Kultur

Die zierlichen Frauenschuhe aus Frankreich (um 1760/80) sind aus Seidendamast, Metallstickerei, Leder und Holz gefertigt. (Foto: Bayerisches Nationalmuseum/Bastian Krack)

20.07.2018

Savoir-vivre im Barock

Das Bayerische Nationalmuseum hat seine Abteilung mit Luxuriösem des 17. und 18. Jahrhunderts aufgepeppt

Im Bayerischen Nationalmuseum (München) wurde wieder einmal umgeräumt, nachdem der Westflügel des Museums generalsaniert ist. Die Abteilung Barock und Rokoko erstrahlt nun im wahrsten Sinne des Wortes in neuem Glanz. Doch wer denkt, er kenne die Exponate schon von früher, der wird gleich beim Eingang eines Besseren belehrt. So exquisit und vor allem in dieser Fülle waren die Kostbarkeiten noch nie präsentiert worden.
Es funkelt und glitzert in den neuen Vitrinen: vom täglichen Gebrauchsgegenstand in höfischen Kreisen bis zu Kunstkammerobjekten und liturgischen Geräten in Silber und Gold, aus Elfenbein, Bernstein, Porzellan, Glas, aus Seide oder Holz.  Viele Stücke sind frisch restauriert.

Der Fürst an der Drehbank

Alle aber zeigen Prunk und Lebenslust der höfischen Welt des 17., vor allem aber des 18. Jahrhunderts. Schon allein die Elfenbeinschnitzereien: Vor dem Aufkommen des Porzellans gehörten zur höfischen Repräsentation und in jede gute Kunstkammer Meisterwerke der Elfenbeinkunst. Selbst hochgeborene Fürsten stellten sich an die Drehbank und schufen kleine Meisterwerke aus dem begehrten Material. Bedeutend kunstvoller sind jedoch die Pretiosen von namhaften Künstlern wie Georg Petel oder Simon Troger.
Die Sammlung nachmittelalterlicher Elfenbeine des Bayerischen Nationalmuseums gehört zu den größten und bedeutendsten ihrer Art weltweit. Nicht weniger bedeutend ist die Sammlung von Porzellanen und Fayencen. Gezeigt wird eine schier unendliche Fülle: von den frühen Importwaren aus China über Stücke aus Meißen, wo es als Erstes gelang, das begehrte Material auch in Europa herzustellen, bis hin zu den Prachtstücken aus Frankenthal und Nymphenburg.
In den Vitrinen tanzen Octavio und Colombina – die komplette Commedia dell’Arte ist angetreten, neben all den anderen anmutigen Porzellanfiguren Franz Anton Bustellis. Prunkgeschirre und Schaugerichte aus täuschend echtem Obst und Tieren zierten die höfischen Tafeln. Kaffee, Tee und Schokolade, einst kostspielige Genussmittel, bedurften entsprechender Behältnisse.
Der Wein dagegen wurde aus funkelnden Bechern und aufwendig gestalteten Pokalen getrunken: Der Glasschnitt, die wohl schwierigste Veredelungstechnik, beherrschte die Glaskunst des Barock.
Daneben fehlten natürlich weder Silber noch Gold auf der höfischen Tafel. Nach dem Essen versammelten sich die Kavaliere und ihre Damen zum Kartenspiel, Schach, Dame- oder Tric-Trac-Spiel. Und natürlich waren die Spielsteine, Figuren und Spielbretter aus edelstem Material. Witzig ist, dass die Positionen der Schachfiguren auf den Brettern historisch bedeutende Partien nachstellen. Die Spieltischchen leiten über zur kleinen, aber äußerst feinen Möbelabteilung. Überhaupt ist die Präsentation nicht nur exquisit, sondern auch höchst abwechslungsreich. In der Abteilung „galante Mode“ sind die unterschiedlichsten Accessoires zu sehen, ihre aus der Mode gekommene Anwendung erklärt und durch Porträts und Porzellanfigürchen veranschaulicht. Sogar das Hofäffchen bekam ein fesches Seidenröckchen.
Die verschiedenen Musikinstrumente werden durch entsprechende Stiche, Noten, auch durch eine Tabatiere in Form eines Hammerflügels ergänzt.
Natürlich gehörte zum höfischen Leben auch die Jagd: mit und ohne Falken, mit aufwendig gestalteten Gewehren und Jagdutensilien.
Auf rund 1300 Quadratmetern werden in zwölf neu eingerichteten Sälen mehr als 1600 einzigartige Kostbarkeiten ausgestellt. Interaktive Medienstationen enthüllen verborgene Details ausgewählter Objekte und gewähren Einblicke in die Geschichte und Herstellung einzelner Kunstwerke.

Spendable Unterstützer

Die Sanierung der Räume sowie die anspruchsvolle Innenausstattung wurden durch den Freistaat Bayern finanziert, die Einrichtung des neuen der Jagd gewidmeten Saals durch Spenden der Bayerischen Staatsforsten und des Bayerischen Jagdverbands unterstützt und die Bauer’sche Barockstiftung hat – neben privaten Spendern – in den vergangenen Jahren großzügig zur Restaurierung umfassender Sammlungsbestände beigetragen. (Cornelia Oelwein)

Information: Bayerisches Nationalmuseum, Prinzregentenstraße 3, 80538 München. Di. bis So. 10-17 Uhr, Do. 10-20 Uhr.

Abbildung: Trinkfreuden wollten beim prunkvollen Tafeln richtig zelebriert werden: Der aufwendige Deckelhumpen (1698) zeigt das Porträt des Glasmalers und Organisten Johann Wolfgang Wanderer; die Bemalung stammt von Johannes Glaser aus Bischofsgrün im Fichtelgebirge. (Foto: Bayerisches Nationalmuseum/Bastian Krack)

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