Kultur

Ausschnitt aus einer Projektion des Deckenfreskos aus der Vierungskuppel des Doms. Eine Gesamtansicht der Fassade sehen Sie im Beitrag. (Foto: Dionys Asenkerschbaumer)

07.09.2018

Spektakuläre Jubiläumsshow

Der Passauer Dom St. Stephan wird einmal wöchentlich zur Projektionsfläche einer Symphonie aus Licht und Klang

Vor 350 Jahren begann man, die Mauern des Doms zu Passau in seiner jetzigen Form hochzuziehen. Die vormalige Kathedrale war 1662 durch einen verheerenden Stadtbrand weitgehend vernichtet worden. Der barocke Nachfolgebau von Baumeister Carlo Lurago hat über die Jahrhunderte einiges über sich ergehen lassen, man denke an Umbauten, Umwelteinflüsse und Instandsetzungen. Was derzeit regelmäßig auf die weiße Domfassade aufgebracht wird, hat der Dom und haben die Menschen in Passau noch nicht erlebt.
Jeden Freitag um 22 Uhr beginnt das vom Domplatz aus zu beobachtende Spektakulum – vielmehr eine Symphonie aus Licht und Klang: Unter rhythmischen Trommelschlägen erscheinen auf der Domfassade riesige Steinmetz-Zeichen. Dann leuchten Jahreszahlen auf, von 2018 zurück bis 450, als die erste Kirche auf Passauer Boden entstand. Schließlich geben in der monumentalen Videoprojektion zwölf Szenen in 17 Minuten die wichtigsten Stationen der Passauer Domgeschichte chronologisch wieder.

Zeitreise in Bildern

Durchwegs aus animierten Einzelbildern ist die Zeitreise gestaltet. Sie verfolgt den Bau einer romanischen Basilika ab 985, die Grundsteinlegung eines gotischen Domchores 1407, den Niedergang des alten Dombaus 1662 und das Werden des barocken Doms. Die Bildeinblendungen sind perfekt auf die Kirchenfassade und ihre Untergliederung abgestimmt. So wird beispielsweise nachvollziehbar, welche Umrisse der romanische Dom im Vergleich zum heutigen Bauwerk hatte. Farbenprächtig wird die Projektion, wenn gegen Ende Aufnahmen vom barocken Kirchenraum das prunkvolle Interieur des Doms nach außen stülpen.
Das faszinierende Licht- und Bildspektakel wird von Musik begleitet, die ebenfalls rund 1500 Jahre Passauer Kathedralkirchen- und Bistumsgeschichte nachverfolgt. Die Werke entsprechen nicht nur den jeweiligen Stilepochen. Es handelt sich auch großteils um geistliche Musik, die für den Passauer Dom beziehungsweise in der Region des Bistums entstanden ist. Die Ausbreitung des Urbistums nach Österreich und Ungarn wird mit Gregorianischem Gesang untermalt, der als die älteste notierte Musik aus dem Bistum Passau gilt.
Die Idee zur „Symphonie aus Licht und Klang“ kam Domvikar Bernhard Kirchgessner auf einer Reise nach Straßburg, als er die Illumination des dortigen Münsters miterlebte. Sein Entschluss, so etwas auch in Passau machen, wo das 350-jährige Jubiläum des barocken Doms anstand, fand Zuspruch bei Domprobst Michael Bär. Für die Passauer Licht-Klang-Installation hat man 130 000 Euro veranschlagt, mehr als die Hälfte des Etats verbraucht allein die technische Umsetzung. Geldgeber ist die Domkirchenstiftung. Etwa zehn Prozent stellen Sponsoren.
Bernhard Kirchgessner schrieb das Drehbuch zu der Bildgeschichte. Die Umsetzung erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Künstler Hubert Huber, der bereits eigene Lichtprojektionen verwirklicht hat. Winfried Helm brachte sich als Ausstellungs- und Projektgestalter ein. Die Leitung des musikalischen Parts übernahm Dommusikdirektor Marius Schwemmer. Die Software für Videoproduktionen bediente Dionys Asenkerschbaumer, der als Fotograf auch nahezu alle Bilder aus seinem eigenen Bestand beisteuerte. Zudem sorgte 3-D-Spezialist Christian Michel dafür, dass sich in den Szenen zum Schlüsseljahr 1662 der verheerende Stadtbrand und das Einstürzen der Dommauern während der Fronleichnamsprozession lebensecht abspielen, Feuerbrodeln und Einbruchgetöse akustisch inbegriffen.
Für Domvikar und Künstlerseelsorger Bernhard Kirchgessner war es wichtig, mit der Jubiläumsshow „raus aus der Kirche zu gehen, wo die Menschen sind“. Und tatsächlich: Jeden Freitag kommen Menschen in Scharen auf den Domplatz, um die Tonbildschau zu erleben. Viele Besucher haben der Veranstaltung schon mehrfach beigewohnt. Umso besser erschließt sich dabei das ambitionierte Konzept. Denn Kirchgessner wollte die theologische Geschichte von der Taufe über die Eucharistie bis zur himmlischen Gottesschau eingeflochten wissen. Und mit diesem Werdegang eines Christen auch den ökumenischen Gedanken einbringen.

Musik zum Nachhören

Mit der Projektion des Deckenfreskos aus der Vierungskuppel, auf dem der Heilige Vater aus dem Himmel grüßt, endet die grandiose Freiluft-Symphonie. Was dann geschieht, unterstreicht ihre magische Wirkung. Ein Lichtkegel erhellt nur noch das Hauptportal, das sich in diesem Moment öffnet. Wie von unsichtbarer Hand gelenkt, zieht es die Besucher in den Kirchenraum. Die Werbung für den Dom scheint gelungen.
Die Bilder bleiben im Gedächtnis. Das Musikerlebnis lässt sich nachhören: Im kleinen Prag bei Hutthurm wurde eine CD produziert. Die Schlussmusik, das Passauer Te Deum für Chor, Orgel, Bläser und Schlagwerk, komponiert von Domkapellmeister Andreas Unterguggenberger, wird im Anschluss an die letzte Vorführung der Licht- und Klang-Symphonie am 5. Oktober im Passauer Dom uraufgeführt. (Gabriele Blachnik)

Information: Jeden Freitag bis 5. Oktober, Domplatz in Passau, Beginn 22 Uhr. Begleitbuch „Symphonie aus Licht und Klang“ und Musik-CD, 12,90 Euro, erhältlich im Dom und Domladen.
ISBN 978-3-920726-01-4

Abbildung: Eine Projektion des Deckenfreskos aus der Vierungskuppel des Doms ist Schlussbild der Symphonie aus Licht und Klang.    (Foto: Dionys Asenkerschbaumer)

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