Kultur

In Alexander Riemenschneiders Inszenierung von Dantons Tod übernehmen Frauen die beiden männlichen Hauptrollen. (Foto: Staatstheater Nürnberg/Konrad Fersterer)

02.05.2025

Frauen als Anführerinnen der Revolution

"Dantons Tod“ am Staatstheater Nürnberg

In der Saisonvorschau stand für den April 2025 beim Schauspiel des Staatstheaters Nürnberg lediglich: „ein kanonisches Stück“. Immerhin stand schon damals der Regisseur fest: Alexander Riemenschneider vom Theater an der Parkaue in Berlin, dem größten Kinder- und Jugendtheater dort. Im Verlauf der Spielzeit wurde die Auswahl eines „kanonischen“ und eines Zeitenwende-Stückes leider leichter: Dantons Tod von Georg Büchner, gut 20 Jahre nach dem Guillotinenterror geschrieben, aber erst 1910 uraufgeführt, erwies sich als das passende Stück für heute.

Riemenschneider und sein Bühnenbildner David Hohmann setzen die Tage von „Wohlfahrtsausschuss“ und Todesurteilen am laufenden Band in einen goldenen Bilderrahmen, auch die Rivalität der Revolutionsführer Danton und Robespierre, den Hunger des Volkes, die Aufstände der Bauern: so zieht der vieraktige Klassiker in pausenloser Kurzfassung vorüber. Vieles, was bedenkens- und zitierenswürdig ist, wird eingedampft, zum Glück auch die oft nur schwer erträgliche Büchner’sche Wortfülle. Vor dem Goldrahmen und den expressiven Hintergrundfarben ist genug Platz für die Szenen des Rückzugs, den Danton ins üppige Privatleben antritt, und für die Tiraden des Robespierre – Opfer der Revolution werden sie schließlich beide.

An politischer oder persönlicher Ausdruckskraft gewinnt die Aufführung allerdings nicht dadurch, dass Riemenschneider die beiden Hauptpersonen von Frauen spielen lässt: kein besonders innovativer Einfall auf Deutschlands Bühnen, verwirrend besonders da, wo es um Szenen geht wie der zwischen Danton und der „Grisette“ Marion in einer krampfhaft dargestellten Erotik.

Ansonsten kommt die Inszenierung dieses rollenreichen Stückes mit gerade mal einem halben Dutzend Schauspielern aus. Stephanie Leue als Danton, hier anfangs nur ein stummer Beobachter mit krauser Stirn, Ulrike Arnold als Robespierre hellblau adrett in Gehrock und zwischen erschreckender Liebenswürdigkeit oder buchstabengetreuem Terror, Sasha Weis als Desmoulins in einer anrührenden Schlussszene bestimmen die Aufführung, in der ansonsten die Frauen fehlen: Dantons Frau Julie („Es ist so hübsch, Abschied zu nehmen“) und Desmoulins Gattin Lucile.

Trotzdem ist Dantons Tod erschreckenderweise ein Stück, das auch ins Heute passt, zumal in der Stadt der Nürnberger Prozesse und der Abrechnung mit dem Terror.
Irgendwie spielen die beiden Protagonisten manchmal die Rollen von Trump und Putin und die Lyrik des Abschieds wird zur persönlichen Betroffenheit, wenn das Laufband sie alle zum Schafott bringt. An den „Lufthauch der Freiheit“ durch den Opfertod der Revolutionäre glaubt Regisseur Riemenschneider offenbar sowieso nicht und erfindet fünf in uniformes Feldgrau gekleidete Kinder für die Schlussszene: Soll deren Aufmarsch die neue Freiheit sein? (Uwe Mitsching)
 

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