Kultur

Gold und Silber für ein liturgisches Gefäß aus der Zeit der Slawenmission: Der „Pettstadter Becher“ stammt aus dem 8. nachchristlichen Jahrhundert. Hier ein Ausschnitt - die Gesamtansicht finden Sie im Beitrag. (Foto: GNM)

25.08.2017

Frankens Lebensader

Das Knauf-Museum in Iphofen erzählt die Geschichte der Menschen am Main mittels archäologischer Funde

Der Main war als Lebensader, als Verkehrsweg und vormals auch als Sitz von Göttern für die Menschen, die am 527 Kilometer langen Fluss lebten, schon immer enorm wichtig. Das belegen die Funde, die meist beim Kies- und Sandabbau oder durch Zufall an seinen Ufern zutage traten. Im Iphöfer Knauf-Museum folgt nun eine mit etwa 180 Objekten bestückte, sehr anschaulich aufbereitete Ausstellung dem Flusslauf anhand der dort geborgenen materiellen Zeugnisse vom Leben der Menschen von der Jungsteinzeit bis ins Mittelalter. Überschrieben ist die Schau Frühe Maingeschichte – Archäologie am Fluss.

Probefahrt nachgestellt

Wie man sich einst auf dem Wasser fortbewegte, zeigt der Nachbau eines Gefährts, das in der Konstruktion einem Katamaran ähnelt und an ein Floß erinnert, und mit dem man stakend in dem damals im Vergleich zu heute wesentlich flacheren Fluss vorankam. Zwei ziemlich schmale Einbäume – in Resten erhalten – wurden mit Brettern belegt, auf denen auch größere Lasten transportiert werden konnten. Filmisch ist die geglückte Probefahrt eines solchen Bootes nachgestellt. Beim Ausbaggern des Mains wurden zwar spektakuläre Objekte entdeckt wie ein Mammutzahn, aber für das Leben der Menschen am Fluss sind Funde von Gebrauchsgegenständen oder kultischen Objekten wesentlich aufschlussreicher. In der Jungsteinzeit wurde der Fluss als göttlich verehrt, deshalb versenkte man Steinäxte oder -beile als Opfergaben im Gewässer. Sie waren mühsam herzustellen und dienten nicht nur als Werkzeuge oder Waffen, sondern auch als Ausweis der Würde ihres Besitzers. In der Gegend von Kitzingen wurden besonders viele dieser Gegenstände gefunden. Als ältestes jungsteinzeitliches Kultbild, wohl um 2000 v. Chr. entstanden, gilt der Sander Götze, eine stilisierte anthropomorphe Holzfigur, bei Sand am Main gefunden. In der späten Bronzezeit (ungefähr zwischen 1600 bis 1200 v. Chr.) wurden wertvolle Metallgegenstände in den Main geworfen, vor allem Ausrüstung von hochgestellten Kriegern, wie der Kammhelm von Ebing, ein Bronzeschild von Bamberg-Gaustadt, aber auch Schwerter, Lanzen, Messer. Für die Siedlung am Bullenheimer Berg mussten die Rohstoffe zur Bronzeherstellung auf dem Main von weit her transportiert werden. Auch Bernsteinketten beweisen einen blühenden Handel über den Fluss.
Aus keltischer Zeit und aus Garstadt stammt ein weiterer Helm, der aus einem Stück getrieben ist; möglicherweise ist er einst beim Transport verloren gegangen, denn in dieser Epoche wurden keine Weihegaben mehr dem Fluss überantwortet. Keltische Fürsten legten eine Burg hoch über dem Main auf dem Gelände der Würzburger Festung an; sie ließen sich auf dem Fluss klassische griechische Keramik importieren als Luxusgeschirr, wie Grabungsfunde beweisen. Auf die keltische Bezeichnung „Moin“ für den Fluss geht der Name Main zurück; bei den Römern hieß er Moenus. Zur Zeit von Kaiser Augustus wollten die Römer mit zwei Legionen ihre Ostgrenze sichern und legten auf dem Kapellenberg hoch über Marktbreit ein Lager an; eine Weinamphore für die höheren Offiziere wurde wohl auf dem Main herangeschafft. Auch im Mainviereck wollten die Römer den Übergang am Flussufer sichern und erbauten 90 n. Chr. in Miltenberg ein Castellum, wo auch Reiterkampfspiele abgehalten wurden, wie eine Brustzier eines Pferdes, eine Minerva-Scheibe, beweist. Holzfäller kamen ins Land und flößten die geschlagenen Bäume mainabwärts; auch der als Baumaterial gebrochene Buntsandstein wurde abtransportiert, und Stelen und Reliefs, etwa aus Obernburg, künden von der Anwesenheit der Besatzungsmacht. Als die Alamannen die römische Reichsgrenze am „nassen Limes“, dem Main, bedrohten, entstand in Urphar, hoch über dem Main auf der Wettenburg, eine Verteidigungsanlage; Funde belegen, dass dort Burgunder in römischen Diensten standen. Ab 531 n. Chr. kamen die Franken. Auf der Karlburg über Karlstadt entstand ein Zentralort mit einem Marienkloster zu seinen Füßen und einer Handwerkersiedlung am anderen Ufer. Aus der Karolingerzeit, aus der Slawenmissionierung, stammt wohl eine wertvolle Hostienpyxis aus Pettstadt, aus Silber, vergoldet, mit feiner, symbolischer Ornamentzier. Karl der Große hatte schon damals die Idee, den Main mit der Donau zu verbinden; allerdings wurde diese Fossa Carolina nicht fertig, war aber in Abschnitten befahrbar; sie ist die Vorgängerin des erst 1992 eröffneten Rhein-Main-Donau-Kanals. Die Funde an den Ufern oder aus dem Grund des Mains belegen die Bedeutung dieser Wasserstraße seit Urzeiten. (Renate Freyeisen) Information: Bis 5. November. Knauf-Museum, Marktplatz, 97346 Iphofen. Di. bis Sa. 10-17 Uhr, So. 11-17 Uhr. www.knauf-museum.de Abbildung:
Gold und Silber für ein liturgisches Gefäß aus der Zeit der Slawenmission: Der „Pettstadter Becher“ stammt aus dem 8. nachchristlichen Jahrhundert.   (Foto: GNM)

Das spätbronzezeitliche „Klappergehänge“/Tintinnabulum (880 bis 800 v. Chr.) entdeckte man um 1900 in Frankfurt-Höchst. (Foto: Römisch Germanisches Zentralmuseum Mainz/S.Steidl)

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