesentlichen ehrenamtlich, betonen Hartmann und Schmid.

Alle Karten waren gleich weg

Das Interesse war von Anfang an groß. Und auch heute noch ist der Erfolg ganz erstaunlich. „Beim Vorverkauf für Pfingsten 2025 war zum Jahreswechsel praktisch alles weg!“, erklären die beiden Veranstalter. Nicht schlecht bei 16 Konzerten an vier Tagen, bei dieser „Vielfalt ohne Motto oder Thema“, fast ohne die etablierten Stars. Am Anfang ihrer Karrieren waren sie allerdings alle in Regensburg, wie die Veranstalter betonen. Und das war dann oft Empfehlung genug für weitere Engagements.

Früher hat man für die „Tage“ 10.000 Prospekte verschickt, heute ist Werbung nicht mehr nötig. Es gibt den luxuriös aufgemachten Almanach als Programmheft für alle Konzerte und ein paar Wochen danach eine Sammlung sämtlicher Medienberichte. All das machen Hartmann, Schmid und Holzgartner selbst. Sie sind ja inzwischen in Pension und können sich in Europa umschauen, „was alles los ist“, in Belgien hauptsächlich.

Auch als langjähriger Begleiter und Berichterstatter ist man dann immer wieder erstaunt, aus welchem Reservoir die drei Veranstalter schöpfen und welche Entdeckungen sie machen: von Lugano bis Dublin. Zum Beispiel so einen jungen polnischen Pianisten wie Tomasz Ritter, der Chopin oder Beethoven auf historischen Flügeln spielt und der nach Regensburg eine steile Karriere machte.

Nach den großen Namen der vergangenen Festivals gefragt, fällt Ludwig Hartmann besonders Joshua Rifkin aus den USA ein, seinerzeit einer der bedeutendsten Bach-Interpreten: „Den hatte damals niemand in Europa auf dem Schirm.“ Hartmann erwähnt auch die Akademie für Alte Musik, die man aus der DDR losgeeist hat, erinnert an das erste Gastspiel des Mailänder Giardino Armonico und an die Auftritte von Jos van Immerseel mit seinem Ensemble Anima Eterna.

Die Zukunft ist gesichert

Barockoper als Teil des Festivals ist dem Team entschieden zu teuer, zu kompliziert und in Zusammenarbeit mit dem Theater Regensburg nicht möglich. Immerhin: Die erste Opernkomponistin Francesca Caccini oder Purcells Dido and Aeneas waren Versuche wert. So ein Tag Alter Musik ist für das Publikum, das heute aus ganz Europa anreist und sich an Pfingsten unter die Touristenströme mischt, prall gefüllt mit Musik: Um 11, 14, 16, 20, 22.45 Uhr finden die Konzerte statt, alles problemlos getaktet und in bequemer Laufdistanz in Regensburgs Altstadt erreichbar.

Natürlich wollen Hartmann und Schmid aus der 25er-Fülle nichts Spezielles empfehlen. Aber man weiß, Solomon’s Knot aus Großbritannien wird ein Höhepunkt sein. Und am Ende des Festivals auch das Feuerwerk „Florenz im Klangrausch“ mit Hervé Niquet und seinem fabelhaften Ensemble Concert Spirituel mit der monumentalen Rekonstruktion eines vierzigstimmigen „Johannes-Offiziums im Dom von Florenz“ nach dem Beispiel von 1589.

Solang die Regensburger „Tage“ so etwas bieten, brauchen die Veranstalter nicht um die Zukunft des Festivals zu fürchten. Ein Förderverein mit inzwischen 400 Mitgliedern sichert das Festival zusätzlich ab. (Uwe Mitsching)
 

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