Kultur

Am Pranger: Adelheid Bräu als Frau Müller, die nach Ansicht der Elternschaft eine schlechte Lehrerin ist – warum sonst sind ihre Kinder schlechte Schüler? (Foto: Quast)

08.02.2013

Stress in der Penne

"Frau Müller muss weg" am Erlanger Markgrafentheater

Wenn die Schulglocke dreimal schrillt, nimmt das Publikum – seliger Schulzeiten eingedenk – im Erlanger Markgrafentheater seine Plätze ein und der Vorhang hebt sich über einem turbulenten Elternabend: Frau Müller muss weg verspricht eine „pädagogische Komödie“, geschrieben von dem viel gespielten deutschen Gegenwartsdramatiker Lutz Hübner und am Erlanger Theater mit (manchmal allzu) leichter Hand inszeniert von Intendantin Katja Ott. Das grandiose Bühnenbild (Ulrike Schlemm) stimmt mit einem Wände und Boden füllenden Blätterwald von Schülerzeichnungen, Aufsätzen und Schulaufgaben auf das Schul-Ambiente ein und weckt unweigerlich beim Publikum Reminiszenzen an Heinz Rühmanns Paraderolle in der Feuerzangenbowle.

Unfähige Lehrerin

Was auf die falsche Spur führt, denn im Klassenzimmer auf der Bühne geht es nicht um Schülerstreiche und Lehrerschrullen. Vielmehr steht der Elternabend einer vierten Grundschulklasse auf dem Programm, bei dem die missliebige Klassenlehrerin Frau Müller zur Zielscheibe der erbosten Eltern wird: Man will sie loshaben, weil wohl so mancher Schüler den Übertritt ins Gymnasium nicht schaffen wird.
Frau Müller freilich lässt die repräsentativ für die Elternschaft versammelten zwei Väter und drei Mütter warten – und kommt zu spät. Die Situation schaukelt sich zum Tribunal hoch: für die schwachen Leistungen der doch so begabten Sprösslinge wird die vermeintliche pädagogische Unfähigkeit der Lehrerin verantwortlich gemacht.
Katja Otts Inszenierung zieht alle Register, um dem gnadenlos alle Schul-Klischees, Lehrer-Stereotypien und Eltern-Schablonen ausbreitenden Schuldrama zum vordergründigen Lacherfolg zu verhelfen: Kabarett, Kalauer und Klamauk spitzen die Komödie zur Karikatur zu, lassen keinen Gag aus und nur selten Betroffenheit bei den Zuschauern zu. Dabei geht es doch untergründig auch um Schülerstress, Leistungsdruck und Lehrer-Burn-Out.
Bis zur unfreiwilligen Comedie outriert, hauen die Schauspieler (Hermann Große-Berg, Maria Wolf, Anne-Cathrin Buhtz und Matthias Zeeb) drauf, übertreiben augenrollend und grimassierend die Rollen der Eltern. Mit Ausnahme vielleicht von Christina Athenstädt, die sich als Mutter des Klassen-Musterschülers zurücknimmt und die subtile Studie einer verständnisvollen, offenbar allein erziehenden Frau liefert, die der Schule und den Lehrern Gerechtigkeit widerfahren lassen will.
Die undankbarste Rolle hat Adelheid Bräu in der Titelrolle als Frau Müller, die Grundschullehrerin: Sie muss den Tiefgang, den streckenweise das Stück, vor allem aber die Inszenierung vermissen lässt, mit ihrem sehr ernsthaft gespielten „pädagogischen Eros“ vorgaukeln; was schwierig ist in einer auf Hau-drauf- und Klipp-Klapp-Komödiantik getrimmten Inszenierung, die nur dort gelingt, wo sie in die Groteske umschlägt – wenn etwa die Eltern mit Blockflöte, Melodica, Klanghölzern und wortwitzigem Sprechgesang die moderne Schule samt ihrer Reformpädagogik parodieren.
Dennoch viel Beifall eines augenscheinlich von der Problematik betroffenen und angesprochenen Insider-Publikums. (Friedrich J. Bröder)

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