Kultur

In jüngerer Zeit hat sich der Fotograf mit digitaler Fotografie und den Möglichkeiten der Computeranimationen beschäftigt, so wie hier in dem Motiv "Mojave-Wüste mit David" (USA 2014). (Foto/Detail: Michael Jostmeier)

17.05.2024

Hartnäckig auf der Pirsch

Das Kunstkulturquartier Nürnberg feiert das fotografische Schaffen des Design-Professors Michael Jostmeier

Traditionell verbindet man Nürnberg mit Albrecht Dürer und Wagners Meistersingern. Weniger bekannt ist, dass die Stadt der weltberühmten Feldhasen und Schusterpoeten auch über ein stattliches Fotomuseum verfügt. Das Kunsthaus im Kulturquartier beim Hauptbahnhof hat sich unter der Leitung von Matthias Dachwald zu einem bemerkenswerten Ausstellungsraum für internationale Gegenwartskunst mit dem glasklaren Fokus auf Fotografie entwickelt. Nirgendwo sonst in Nürnberg wird den Meistern hinter dem Auslöser an der Pegnitz wohl mehr gehuldigt.

Zurück in Kindertage

Derzeit hat das Museum dem Nürnberger Design-Professor Michael Jostmeier den roten Teppich ausgelegt: Unterwegs 1956 – 2023 ist die Schau überschrieben. Im ersten Ausstellungsraum öffnet der 1956 geborene Jostmeier sein privates Familienalbum und führt damit zurück in die eigene Kindheit. Während des Wirtschaftswunders hatte Vater Heinrich im Ruhrgebiet häufig genau im richtigen Moment auf den Auslöser gedrückt und beispielsweise die herumtollende Kinderschar zwischen Autobahnen und Feldwegen im Kleingarten bei der wohlverdienten Gießkannendusche abgelichtet. Michael hatte erst nach dem Tod des Vaters die Aufnahmen entdeckt und die gekonnten Schnappschüsse des gelernten Schlossers sogar ins bekannte Museum Folkwang nach Essen gebracht.

Mit Johannes Rau fing es an

Zur Fotografie sei er selbst allerdings nicht über den Vater, sondern über einen Freund gekommen, berichtet Jostmeier in einem Videointerview im Rahmen der Ausstellung. In Inge Oswald fand der junge Jostmeier nicht nur eine wunderbare Professorin, sondern auch eine großartige Mentorin. Selbst nach der Uni, als Jostmeier längst für Agenturen um die Welt reiste, hat der Schüler seine Lehrerin auf ihrem exotischen Landsitz in Ecuador standesgemäß mit der legendären Großbildkamera von Linhof im Reisegepäck besucht.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Jostmeier schon als Pressefotograf einen Namen gemacht. Wobei wieder die Uni dem Zufall auf die Sprünge geholfen hat. Für eine Semesterarbeit musste Jostmeier ein aktuelles Ereignis fotografisch festhalten. Er entschied sich für Johannes Rau und heftete sich in seiner grünen „Ente“ dem Politiker hartnäckig an die Fersen. Die Chemie scheint wie im Fixierbad in der Dunkelkammer sofort gestimmt zu haben: Zwischen dem jungen Studenten hinter dem Objektiv und dem Politiker im Fond der Staatskarosse entwickelte sich eine Freundschaft, die sich auf den Fotos zwischen Skatrunde und Zugabteil widerspiegelt. Im königlichen Bayern wäre Jostmeier wohl zum Hoffotografen ernannt worden. Im sozialdemokratischen Ruhrpott durfte der Lichtbildner den Leitwolf als „Zuckerl“ auch während der wichtigen Wahlkämpfe mit der Kamera begleiten.Durch dieses Entree als Visitenkarte lernte Jostmeier später auch andere Spitzenpolitiker wie Willy Brandt, Helmut Kohl, Helmut Schmidt und Franz Josef Strauß kennen. Mit diesen Berufserfolgen im Rücken wurde Jostmeier in den 1980er- und 1990er-Jahren in der ganzen Welt für Fotojobs gebucht. Häufig war er als Bildreporter in New York unterwegs.

Zurück in Deutschland folgte er dem Ruf aus Nürnberg an die Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm. Dort setzte er sich an die Spitze der Verknüpfung von Computergrafik und Fotografie. Auch dieses Kapitel im Schaffen des Bildkünstlers reflektiert die Ausstellung im Kunsthaus und zeigt neben Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus der Nachkriegszeit die futuristischen Bildwelten aus der Rechenmaschine, die gerade aufgrund der fehlenden Authentizität eine überzeugende Bildsprache entfalten können. (Nikolas Pelke)

Information: Bis 23. Juni. Kunsthaus im Kunstkulturquartier, Königstraße 93, 90402 Nürnberg. www.kunstkulturquartier.de

 

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