Allmählich und rechtzeitig zur Ferienzeit öffnen die Schlösser, Burgen und Gärten in Bayern wieder ihre Portale und Tore, auch wenn coronabedingt noch nicht alles so ist wie ehedem. Deshalb machte man aus der Not eine Tugend: Man kann die einzelnen Anlagen nun besser von einer anderen Seite kennenlernen. Wie war ihre Entstehungsgeschichte? Was war los im Park? Wo parkten die Kutschen? Wo war der Gemüsegarten für die hohen Herrschaften? Wo wurde das beliebte Mail gespielt – gewissermaßen der Vorläufer von Krocket und Golf? Wo war die Küche? Wo eine einst eventuell installierte Menagerie?
Neben den klassischen Parkführungen werden in diesem Sommer auch Touren durch die Außenbereiche angeboten, die diesen und vielen anderen Fragen nachgehen. Die Bayerische Schlösserverwaltung verspricht: Selbst die Kenner der Anlagen werden erstaunt sein, was es dort noch so alles zu entdecken gibt. Dabei war den Verantwortlichen vor Ort freigestellt, wie sie ihre Führungen ausgestalten wollen und worauf Schwerpunkte gelegt werden.
Die Führungen sind so unterschiedlich, wie es die Objekte in ihrer Architektur und einstigen Nutzung sind: Die Residenzen in München und Bayreuth etwa waren Wohnsitze der Wittelsbacher, Schloss Nymphenburg und Schloss Seehof Sommerresidenzen, die Cadolzburg, die
Plassenburg, von der es hieß, dass „dergleichen Vestung in Teutschland nit zu finden sey“, Coburg und Burghausen dienten als feste Burgen der Landesverteidigung.
Bisher streifte man meist durch die Schauräume, bestaunte das Ambiente und die Exponate, doch waren dabei kaum die einzelnen Phasen der Entstehungsgeschichte der Bauten nachzuvollziehen.
In München etwa beginnt die neue Führung im Alten Hof, dem ersten Sitz der bayerischen Herzöge. Dann geht es weiter zur Residenz, die in verschiedenen Schritten über mehrere Jahrhunderte zu dem geworden ist, wie wir sie heute kennen. Dabei führt der Weg durch die Höfe und außen herum, wo an den Fassaden die einzelnen Bauphasen abzulesen sind.
Aus der Baugeschichte
In Coburg führt der Rundgang durch die Burghöfe, auf die Bärenbastei und auf die Höhe der Bastei. Auch dort gibt es zu den Gebäuden und Türmen, Brunnen und Festungsanlagen viel nicht so Bekanntes zu erzählen. Im Mittelpunkt steht auch dort die Geschichte des Baus, die bis ins 11. Jahrhundert zurückreicht und sich von seiner Blüte als wettinischer Herrschaftssitz bis ins 20. Jahrhundert immer wieder verändert hat.
Auf der Cadolzburg, wo 2017 das moderne Burgmuseum „HerrschaftsZeiten! Erlebnis Cadolzburg“ eröffnet wurde, entdeckten Gärtner im Halsgraben eine Flasche, gefüllt mit unbeschädigten Papieren aus dem Jahr 1941. Diese „Flaschenpost aus der Vergangenheit“ war der Ausgangspunkt für eine kleine Sonderausstellung. Doch erfährt man bei den Außenführungen vor allem die bis ins 13. Jahrhundert zurückreichende Geschichte der noch heute stattlichen Burg, die einst der fränkische Herrschaftsmittelpunkt der Hohenzollern im späten Mittelalter war.
In Schleißheim laden gleich drei Schlösser und ein Park zum geführten Spaziergang ein. Die Cicerones auf der Roseninsel im Starnberger See werden im August mit den Besucher*innen durch den blumenreichen Garten bummeln. Auf Herrenchiemsee führt der Weg zu den „Göttern“ König Ludwigs II. Im Park von Schönbusch und dem Schlossgarten von Aschaffenburg begegnet man südlichem Flair und in Bayreuth besteht die Gelegenheit, endlich „Die Fantaisie – ein verkanntes Juwel“ richtig kennenzulernen.
Mit besonderen Angeboten erwarten Schloss Höchstädt, die Burg Prunn im Altmühltal, wo einst eine Handschrift der Nibelungen entdeckt wurde, und die Walhalla oberhalb der Donau ihre Gäste: Dort werden literarische Führungen angeboten.
Das Spektrum ist also weit gefächert, so heterogen wie die 45 Sehenswürdigkeiten, die von der Bayerischen Schlösserverwaltung betreut werden. Es gibt keine einheitlichen Führungszeiten. Teilweise finden die Touren am Wochenende statt, teilweise unter der Woche. Nur die Länge sollte auf gut 60 Minuten beschränkt bleiben. Die genauen Themen und Zeiten sind den Homepages der jeweiligen Anlagen zu entnehmen. Zu den meisten Führungen kann man ohne vorherige Anmeldung kommen, bei anderen empfiehlt sich eine Reservierung - auch darüber geben die Homepages Auskunft. (Cornelia Oelwein)
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Oft eilt man nur durch die Innenhöfe der Schloss- und Burganlagen, um die Schätze in ihrem Innern zu bestaunen. Nun rücken Cicerones bei Außenführungen wie hier auf der Cadolzburg viel bislang Unbeachtetes in den Mittelpunkt. (Foto: Bayerische Schlösserverwaltung)
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