Kultur

Stücke im Mittelalterambiente: Johann Anzenberger spielt Sherlock Holmes. (Foto: Kreuzgangspiele Feuchtwangen/Nicole Brühl)

18.07.2025

Kreuzgangfestspiele Feuchtwagen: Mittelalter wird lebendig

Beliebte Tradition: die Kreuzgangspiele Feuchtwangen

Für ein Stück, das in London spielt, hätte es in Feuchtwangen ruhig ein bisschen nieseln können. Aber die Kreuzgangspiele haben den Sommer gepachtet, und Schirme gibt es nur auf der Bühne: als Kutschenräder einer verwegenen Verfolgungfahrt. Das ist dann der szenische Höhepunkt von Sherlock Holmes – ein Skandal bei Mittelfrankens Traditionsfestival mitten im Mittelalterambiente.
Das ist (auch mit Jane Austens Stolz und Vorurteil als parallelem Angebot) immer wieder eine Attraktion, sogar unter der Woche nahezu ausverkauft, sogar bei einem Krimi, den Regisseur Lennart Matthiesen aus einer Kurzgeschichte von Arthur Conan Doyle (Ein Skandal in Böhmen) zur Bühnenklamotte umgearbeitet hat.

Der König von Böhmen ist auf der Jagd nach einem kompromittierenden Foto, das ihn mit einer englischen Operndiva zeigt. Ist eigens und inkognito nach London gekommen, hat den Meisterdetektiv engagiert, der sich auch in die Sängerin verliebt, natürlich das Foto findet und den Fall zusammen mit Dr. Watson einem humanen Ende zuführt: Holmes als Philosoph. Sein Mandant ist ein fieser royalistischer Autokrat, die Sängerin schießt als Me-too-Revoluzzerin daneben, es gibt bei diesem englischen Phantom in der Oper einen großen Showdown.

Ein Holmes abseits vom Klischee

Herrlich, wie als Karaokeglanzstück Michael Grötzsch Rigoletto singt, es gibt als historisches Szenenzitat den Schuss in die Loge wie bei Abe Lincoln und schließlich den verliebten Holmes auf den Knien: „è morta“ – nicht Gilda, sondern seine Irene. Ein singender Ansager, ein Holmes (Johann Anzenberger) ganz abseits vom Klischee und in kaum verfolgbarem Sprechtempo, falsches Briefpapier aus Deutschland und der Running Gag einer Tür ohne Rahmen, aber mit heftigem Knarren – Lennart Matthiesen wusste, dass er sich für diesen eher drögen Stoff allerlei einfallen lassen muss, und fordert dem Kreuzgang-Ensemble eine Menge Tempo ab: für den Londoner Kutschverkehr, für den hurtigen Umbau des chaotischen Bühnenbilds (Werner Brenner) vom Pferdestall bis zur Hochzeitskirche.

Die Garderobiere hat viel zu tun und verhilft Holmes zu immer neuen Verkleidungen vom Straßenstrizzi bis zum Pfarrer, es gibt perfekt choreografierte Schlägereien wie im Western-Saloon oder griffige Allerweltsweisheiten wie „Die Männerwelt ist ein Minenfeld“.

Auch wenn das Stück in Londons Stadtteil St. John’s Wood spielt, begegnet man in der Aufführung allerhand Zitaten aus dem Wilden Westen oder der Pariser Oper. Schauspieler und Schauspielerinnen wie Jaes Gärtner als Dienstmädchen machen aus ihrer Nebenrolle Kabinettstückchen und verdienen sich Szenenapplaus. Aber den verdient sich das ganze Ensemble mit diesem atemberaubenden Kutschenrennen über den Kreuzgang und einer perfekten Pantomime-Schau, die allein schon die fast zwei Stunden im Kreuzgang wert ist. (Uwe Mitsching)
 

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