Kultur

Eindeutiger Favorit für den Standort eines neuen Konzertsaals ist das frühere Werksgelände der Knödelfabrik Pfanni am Münchner Ostbahnhof. Lange Zeit feierte im "Kunstpark Ost" die Münchner Partyszene. (Foto: dpa)

20.10.2015

Verhandlungen beginnen

Der neue Münchner Konzertsaal wird wohl auf dem früheren Werksgelände einer Knödelfabrik gebaut. Doch auch die Paketposthalle ist noch im Rennen

Die verschnörkelte Geschichte der Standortsuche für einen neuen Münchner Konzertsaal ist um eine Arabeske reicher. Nach Plänen für Konzerthäuser mitten in der Isar oder unter dem Königsplatz präsentierte eine Investorengruppe aus der Mineralölbranche am Montag eine neue Variante. Sie wollen ein altes Heizkraftwerk im Münchner Stadtteil Aubing zum Musentempelumbauen und haben dafür den Architekten Peter Haimerl und den Bariton Thomas E. Bauer gewonnen, die in dem Örtchen Blaibach mitten im Bayerischen Wald mit einem ebenso preisgünstigen wie architektonisch gelungenen Konzertsaal bundesweit Furore gemacht hatte.

Doch das Bayerische Kabinett ließ sich in seiner Sitzung heute nicht beirren und beschloss einen weiterenSchritt zur Realisierung einer neuen Münchner Philharmonie, die einmal das renommierte Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks beherbergen soll. Dessen Chefdirigent Mariss Jansons macht sich seit Jahren für den Saal stark. Nach diversen politischen Manövern steht die Grundsatzentscheidung. was bislang fehlte, war in geeigneter Standort.

Eindeutiger Favorit: das ehemalige Pfanni-Gelände

Der scheint nun gefunden zu sein. Im Auftrag der Staatsregierung hatte das Frankfurter Architektenbüro Speer & Partner fünf mögliche Standorte einer Analyse unterzogen. Als eindeutiger Favorit ging das frühere Werksgelände der Knödelfabrik Pfanni am Münchner Ostbahnhof hervor. Lange Zeit feierte im "Kunstpark Ost" die Münchner Partyszene. Jetzt will Pfanni-Erbe Werner Eckart das Gelände zu einem anspruchsvollen Wohn- und Büroquartier entwickeln.

Das Kabinett beschloss, mit Eckart in Verhandlungen einzutreten. Die könnten schwierig werden, weil der Geschäftsmann das Grundstück nicht verkaufen, sondern dem Staat allenfalls in Erbpacht überlassen will. Zugleich soll mit einer zweiten Investorengruppe gesprochen werden, die sich vorgenommen hat, die alte Paketposthalle an der Friedenheimer Brücke westlich des Hauptbahnhofsin eine Art Musikstadt zu verwandeln. Dazu soll unter die gigantische, denkmalgeschützte Stahlbetonkuppel ein Konzertsaal implantiert werden. Allerdings müsste vorher die Post mit ihrem Briefverteilzentrum ausziehen.

Bis Anfang Dezember soll nun das Haus von Kunstminister Ludwig Spaenle (CSU) einen entscheidungsreifen Vorschlag für einen der beiden Standorte machen. "Wir wollen bis 2018 unumkehrbar einen neuen Konzertsaal in München auf den Weg bringen", wird Spaenle im Kabinettsbericht zitiert.

Nur wenn die beiden Investorenprojekte scheitern sollten, könnte wieder der Finanzgarten am Odeonsplatz ins Spiel kommen. Dieser Prestige trächtige Standort wird vom BR-Symphonieorchester sowie dem Verein der Konzertsaalfreunde favorisiert. Doch könnten Naturschützer den Plänen für ein Konzerthaus auf dem zum Teil als Parkplatz genutzten, zum Teil mit wildem Grün überwucherten Gelände den Garausmachen. Möglicherweise drohen Klagen und ein Bürgerentscheid.

Seehofer würde den Grundstein gerne noch in seiner Amtszeit legen

Die Lösung Werksviertel dürfte am schnellsten zu realisieren sein. Das Gelände ist bereits erschlossen und baureif. Wenn das Ergebnis eines noch zu beschließenden internationalen Architektenwettbewerbs vorliegt, könnte wohl zügig mit dem Bau begonnen werden. Das käme Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) entgegen, der gerne noch im Laufe seiner bis 2018 dauernden Amtszeit den Grundstein legen würde. Er betonte: «Ich möchte Tempo machen.»

Außerdem könnte der neue Saalvorübergehend auch als Ausweichquartier für die Münchner Philharmoniker dienen, die ab 2020 die Philharmonie im Gasteig wegen dringender Sanierungs- und Umbauarbeiten räumen müssen. Eine kostspielige Interimslösung wäre dann hinfällig. Auch Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) bekräftigte nach der Kabinettssitzung: «Wir wollen das Projekt in dieser Legislaturperiode unumkehrbar auf den Weg bringen». Das Prestigeprojekt soll nach den Worten von Finanzminister Markus Söder (CSU) «so kostenbewusst wie möglich» gebaut werden. München solle jedoch keinen «Konzertsaal zweiter Klasse» bekommen. Eine wichtige Frage, die in den nächsten Wochen geklärt werden muss: Beide Grundstücke gehören nicht dem Freistaat.

Ein Saal auf dem Pfanni-Gelände zwischen Abstellgleis und "Heavens Gate", einer Kletterhalle im früheren turmartigen Kartoffellager, wäre vielleicht nicht die bestmöglich aller denkbaren Lösungen. Aber sie wäre politisch machbar. Und sie hätten den Charme des Unfertigen. Vielleicht gelänge es den BR-Symphonikern hier leichter, neue, jüngere und experimentierfreudige Milieus von Musikfreuden anzusprechen als in einer saturierten Innenstadtlage. (Georg Etscheit, dpa)

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