Kultur

Auf der Bühne steht Liedermacher Fredl Fesl seit vielen Jahren nicht mehr. Seine Parkinson-Erkrankung lässt das nicht mehr zu. Zu den Großen seiner Zunft zählt er nach wie vor, denn seine urkomischen Lieder und Jodelparodien sind unvergessen. Nun wird Fredl Fesl 75. (Foto: dpa/Matthias Balk)

06.07.2022

Freude und ein bisschen Wehmut

Liedermacher Fredl Fesl wird 75

Fredl Fesl lässt sich nicht unterkriegen. Der Liedermacher und Kabarettist kämpft seit 25 Jahren mit den Folgen seiner Parkinson-Erkrankung. Der Körper funktioniert nicht mehr so, wie es der Kopf gerne hätte. Deswegen ist er schon 2006 unfreiwillig in den Ruhestand gegangen. Am Donnerstag (7. Juli) wird Fredl Fesl 75. Die Zahl sei für ihn eine Zahl wie jede andere auch, sagt er der Deutschen Presse-Agentur im Interview. Der Geburtstag sei aber kein Tag wie jeder andere, schließlich werde gefeiert.

Seit vielen Jahren lebt Fesl mit seiner Frau Monika auf einem Einödhof in Pleiskirchen im oberbayerischen Landkreis Altötting, zusammen mit einem betagten Hund und einem erst wenige Monate alten Kätzchen. Als der Fotograf zu Besuch kommt, sitzt das Ehepaar Fesl noch am Frühstückstisch. Jeder Handgriff kostet den Musiker Mühe. Beim Gehen stützt er sich bisweilen zur Sicherheit auf einen Rollator. Das Interview führt Fesl lieber schriftlich per Mail, da hat er mehr Ruhe, um die Antworten zu formulieren.

"Es ist schon sehr hart, in all seinen Fähigkeiten und Dingen, die man gern gemacht hat, durch die Krankheit so eingeschränkt zu werden", schreibt Fesl. Das betreffe aber nicht speziell die Bühnenauftritte und das Musikmachen, sondern alles andere auch. Das Fischen, Darten und Schwammerlsuchen zum Beispiel.

Im Liegestuhl auf der Terrasse

Er sei froh, jeden Tag aufstehen und sich mit dem Rollator im und um das Haus bewegen zu können. Bei den sommerlichen Temperaturen verbringt er gerne Zeit im Liegestuhl auf der Terrasse. Gerade während der Anfangszeit der Corona-Pandemie, als die Virusvarianten noch sehr bedrohlich gewesen seien, habe er es als Privileg empfunden, auf einem abgelegenen Bauernhof zu leben.
Für Freude und Abwechslung sorgen Besuche, insbesondere seiner Tochter und der beiden Enkel. Zum Geburtstag soll es gleich zwei Feste geben, einmal mit der Familie und einmal mit dem Freundeskreis.

Auch wenn Fredl Fesl musikalisch schon seit Langem nicht mehr aktiv sein kann, ist er dennoch bis heute ein Begriff - oder besser gesagt: Kult. Der Mann mit den nackenlangen Haaren, dem Vollbart und der Gitarre in der Hand war seit den 70er Jahren auf Kleinkunst- und Kabarettbühnen des Landes unterwegs und amüsierte die Zuschauer mit aberwitzigem, trockenem Humor, haarsträubenden Reimen und schrägen Jodlern. Allein bei seinen Hinführungen zum nächsten Lied bog sich das Publikum vor Lachen.

Unvergessen: der "Königsjodler", das Lied vom "Ritter Hadubrand", das "Fußball-Lied" mit der Textzeile "Für Geld, da kann man alles kaufen, auch Leute, die dem Ball nachlaufen" und das "Taxilied", das eine nächtliche Taxi-Irrfahrt kreuz und quer durch München karikiert. Für sein musikalisches Wirken ist er vielfach ausgezeichnet worden.

"Er hat herg'haut und ich hab' zurückg'haut"

Geboren wurde Fredl Fesl im niederbayerischen Grafenau im Bayerischen Wald, wo er auch die ersten Jahre seiner Kindheit verbrachte, ehe seine Familie nach Greding in Mittelfranken umzog. Mit zwölf Jahren kam er schließlich nach München, wo er zweimal oberbayerischer Juniorenmeister im Gewichtheben wurde. Von der Schule flog er kurz vor dem Abschluss, weil er, wie er einmal im Bayerischen Rundfunk erzählte, einem Lehrer eine Ohrfeige verpasst hatte. "Er hat herg'haut und ich hab' zurückg'haut", kommentierte Fesl den Vorfall.

Im Wehrdienst als Gebirgsjäger in Mittenwald sah er wenig Sinn: Dort sei er vor allem durch "falsches Dreinsingen beim Marschieren oder durch Darbieten lustiger Lieder nach Dienstschluss" aufgefallen. Aufgrund seiner eigenen Erfahrung sieht er die aktuelle Debatte um ein soziales Jahr zwiegespalten. "Denn ich persönlich bin nicht begeistert davon, wenn man etwas machen muss." Aber mit Blick auf den Pflegenotstand, "wäre es sehr hilfreich, wenn sich möglichst viele junge Menschen zu einem freiwilligen Sozialjahr entscheiden könnten".

Fesl machte eine Ausbildung zum Schmied und trat nebenher auf Kleinkunstbühnen auf. Schließlich machte er die Musik zum Beruf, 1976 nahm er seine erste Platte auf.

Er würde alles wieder so machen, sagt er rückblickend. Er denke mit ein bisschen Wehmut an die damalige Zeit zurück, in der er unbeschwert mit der Gitarre in der einen Hand und einer Maß Bier in der anderen auf die Bühne gegangen sei und mit dem Publikum einen lustigen, unterhaltsamen Abend verbracht habe. Denn genau darum sei es ihm gegangen: die Leute zum Lachen zu bringen. "Wenn man einen Abend mal so richtig abschaltet, kann man vielleicht am nächsten Tag die Alltagsprobleme besser angehen."
(Ute Wessels und Matthias Balk, dpa)

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