Kultur

Noch wird Hand an die Glyptothek gelegt, doch Ende Januar will man ihre Wiedereröffnung feiern. (Foto: STMB)

27.11.2020

Rausgeputztes „Kronprinzenhäusel“

Sanierung der Münchner Glyptothek: Ende Januar soll das Museum, das Ludwig I. als Schauplatz für antike Götter und Heroen errichten ließ, wieder eröffnet werden

Der älteste Museumsbau in München, ein Highlight im Kunstareal, ein Stück bahnbrechender historischer Museumsarchitektur, die Heimat weltbekannter Skulpturenkunst – jede Menge Superlative fielen Kunstminister Bernd Sibler ein, als er dieser Tage die Wiederherstellung der Glyptothek am Königsplatz nach Abschluss der Sanierung feierte. Bauministerin Kerstin Schreyer stimmte in den Hymnus ein: „Nach der Sanierung strahlt der südliche Portikus wieder wie ein antiker griechischer Tempel. Die Staatsbauverwaltung setzt mit dem raschen Fortschritt ein Zeichen für Kunst und Kultur, das Mut macht – gerade in Zeiten von Corona.“

Begeistert von den napoleonisch-bayrischen Siegen, dachten zunächst Bayerns erster König, Max I. Joseph, und sein Feldherr Wrede an ein Armeedenkmal; doch die Kuppelhallen, die Hofarchitekt Karl von Fischer und Stadtbaurat Ulrich Himbsel für den seit 1808 sogenannten Königsplatz entwarfen, wären zu teuer geworden.

Schließlich wünschte sich Kronprinz Ludwig auf diesem Platz eine Herberge für Werke der Bildhauerkunst, „was zu Rom museo heißt“. Ludwig ließ dafür in Rom und Athen „das schönste Kaufbare“ aus seiner „Civil-Schatulle“ erwerben. Und bald darauf holte der Kunstfreund aus Rom eine Gruppe von deutschen Malern, die sich Nazarener nannten, samt ihrem Meister Peter von Cornelius. Sie sollten die Säle schmücken, die so hoch waren, dass darin auch kolossale Statuen stehen konnten. Bei Fackellicht wollte Ludwig dort Empfänge geben.

Als „Kleptothek“ verspottet

Die Bürger Münchens freilich belächelten das auf der grünen Wiese wachsende Bauwerk, das der „Oberpolier“ aus der Residenz fast täglich inspizierte, als „närrisches Kronprinzenhäusel“ oder gar als „Kleptothek“. Den offiziellen Namen „Glyptothek“ hatte der Lehrer Philipp von Lichtentalher erfunden, der dem jungen Ludwig Altgriechisch und Latein beigebracht hatte.

Der Landtag errechnete für die Glyptothek eine Bausumme von drei Millionen Gulden – ein Zehntel der jährlichen Staatseinnahmen.

Am 13. Oktober 1830 stand „vollendet in sich, herrlich das griechische Werk“, wie der König feierlich dichtete, während sein römischer Einkäufer und Berater Martin von Wagner zur Eröffnung eher wenig Publikumsinteresse avisierte: „Den Meisten wird der Bierkrug noch immer lieber sein.“
100 Jahre nach der Eröffnung sollte sich erweisen, dass die Kritik nicht ganz abwegig war: Nachdem von den im Freien postierten Statuen mehrmals Körperteile abgebrochen waren und einige Altgriechen in die Staatsbibliothek verbracht werden mussten, stellten Mineralogen 1930 fest, dass „an sich wertvolle ... Marmorsorten den Ansprüchen unseres Klimas nicht gewachsen sind“.

Neubau zur Olympiade

1944 sank der bereits leer geräumte Tempel in Schutt und Asche. 1947 wurde mir der Rekonstruktion begonnen, doch erst zu den Olympischen Spielen 1972 war der Neubau fertig. Die von Josef Wiedemann neu entworfene Glyptothek bot nun ein modernes Bild: Nichts war geblieben von den Mosaikböden, den goldenen Kassettendecken und den Fresken des Cornelius. Vor kühlen Wänden aus geschlämmten Ziegeln standen die – laut Inschrift über dem Portal – „plastischen Denkmäler des Altertums“ ebenso kühl, nackt, nicht mehr in Nischen und an den Wänden wie einst, sondern „rhythmisch frei angeordnet“, locker in die Räume gestellt: wie zum Gespräch mit Besuchern einladend, fast surrealistisch.

Beim aktuellen Umbau und der Sanierung wurde vor allem der Portikus der Glyptothek mit der Säulenhalle restauriert. Die Treppe zum Haupteingang an der Südseite wurde zurückgebaut und nach griechischem Vorbild schmaler wiederhergestellt. Außerdem bekommt die Glyptothek einen barrierefreien Zugang über den historischen „Königseingang“ im Norden. Bis 2021 hofft man, abhängig von der Pandemie, Münchens ältestes Museum wieder eröffnen zu können. (Karl Stankiewitz)

Lesen Sie über Ludwig I. und Bertel Thorvaldsen in UNSER BAYERN
Die Wiedereröffnung der Glyptothek ist – so es Beschränkungen durch die Corona-Pandemie erlauben – für Januar 2021 geplant. Die Ausstellung "Bertel Thorvaldsen und Ludwig I. Der dänische Bildhauer im bayerischen Auftrag" soll zeitgleich eröffnet werden.

Lesen Sie in der Ausgabe Januar/Februar von UNSER BAYERN, der kunst- und kulturhistorischen BSZ-Beilage, von der Begeisterung Ludwigs I. für Thorvaldsen und was er alles anstellte, um an dessen Werke zu kommen. Der Beitrag ist reich illustriert: mit Abbildungen von Thorvaldsens Werken ebenso wie mit historischen Ansichten der Glyptothek.

UNSER BAYERN erscheint am 8. Januar 2021.

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