Kultur

Vorbei ist's mit dem netten Kinderfreund: "Clown Malefique" von Marion Auburtin - hier ein Ausschnitt, die Gesamtansicht im Beitrag. (Foto: Auburtin)

13.05.2016

Schluss mit lustig

Eine Ausstellung in Erlangen über die Nachfahren der Hofnarren: Die Clowns sind böse geworden

Der Vorläufer des Clowns ist der Hofnarr, dessen Job die straffreie Majestätsbeleidigung an den mittelalterlichen Fürstenhöfen war. Hätte sich Jan Böhmermann bei seinem Schmähgedicht gegen den türkischen Staatspräsidenten Erdo(g)an eine Clownsmaske aufgesetzt, wäre seine „Majestätsbeleidigung“, wegen der er zum juristischen Abschuss freigegeben wurde, vielleicht im Sande verlaufen. Was der Satiriker, der sich hinter der Clownsmaske versteckt, alles darf, demonstriert eine Ausstellung im städtischen Kunstpalais Erlangen. Böse Clowns – reloaded zeigt den bis zur angstmachenden Fratze verzerrten Clown, wie er sich in der zeitgenössischen Kunst wie im Comic, in der Fotografie wie im Film und als Videos vor allem aber in den politischen Aktionen der Pop-Kultur dem wohlfeilen Mainstream der Macht widersetzt. Die Clowns-Armee, die sich als politische Demonstranten mit roter Papp-Nase der Phalanx der Polizei entgegenstellen, nimmt der staatlichen Gewalt viel eher den Wind aus den Segeln als die schwarzvermummten Autonomen, deren „Maskierung“ die Aggression geradezu provoziert. Die Vendetta-Maske der Occupy-Wallstreet-Bewegung, die 2011 gegen den internationalen Finanzkapitalismus weltweit auf die Straße ging, war das Signal von Polit-Clowns, die ihre Friedfertigkeit als clowneske Geste gleichsam im Gesicht trug. Die selbstgestrickten Sturm-Masken des papageienbunten Pussy-Riot-Kollektivs 2012 in Moskau waren keine Kampfansage gegen Putin, sondern machten seine Macht lächerlich.
Aber offenbar macht die „Coulrophobie“, die krankhafte Angst vor Clowns, die meist nur bei Kindern vorkommt, vor den Erdogans und Putins nicht halt, wie die Ausstellung belegt. Das Motiv des „Bösen Clowns“ hat längst auch Eingang in die Werbung gefunden, kommt auf Plakaten wie auf Produkt-Etiketten ebenso vor wie im Fernsehen und Werbespots. Den lustigen Spaßmachern von einst, die die Welt nicht ernst nahmen, ist der Spaß abhanden gekommen. Jetzt nimmt die Welt, die sie auf die Schippe nehmen wollten, die Killer-Clowns ernst und stellt sie nicht auf die Bühne und in die Zirkus-Arena, sondern vor Gericht. (Fridrich J. Bröder) Information: Bis 26. Juni. Kunstpalais, Palais Sutterheim, Marktplatz 1, 91054 Erlangen. Di. bis So. 10-18 Uhr, Mi. 10-20 Uhr. www.kunstpalais.de
Die Ausstellung ergänzt als Rahmenprogramm den Internationalen Comic-Salon in Erlangen vom 26. bis 29. Mai.

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll die Mehrwertsteuer in der Gastronomie gesenkt werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.