Kultur

25.07.2025

Subversive Wunderklänge gegen das Böse

Münchner Opernfestspiele: Bravouröser Endspurt mit Gabriel Faurés „Pénélope“

Auf das Beste muss man oftmals bis zum Schluss warten. An der Bayerischen Staatsoper hat das inzwischen Tradition. Jedenfalls gelingt häufig mit der allerletzten Premiere der Spielzeit ein veritabler Coup. Umso bedauerlicher ist es, dass diese letzte Premiere traditionell nicht ins Repertoire aufgenommen wird. Sie steigt im Rahmen der Münchner Opernfestspiele und wird einige Male im Prinzregententheater wiederholt, bevor sie auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Das ist nun auch bei der finalen Pénélope von Gabriel Fauré der Fall. Schade, denn: Was aus diesem selten gezeigten Dreiakter gemacht wurde, das war wahrlich groß.

Diese Neuproduktion markiert, mehr noch, einen Höhepunkt in einer leider insgesamt recht schwachen Staatsopern-Saison in München. Mit dieser Münchner Erstaufführung wurde zugleich der 180. Geburtstag des Komponisten gewürdigt. Dieses Geburtstagsgeschenk wurde allein musikalisch ein Großereignis. Unter der Leitung von Susanna Mälkki machte das Bayerische Staatsorchester hörbar, wie sehr diese 1913 in Monte-Carlo uraufgeführte Oper in Teilen an Richard Wagners Leitmotivik anknüpft und gleichzeitig – im Vergleich zum Impressionisten Claude Debussy – ganz eigene Wege beschreitet.

Kontraste und Effekte

Fauré setzt nicht auf Kontraste und Effekte, sondern auf höchst differenzierte Schattierungen. In diesen luzid-fragilen, unerhört farbenreichen Wunderklängen wird zugleich deutlich, warum Fauré diese Oper ein „Poème lyrique“ nannte. Es sind weite, melodische Bögen, die Fauré spannt, und in diesem Lyrismus verwebt sich das Ariose ganz organisch und unmerklich mit rezitativischen Elementen.

In München verlebendigte die durchwegs erstklassige Besetzung diesen besonderen Vokalstil mustergültig. Bei der Premiere galt das vor allem für Mezzosopranistin Victoria Karkacheva als Pénélope und Tenor Brandon Jovanovich als Ulysse. Was beide Stimmen eint, ist ein betörend schillerndes Piano bei gleichzeitiger Ausdruckskraft. Dieses Stimmprofil fängt das Changieren zwischen dem Lyrischen und Dramatischen perfekt ein.

Für ihr Staatsopern-Debüt hat wiederum Andrea Breth ihre Stärken als Regisseurin ausgespielt. Sie vertraute der Musik Faurés und konnte mit dem Bühnenbildner Raimund Orfeo Voigt veritable Seelenräume erschaffen, die tief in die Essenz des Stoffes wirkten. Seit langer Zeit wartet Pénélope vergeblich auf die Rückkehr ihres Odysseus und wird von Männern übergriffig umworben. Sie erwarten, dass sie sich endlich für einen Mann entscheidet, doch Pénélope bleibt standhaft.

Glanzpunkt einer schwachen Saison

Dieses Warten wird bei Breth zu einer Studie der Langsamkeit und Zeit. Die Bewegungen der Protagonisten sind konsequent entschleunigt, und wenn Odysseus auf der Bühne erscheint, wird er von seinem Alter Ego als Kind gespiegelt. Die Zeitebenen verwischen, und das alles entwickelt eine Dramatik, die ganz ohne Effekte auskommt. Selbst wenn am Ende die Freier auf Befehl von Odysseus buchstäblich abgeschlachtet werden, hält sich die Regie insgesamt zurück.

Auch der finale Siegesjubel in C-Dur wird in München vieldeutig unterwandert. Dazu verzahnen sich Regie und Dirigat zu einer vollendeten Einheit. Um den Jubel subversiv auszuhöhlen, lässt Mälkki kein „Zu-viel-Dur“ thronen, sondern kreiert mit dem Staatsorchester ein gedämpftes, leicht verdüstertes „Schatten-Dur“. Was hörbar wird, ist die Skepsis, ob Odysseus als Machthaber so viel besser handeln wird als andere. Noch bis zum 29. Juli läuft die Münchner Pénélope: absolut hörens- und sehenswert. (Marco Frei)

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