Kultur

Quatis Tarkington als Diallo und Antonia Reidel in der Rolle der Angelika. (Foto: Peter Litvai)

02.03.2020

Feine Töne gehen flöten

"Die Hartmanns" in Landshut: Es gelingt nicht, die Komik der Verfilmung auf die Bühne zu bringen

Die Hartmanns sind eine durchschnittliche bürgerliche Familie aus dem gehobenen Mittelstand, die sich vorrangig mit sich selbst und ihren Befindlichkeiten beschäftigt, ohne größere Verstrickungen mit den Weltläufen um sie herum zu verspüren. Doch dann beschließt die Dame der Hauses, einen Flüchtling im großen Chefarzt-Haus aufzunehmen. In der Konfrontation mit dem Anderen bekommen alle Typenzeichnungen einen neuen Drall. Zudem ermöglicht die Kluft zwischen den Kulturen auch die Draufsicht auf die eigenen kulturellen Maßstäbe. Das sind alles gute Zutaten für eine Komödie, die als solche im Film Willkommen bei den Hartmanns auch ganz gut funktioniert hat.

Dass dieser Komödienstoff im Landshuter Theaterzelt ein wenig verwackelt daherkommt, liegt daran, dass die Zutaten diesmal nicht so recht funktionieren wollen, was zum einen an der Textvorlage des Fließbanddramatikers John von Düffel liegt: Die Figuren sind von vornherein festgelegte Typen, die keine Zeit bekommen, sich zu entwickeln, weshalb die Motive ihres Handelns ausgesprochen unklar bleiben und eher aus der Karikaturenkiste kommen. Die Figuren werden ausgestellt, aber nicht vorgestellt.

Die Geschichte ist immer noch treffend und sehenswert pointensicher genug, um als Typen-Komödie gut zu funktionieren, aber sie ist zugleich entfernt davon, tatsächlich zu rühren und zu berühren. Das ist ausgesprochen schade vor allem in der Figur des von Quatis Tarkington präzise und zupackend dargestellten Nigerianers Diallo Makabouri, dessen traumatische biografische Hintergründe kaum je so ins Spiel einfließen können, wie nötig wäre, um den für jede gute Komödie nötigen Schattenstellen erkennbare Tiefen zu geben. Im Problem des Umgangs mit Menschen aus anderen Kulturkreisen, aus dem Komik und Nachdenklichkeit zugleich fließen könnten, bleibt hier allein vor allem viel gut gemeinte Rhetorik übrig.

Regisseur Markus Bartl rettet sich in der Landshuter Inszenierung aus der Notwendigkeit, fast überdeutlich konturierte Typen auf die Bühne stellen zu müssen, indem er in die Richtung dieser Zeichnung einfach logisch weitermacht: Weil die Nahaufnahmen des Films und eine Mehrdimensionalität der Figuren größtenteils fehlen, wird grell geschminkt. Auch so kann dralle, pralle, fanfarenartige Komik entstehen; feine Töne und die grundsätzliche Ironie der Handlung aber geraten dabei fast zwangsläufig aus dem Blickfeld. Weshalb die Figuren mal mehr, mal weniger im Karikaturhaften stecken bleiben. (Christian Muggenthaler)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist das geplante Demokratiefördergesetz sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.