Kultur

Gina-Lisa Maiwald als Frühlingsfee. (Foto: Wilfried Hösl)

29.06.2018

Schneeflöckchen im Taschenbuch-Format

Eröffnung der Münchner Opernfestspiele mit „Zeig mir deine Wunder“

Im neuen Musiktheater gleichen sich gegenwärtig die Stile. Es geht weniger um Inhalte, sondern vielmehr um das Erproben der Mittel und das Erschließen von Spielorten. Genau dieser Eindruck stellte sich jetzt auch bei dem Projekt Zeig mir deine Wunder des Theaterkollektivs „Hauen und Stechen“ ein. Mit ihm wurden die Münchner Opernfestspiele eröffnet.

Dahinter verbirgt sich eine „Anti-Heilsgeschichte“ nach der Oper Snegurotschka von Nikolai Rimski-Korsakow. Für dieses Projekt im Rahmen der „Festspiel-Werkstatt“ wurde der Vierakter nach dem Schneeflöckchen-Märchen auf Taschenbuch-Format heruntergebrochen. Die Handlung sowie die Musik wurden gestrafft und modernisiert. Vom groß besetzten Orchester blieb lediglich ein Kammerensemble übrig.

Zeuge einer
wilden Dorfparty

Neu ist diese Idee nicht. So realisiert die Münchner „Stiftung zur Förderung von Kultur und Zivilisation“ seit Jahren „Opern in Taschenbuch-Format“. Beim Kammermusik-Festival „Festivo“ in Aschau im Chiemgau werden diese Projekte alljährlich im Sommer gezeigt. In Zeig mir deine Wunder wähnte man sich in einer Produktion, die auch zur „Münchener Biennale für neues Musiktheater“ passen würde. Oder zum einstigen „Opernhaus“ von David Marton der Münchner Kammerspiele unter Matthias Lilienthal.

Mit einer Prozession des Konzertchors der Schule für Chorkunst geht es los. Das wirkt wie eine Art russisch-orthodoxe Fronleichnamsprozession, bei der die Besucher in die Reithalle geführt werden. Hier wird man zunächst von Glühwürmchen empfangen, die sich lustvoll paaren. Bald schon sitzt man auf Bänken oder Baumstämmen, um Zeuge einer wilden Dorfparty zu werden. In diesem Ambiente wächst Schneeflöckchen (Anna El-Khashem) heran. Sie ist die Tochter von Väterchen Frost (Günter Schanzmann) und der Frühlingsfee (Gina-Lisa Maiwald). Doch Schneeflöckchen ist verflucht. Sie wird jäh schmelzen, sobald sie sich in einen Menschen verliebt.

Im Dorftreiben fällt ihr der Hirte Lel auf. Hier wird er von Andrej Lakisov gespielt, der zugleich ins Saxophon bläst. Auf Schneeflöckchen wirft hingegen der reiche Kaufmann Misgir (Thorbjørn Bjørnsson) ein Auge. Er ist eigentlich mit Kupawa (Angela Braun) verlobt. Kupawa ist erzürnt und sucht Rat beim Zaren (Long Long), was alles nur noch schlimmer macht. Am Ende schmilzt Schneeflöckchen und Misgir stürzt sich verzweifelt in den See.

Die Truppe von „Hauen und Stechen“ sieht hierin eine Verbindung zum Klimawandel, was allerdings nicht durchgeführt wird. Alles bleibt assoziativ, um zugleich arge Russland-Klischees zu bedienen. Auf dem Dorffest fließt reichlich Wodka und der Bojar Bermjata (Oleg Davydov) sieht wie Rasputin aus.
A

uch der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin kommt vor. Was fehlt, ist die Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl, obwohl dies die Zerstörung der Natur perfekt verdeutlicht hätte. Wie das alles zusammenhängt, erklärt sich nicht. Nach über drei Stunden bleibt man ratlos zurück. Auch das originelle Arrangement der Musik durch den dirigierenden Clemens Rynkowski und die einnehmenden Solisten konnten nicht verhindern, dass endlose Längen gähnten. Die Hälfte weniger wäre weitaus mehr gewesen. (Marco Frei)

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