Kultur

Lena Boschs Gemälde "Frei nach Altdorfer". (Foto: Oliver Gilch)

21.01.2022

Refugium der Phantasie

Die Werkschau Lena Boschs im Regensburger Leeren Beutel begeistert durch ihr Spiel mit Bezügen

Im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg hängt ein berühmtes Bild des Regensburger Malers Albrecht Altdorfer. Es stammt aus dem Jahr 1518 und zeigt den Sieg Karls des Großen über die Awaren bei Regensburg. Es ist wie Altdorfers noch berühmtere Alexanderschlacht (Alte Pinakothek, München) ein geometrisch ausbalanciertes Schlachtengetümmel, ein militärischer Materialsog, der in einen noch größeren, kosmologischen Zusammenhang gestellt wird.

In Regensburgs Städtischer Galerie im Leeren Beutel ist nun eine Antwort der Gegenwart auf Altdorfer zu sehen: Lena Boschs Bild Frei nach Altdorfer. Die Betonung liegt auf „frei“ – und zwar von der eigentlich alles erdrücken könnenden großen Traditionslinie Altdorfers. Lena Bosch nimmt sich zwar die Freiheit von Farbe und Form – wahrt aber doch auch einen fernen Bezug zur geometrischen Grundstruktur des Vorbilds.

Ganz schön verzwickt

Dieses Ineinander von Freiheit und Bezugnehmen steckt in vielen der präsentierten Werke, die sehr oft collagenartig und in verschiedenen Konstellationen von Bild bis Installation daherkommen. Oft sind sie verstrickt und verzwickt – kein Wunder, dass auch eine Collage so heißt: ein ins Dreidimensionale drängendes, von einer Tafelbildfläche ausgehendes Werk, das eine Häuserzeile andeutet mit Wäsche, Schnur, Plakatresten. Auch andere Assoziationen sind möglich. Das Bild allein ist so vielschichtig wie die gesamte Werkschau (ab 1981), die wie ein langer, bunter Dokumentarfilm unterhaltsam, aufregend, vielsagend daherkommt. Es ist eben das Herstellen von Bezügen, das diese Schau so spannend macht. Lena Bosch baut Schichten von Zeiten und Inhalten auf, Schichten von Formen und Farben geraten durch-, in- und übereinander.

Die Peep Show etwa ist schlussendlich für Ausstellungsgäste verbotenes Terrain, weil man sie nur anschauen, aber nicht wirklich hineingehen kann. Hier ist ein Kreisel voller Assoziationen in Gang gesetzt: aus Pin-up-Bildern und roten, hochhackigen Schuhen bis zu vernehmlichen Stopp-Zeichen. Und um die scheint es zuvörderst zu gehen: Weil Blicke auf Frauen sehr häufig sofort übergriffige Blickrichtungen bekommen, haut die Künstlerin hier erst einmal Sperrvermerke drauf. Aber nicht als Blockade. Stattdessen gilt: Weiterdenken erlaubt.

Dom und Altdorfer

Nicht nur über Albrecht Altdorfer sind die Regensburg-Bezüge in dieser Ausstellung greifbar. In vielen Facetten regt sich beispielsweise die Auseinandersetzung mit dem Baukörper des Domes. Immer aber auch sind die Zusammenhänge größer, fundamentaler. In einem Kepler-Kabinett entstehen so etwa regelrechte Universen aus Sperrmüll. Schließlich machen es Menschen möglich, sogar aus dem Weltraum einen veritablen Schrottplatz zu machen. Und da ist er wieder: Altdorfers kosmologischer Bezug.

So geht das immer weiter: Kitschfiguren als Kinderspielzeug finden Platz auf einer Arche Noah. Lichtbilder treffen auf Figuren und erzeugen Schatten – Vielfalt eben auf zwei Stockwerken im Leeren Beutel, der zum Refugium – oder eine Ausbildungsstätte – für die Phantasie wird.(Christian Muggenthaler)

Information: Bis 27. Februar. Städtische Galerie Leerer Beutel, Bertoldstraße 9, 93047 Regensburg. Aktuelle Öffnungszeiten unter www.regensburg.de/kultur

 

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