Kultur

Thao Nguyen Phan ist eine der Künstlerinnen, die gerade in der Galerie Zink in Waldkirchen ausstellen. (Foto: Galerie Zink/Benjakon)

01.09.2025

Geschichten ohne Worte

Vier Künstler arbeiten bei der Ausstellung „Tales without Time. Poetry of Storytelling“ in Waldkirchen den Postkolonialismus auf

Man sieht alte, von den spanischen Eroberern verfasste Bücher über Südamerika und seine Indios auseinandergerissen, die Seiten mit Schlamm und Erde bis zur Unkenntlichkeit beschmiert, Papierröllchen daraus gemacht, die dann an Bildern aus Metall- und bunten Baumwollfäden hängen – und fragt sich unwillkürlich: Befindet man sich in einem Archiv oder in einer Galerie?

Die Antwort lautet: eigentlich in beidem. Michael Zinks Ausstellung im oberpfälzischen Waldkirchen und auf der Jurahöhe zwischen Nürnberg und Regensburg hat vier Künstlerinnen und Künstler zusammengeführt, die mit ihren Arbeiten das postkoloniale Erbe aufarbeiten: in Südamerika, in Indochina.

Und Camila Rodriguez Triana aus Kolumbien und mit einem Atelier in Paris ist es, die mit einer großen Bodeninstallation aus den Büchern der Konquistadoren eine Art Dächerlandschaft geformt hat. Sie sieht darin und in den Bildern ihrer Serie Secretos de Los Andes Zinks Thema am deutlichsten umgesetzt: Tales without Time. Poetry of Storytelling.

Viel Zeit nehmen

Besser, man nimmt sich viel Zeit für einen Besuch dieser Geschichtenerzähler-Ausstellung. Da gibt es viel zu entschlüsseln aus dem Erbe von Schmerz, Gewalt und Unterwerfung der Ethnien, aus denen die vier Künstler stammen. Und die Künstler arbeiten „in der Hoffnung, der nächsten Generation eine menschlichere Welt zu hinterlassen“: Da werden postkoloniale Motive ausgelöscht, die alten präkolumbianischen Geschichten sowieso und so vieles, das ohnehin falsch verstanden wurde.

Die Künstlerinnen und Künstler verwenden die verschiedensten Mittel dazu: auch Videos wie von Thao Nguyen Phan (geboren 1987 in Vietnam), die in ihren filmischen Sequenzen Realität und Fiktion verbindet, durchaus keine ambitionierte Kulturfilmerin sein will, sondern eine Verbindung von Geschichte und veränderter Gegenwart herstellt. Allein die Auswahl der Motive ist ein bewusster künstlerischer Prozess, in dem sich das Land der Künstlerin spiegeln soll. Palm-of-the-Hand Moving Image heißen ihre experimentellen Videos mit der Verbindung aus ethnologischer Bestandsaufnahme und emotionaler Ausdruckskraft – ein Geschichtenerzählen, das dem Betrachter ein genaues Hinschauen abverlangt. Bei der Biennale in Venedig oder Ausstellungen in der Tate-Dependance von St. Ives (Cornwall), zurzeit in Paris, hat Phan ihre Arbeiten gezeigt, die so poetische Titel wie Monsoon Melody tragen.

3 mal 4 Meter großes Traumbild

Mit Rosilene Luduvico wechselt Zinks Ausstellung wieder nach Südamerika. Sie lebt wahlweise in Düsseldorf und in Brasilien, jetzt in Waldkirchen stellt sie ihre blassen Märchen aus. Es sind kleine, zurückhaltende Formate. In denkbarem Gegensatz dazu steht das 3 mal 4 Meter große Traumbild, das in zarten Pastelltönen die Folklore, die Flora und die Märchensymbolik ihrer Heimat miteinander verbindet: zu einer poetischen Landschaft, die ganz sanft Widerstand gegen die egalisierende Welt im Zeitalter der Globalisierung auf die Leinwand bringt.

Seine Reihe gleich großer Bilder ergänzt Truong Cong Tung jedes Mal, wenn er Bilder verkauft. So bekommt seine aus 20 Bildern bestehende zyklische Erzählung keine Lücke. Sie passt zum Thema der Ausstellung mit ihrem Titel As Time passes through shadows ganz besonders gut. Und erzählt in den Schichten von Tungs Bildern ihre Geschichten: beginnend auf einer Terrakotta-Basis, dann mit Lack-Reliefs, schließlich mit Termitenflügeln, regengetränkten Blütenblättern und Asche, das alles in Harz konserviert und mit Hand geschliffen.

Das erzählt dann auch vom Farbempfinden in Tungs vietnamesischer Heimat, von der sich wandelnden Ökologie und Mythologie. An solche Oberflächen tritt man am besten ganz nahe heran, um die Begegnung mit dem leuchtenden Jadegrün nicht zu verpassen. (Uwe Mitsching)
Bis 21. September, Galerie Zink, Waldkirchen 2, 92358 Seubersdorf. Sonntags 14.30 bis 18 Uhr. Weitere Infos unter 08460/ 9010925.

www.galerie-zink.com/de/ausstellungen/aktuell
 

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