Kultur

Szene aus "Alles kein Wunder". (Foto: A. Riedel)

07.08.2020

Kleine Blicke in die Geschichte

„Alles kein Wunder“ im Freilandtheater Bad Windsheim

Planungssicherheit war bei der aktuellen Produktion des Bad Windsheimer Freilandtheaters Alles kein Wunder lange ein Fremdwort. Corona hat eine endgültige Fassung erst wenige Wochen vor dem Premierentermin überhaupt in den Blick rücken lassen. Dass dann doch gespielt werden konnte, war dem Einfallsreichtum und der enormen Flexibilität des künstlerischen Leiters Christian Laubert sowie seinem Ensemble zu verdanken.

Aus der großen Tribüne mit festem Spielort wurde ein Spaziergang durch das Museumsgelände, frei nach dem Vorbild des Winterwandeltheaters. Hygieneregeln inbegriffen. Einen durchgehenden Handlungsstrang gab es nicht wirklich, sondern viele kleine Blicke in die Geschichte des fränkischen Dorfs Schaffenrath, die sich mosaikartig dann doch zu einem größeren Bild zusammenfügten.

Mehrere, in diesem Jahr kleinere Besuchergruppen als sonst, wanderten nacheinander von Szene zu Szene, gefasst in Momentaufnahmen aus dem Leben eines Ortes und seiner Bewohner. Zunächst eine Bestandsaufnahme der Zuschauerbefindlichkeiten, um die jeweils optimale Version zu servieren.

Im Abendschein der Sonne geht es zur Kapelle, zum Weinberg, wo zwei Mädchen einem größeren Jungen das Fahrradfahren lernen, ins „Zuchthaus der Hygiene“, gemeint ein Sanatorium, wo sich Assoziationen zu Thomas Manns Zauberberg aufdrängen oder neben anderem zur Gräfin, die den Verkauf ihres Anwesens mit allen Mitteln zu verschleppen versucht. List, Tücke und die eine oder andere intrigante Lüge mischen dabei mit, was dem Ganzen vielfach eine humorige Note und mit Sketchcharakter daher kommt. Etwa, wenn zwei Freunde, die in der Statur an das dänische Komikerduo Pat & Patachon erinnern, weniger die Tiere in ihrem Jagdrevier im Blick haben, sondern einer begehrten Dame mit dem Fernglas auf den Pelz rücken.

Laubert, von dem die Texte stammen, lässt sein Ensemble, das überwiegend aus Amateuren besteht, bei denen auch die jugendlichen Spieler beachtenswert agieren, aber nicht nur in der Witzkurve rotieren, sondern schlägt durchaus ernste Töne an, etwa wenn die beginnende Demenz zwei Anglerfreunde in Nöte bringt.

Christian Laubert, bei der Regie unterstützt von Rolf Kindler, Franziska Kuen sowie Levent Özdil, blättert einen bunten Bilderbogen auf, der die Szenenminiaturen von der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bis in die 1980er-Jahre führt. Eine derartige Aneinanderreihung von Bildern läuft schnell Gefahr zu zerfleddern. Laubert weiß das aber zu verhindern. Horst Faigle hat dazu ein Lied geschrieben, das die Besucher durch den Abend begleitet.

Damit die Geschichten Zeitkolorit bekommen, dekliniert er die musikalische Vorlage stilistisch von den zwanziger Jahren, à la Max Raabe, über die Neue deutsche Welle, Rockmusik bis hin zum Punk, untermauert durch die zeitgemäßen Kostüme der Protagonisten (Marette Oppenberg).

Fehlen darf am Ende auch das traditionelle Ensemblelied nicht. Live kann es wegen der Corona-Regeln nicht stattfinden, also vertraut Laubert auf die Kraft vieler kleiner Videosequenzen, die wie ein musikalisches Puzzle dennoch ein respektables Finale ermöglichen. (Elke Walter)

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