Kultur

Die blinde Iolanta (Mirjam Mesak) spielt mit Puppen, vor dem Orchester Anna El-Khashem als übergroße Puppe Parascha in der Parallelgeschichte „Mavra“. (Foto: Winfried Hösl)

18.04.2019

Rauschhaft sinnlich

Das Münchner Opernstudio hat die Einakter „Iolanta“ und „Mavra“ zu einem schlüssigen Märchen verschmolzen

Das Opernstudio ist das Beste an der Bayerischen Staatsoper. Ob Werkauswahl, Regie, Gesang oder Darstellung: Hier stimmt alles. So auch bei der diesjährigen Produktion der Nachwuchsschmiede. Hierzu hat Axel Ranisch, auch bekannt als Tatort-Regisseur, die zwei seltenen Einakter Iolanta von Peter Tschaikowsky sowie Mavra von Igor Strawinsky zu einem schlüssigen Märchen vereint.

Alles dreht sich um die blinde Prinzessin Iolanta (Mirjam Mesak), die von ihrem Vater, König René (Markus Suihkonen), vor der Welt versteckt wird. Er möchte nicht, dass seine Tochter ihre Blindheit versteht. Iolanta wird vom Soldaten Bertrand (Oleg Da-vydov) und dessen Frau Marta (Noa Beinart) betreut. Für Iolanta bleibt nur die Flucht in eine Puppenwelt, nämlich: Strawinskys Mavra. Dort bilden Parascha (Anna El-Khashem) und der Husar Wassili (Freddie De Tommaso) ein Liebespaar.

Im Spiel mit diesen Puppen entdeckt Iolanta ihre eigene Sexualität. Gleichzeitig befreit sich in dieser Puppenwelt Parascha von ihrer strengen Mutter (Noa Beinart). Um Parascha besuchen zu können, gibt sich Wassili als Köchin Mavra aus. Selbst die neugierige Nachbarin (Natalia Kutateladze) bemerkt nichts – jedenfalls zunächst.

Für Iolanta beginnt der echte Zauber des Lebens, als Vaudémont (Long Long) in ihr Versteck eindringt – zufällig, mit seinem Freund Robert (Boris Pr(´y)gl). Vaudémont verliebt sich in Iolanta, entdeckt ihre Blindheit und verspricht ewige Treue. Bis zum großen Finale soll überdies Iolanta vom Arzt Ibn-Hakia (Oulcan Yilmaz) geheilt werden. Dazu verlangt der Arzt, dass Iolanta von ihrer Blindheit erfährt – weil erst der eiserne Wille die notwendigen Gegenkräfte freisetze.

Der König hat jedoch angeordnet, dass alle hingerichtet werden, die seiner Tochter von ihrer Blindheit berichten. Die alte Patriarchin, eine stumme Rolle im Rollstuhl, wacht streng über diese Regel. Als Vaudémont entdeckt wird, kommt auch heraus, dass er Iolanta aufgeklärt hat. Es droht seine Hinrichtung. Um ihn zu retten, behauptet Iolanta, dass sie geheilt sei. Vaudémont bemerkt die Täuschung, ist gerührt und blendet sich selbst.

Es ist genial, wie Ranisch beide Opern zu einer kohärenten Geschichte vereint. Dabei helfen ihm die kluge, phantastische Bühne und die Ausstattung von Falko Herold. Wenn der Einakter Mavra dazwischenfunkt, ist man inmitten der Kinderzimmerwelt von Iolanta. Die übergroßen Puppen mit riesigen Köpfen erinnern an Claus Guth oder Achim Freyer. In den Mavra-Partien spielt Iolanta stumm mit kleineren Puppen. Das Puppenpaar ähnelt wiederum Iolanta und Vaudémont. Im Finale fallen die Masken, die Welten vereinen sich. Das Puppenpaar entkleidet sich, um Iolanta und Vaudémont ihre Puppenköpfe zu überreichen – damit sie sich sehen können. Alles ist rauschhaft sinnlich.

Für die notwendige Dramaturgie sorgt auch das agile Dirigat von Alevtina Ioffe. Diese großartige Produktion bietet gleich zwei veritable Traumpaare der Oper: Mirjam Mesaks Iolanta und Long Longs Vaudémont sowie Anna El-Khashems Parascha und Freddie De Tommasos Wassili. Sie verweisen Jonas Kaufmann und Anja Harteros ins Gestern. Hier spielt das Heute – hinreißend, zauberhaft, bravo! (Marco Frei)

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