Kultur

Die Eule der Minerva, also der Göttin der Weisheit, Klugheit und Taktik, wirft ihr Netz aus – oder ist sie darin gefangen? Eine der mehrdeutigen Inszenierungen aus Andreas Oehlerts Serie „Stagebeauties“. (Foto: Anette Kradisch)

26.02.2016

Schöner Schein des Glamour

Andreas Oehlert arrangiert seine minimalistischen Skulpturen wie auf einer Bühne

Der Bamberger Reiter verhüllt sein wahres Gesicht, das er aber gerade dadurch erst zeigt: Ein brauner Lehmklumpen ist dem kleinen Porzellan-Reiter, der dem Original aus dem Bamberger Dom nachgebildet ist, ins edle Antlitz geklatscht und verschandelt die hochgotische Plastik, die den Nazis als Inbegriff reinen Germanentums, als arische Lichtgestalt galt. In der Städtischen Kunstgalerie Fürth steht sie in der Ausstellung Liaison: Unter diesem Titel ist Andreas Oehlert eine kleine Retrospektive gewidmet. In der Region gilt der 1966 in Fürth geborene Künstler als einer der subtilsten seiner Zunft. Ein Objektkünstler, der sich als Maler dem Seriellen verschrieben hat und in großen Strukturen denkt. In der Fürther Ausstellung jedoch dominieren seine durchdachten minimalistischen Skulpturen mit ihrem oft verblüffenden Hintersinn. Denn da ist nicht nur der Bamberger Reiter in seiner ideologischen und buchstäblich gespiegelten Doppeldeutigkeit zu sehen, sondern auch das Porzellanfigürchen einer Primaballerina: Der hat Oehlert ein Puppenhäschen aufgesetzt und sie so zum Sexualobjekt eines „Bunny-Playmates“ gemacht. Wie eine Hommage an die große amerikanischen Künstlerin Louise Bourgeois und ihre textilen Skulpturen nimmt sich ein großes, titelloses Objekt aus, das man „Moderne Medusa“ betiteln könnte: Krakenartig winden sich aus einem stählernen Kubus kunstvoll gestrickte Wollschlangen heraus, schlängeln sich lüstern bis zum Boden und suggerieren in ihrem haptisch-farbenfrohen Zebra-Design das Haupt einer verführerischen Gorgone. Wenn dann noch ein schneeweißes Füchslein aus Porzellan mit phallusartig sinnlich aufgestellten Schweif an einem verführerisch herabhängenden, abgestreiften Nerz schnuppert, ist die erotische Sado-Maso-Assoziation mit Händen zu greifen. Womit sich des Künstlers Objekte tatsächlich wie Stagebeauties ausnehmen, wie er die Serie seiner Arbeiten nennt: Schönheiten der Bühne und des Chichi, deren schönen Schein des Glamour er wie auf einer Bühne arrangiert, drapiert und dekoriert, vor allem aber hinreißend ästhetisch inszeniert. (Fridrich J. Bröder) Information: Bis 27. März. Kunstgalerie, Königsplatz 1, 90762 Fürth. Mi. bis Sa. 13-18 Uhr, So. bis 17 Uhr. www. fuerth.de/kunstgaleriefuerth

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