Kultur

Eine Installation mit Buchstaben, die einem konkreten Text entnommen wurden: Detail aus Letters to Milena, Franz Kafka. (Foto: Generali Foundation, Altrofotostudio/Uwe Moosburger

02.08.2024

Kreativer Widerstandsgeist

Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg zeigt Ewa Partums kritisch-feministische Arbeiten

Opposition als Position, Widerstand als Keilriemen des künstlerischen Schaffens, kreative Kritik als Weg des Wahrnehmens und Wahrgenommenwerdens: Der Satz „Nothing Stops the Idea of Art“, der auf einer Fußmatte am Entree zur Ausstellung im Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg steht, könnte ziemlich gut hinkommen, wenn man ein Schlagwort für die Arbeit von Ewa Partum finden will: Die Botschaften von Kunst sind unaufhaltbar.

Das Tun der polnischen Künstlerin (1945 geboren) hat einen grundsätzlich widerständischen Impetus. Schon als sie 1971 in der Stadt Lodz im öffentlichen Raum wirkliche und erfundene, zum Teil absurde Verkehrsschilder vermischte, und das vor den Augen der begriffsstutzigen Polizei, zeugte das vom anarchischen Kern ihrer Kunst: Auf den Schildern las man Kernbotschaften wie „Verbieten verboten!“

Partums Werke stehen für kritische Kunst, auch feministische Kunst, oft unter Einsatz des eigenen – nackten – Körpers. Dieser glich, gleich nach ihrer Übersiedlung nach Westberlin im Jahr 1984 infolge der zunehmenden Repression in Polen, einem kreatürlichen, verletzlichen Zustandsanzeiger direkt an der Berliner Mauer: Man sieht die Buchstaben O und W für Ost und West in der Hand – eine dokumentarische Fotofolge, auf der der Schatten ihres Körpers ungehindert von Osten nach Westen zog. Ewa Partum versetzt sich mit ihrem Körper in einen bestimmten Kontext, der aus sich heraus dann wiederum als Subjekt von gesellschaftlichen Missständen erzählt. Oft geht es der Künstlerin in ihren Aktionen um die Stellung der Frau in der Gesellschaft, etwa um das Einfügen in Rolle und Funktion, um das Aktiv und Passiv.

Die Ausstellung in Regensburg trägt den Titel My touch is a touch of a woman und handelt in der Tat von weiblicher Kunst. Derlei Aktionskunst und die Performances sind von Natur aus wie ein Theaterstück nicht für die Ewigkeit gemacht; in der Ausstellung finden sie ihren Niederschlag deshalb in Fotografien, Filmen, Texten, Statements und den übrig gebliebenen Objekten. Alles zusammen ergibt gleichsam ein Bühnenbild, auf dem man sich als Betrachter*in selbst die Leerstelle mit einer Erzählung füllen kann.

Konkrete Poesie

Ein mit Schlittschuhen zerhackter Spiegel, ein Haufen Haare auf einem Plattenspieler, eine Haarschere: Das alles entspricht sozusagen Kapiteln im Buch einer Künstlerinnenbiografie. Kunstschaffende aus dem Osten haben eine gemeinsame Erfahrung mit dem real existierenden Kommunismus, weshalb sich manche der Sprache und Schrift jenseits eines klar erkennbaren, festlegbaren und angreifbaren Inhalts nähern. Da bedient man sich dann etwa der konkreten Poesie. Ewa Par-tum arbeitet viel mit Buchstaben, entnimmt sie einem konkreten Kontext, den sie derart sinnlich neu erfahrbar macht. In der Ausstellung hängen beispielsweise 3178 Buchstaben von der Decke, die zusammen eine Passage aus Franz Kafkas Briefen an die Prager Journalistin Milena Jesenská ergeben. Es hagelt Buchstaben, und man kann unter ihnen umherspazieren wie unter Blättern im Literatur-Wald. So, wie man eben durch die Künstlerinnenbiografie wandern kann in einer Ausstellung rund um die Arbeiten der diesjährigen Lovis Corinth-Preisträgerin. (Christian Muggenthaler)

Information: Bis 8. September. Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Dr.-Johann-Maier-Str. 5, 93049 Regensburg. www.kunstforum.net

 

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