Kultur

Herrjeh! Sie wird doch nicht ...? Sämtliche menschlichen Empfindungen mag man angesichts dieses drohenden Wespenstichs in den Blick der Kuh hineininterpretieren. Heinrich von Zügel malte das Bild um 1890. (Foto: MGS)

14.09.2012

Tierische Persönlichkeiten

Heinrich von Zügel in einer opulenten Schau im Schweinfurter Museum Georg Schäfer

Kühe, Schafe, Schweine, Hunde, Tiere – er hat sie sein Leben lang gemalt: Heinrich von Zügel (1850 bis 1941) beließ die Nutztiere dabei in ihrer natürlichen Umgebung und ohne bestimmte örtliche Festlegung. Man begegnet dieser Tierwelt derzeit im Museum Georg Schäfer, das eine opulente Schau mit über 100 Werken aus eigenen Beständen und hochwertigen Leihgaben arrangiert hat.
Zügel galt als Tiermaler par excellence. Geboren im schwäbischen Murrhardt als Sohn eines Schafhalters, wurde Zügel königlicher Professor für Tiermalerei an der Akademie in München. Er war Zeit seines Lebens hoch geehrt – ist aber heute nahezu vergessen.
Ihm ging es in seinen Tierporträts darum, die Tiere zwar als Wesen mit Persönlichkeit zu zeigen, aber nicht das Außergewöhnliche an ihnen. Vielmehr erzählt er fast episodenhaft von der engen und harmonischen Verbundenheit zwischen Mensch, Nutztier und Natur. Wenn Zügel die Kraft und Eigenart der Tiere zeigt, dann gleitet er jedoch nicht ins allzu Idyllische ab. Landschaft und die darin weidenden oder arbeitenden Tiere bilden bei ihm eine selbstverständliche Einheit. Der Mensch ist zwar da, aber an den Rand gedrängt in seiner Rolle als Viehtreiber oder Hirte; er besitzt nichts Individuelles, nicht einmal erkennbare Gesichtszüge, trägt austauschbare Alltagskleidung.
Zügel nur als Tiermaler zu begreifen, wäre aber zu kurz gegriffen. Gerade die motivische Konzentration ermöglicht es, seine künstlerische Entwicklung zu verfolgen: vom Realismus bis zum Naturalismus und Impressionismus hat er viele der damals gängigen Stilrichtungen berührt.

Diffuses Licht

Er war immer mit Farbgebung und Tektonik der Farbe beschäftigt. Dabei hat er, angefangen mit breit hingesetztem Pinselstrich, Tierkörper modelliert, hat sie abgesetzt von einer erdigen Umgebung oder von dunkleren Bäumen, hat sie durch Lichtführung hervorgehoben, hat in späteren Jahren die Farben kraftvoll aufgespachtelt. Dadurch rückt das Gegenständliche oft etwas in den Hintergrund zugunsten eines diffusen Lichts, das über allem liegt.
Zügel und die Kühe: Er betont die massigen Leiber, das Kraftvolle, ja beinahe Archaische – wenn er auf einem großformatigen Bild Kühe vor dem Pflug Ackerfurchen im dunstigen Licht ziehen lässt, meint man die Mühe der Arbeit regelrecht zu spüren. Die Rinder zeigt Zügel aber auch in ihrer Unabhängigkeit vom Menschen; die Persönlichkeit kann man an den unterschiedlich gestalteten Köpfen ablesen.
Schafe malt Zügel anders: Auf frühen Werken treten noch einzelne Tiere hervor, etwa Muttertiere mit Lämmern; auf späteren Bildern mit Schafen verschmilzt die Herde zu einer wolligen Masse von Tieren, fügt sich so in die umgebende Landschaft ein, hebt sich von Bäumen, Himmel und Wasser ab. Hütehund und Mensch tauchen kaum erkennbar im großen Ganzen auf.
Bei Schweinen auf einem Stoppelfeld verschwimmt durch das neblige Licht der Hintergrund mit dem Hirten fast ins Ungegenständliche. Manchmal verunklaren Sonnenflecken die Tierkörper. Hunde waren treue Begleiter des passionierten Jägers Zügel. Bei der Sauhatz umspringen sie angriffslustig einen massigen Eber mit wüst aufgerissenem Rachen, kämpfen gegen die Gewalt des waidwunden Tieres. Beim Porträt eines stolzen Windhundes geht es dagegen primär um die elegante Gestalt. Dass Zügel oft vor der Landschaft skizziert hat, ist selbstverständlich; eine Reihe seltener Zeichnungen und Arbeiten auf Papier zeigt dabei seinen Blick fürs Atmosphärische. (Renate Freyeisen)

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