Kultur

Malerinnen waren vor allem als Porträtistinnen gefragt. Ungewöhnlich realistisch malte Barbara Krafft einen „Bauer mit Pfeife“ (1799) - hier ein Ausschnitt, die Gesamtansicht finden Sie in der Bildergalerie am Ende des Artikels. (Foto: bpk/Bayerische Staatsgemäldesammlungen)

06.03.2020

Viel Gefühl für das gewisse Etwas

Kampf um Anerkennung: Das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt stellt Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts vor

Sind Frauen schlechtere Künstlerinnen als Männer? Keineswegs, wenn sie dieselben Möglichkeiten der Ausbildung hatten. Das belegt eindrucksvoll die spektakuläre Schau Talent kennt kein Geschlecht im Georg Schäfer Museum Schweinfurt: Malerinnen und Maler der Romantik begegnen sich dort auf Augenhöhe.

Die These von Museumsdirektor Wolf Eiermann: Als Frauen zu Anfang des 19. Jahrhunderts Zulassung zu den Akademien bekamen, wurden sie hervorragende Malerinnen. Ihre Tätigkeit wurde zwar als dilettantisch im Sinne von spielerisch aufgefasst, aber sie widerlegten das Vorurteil (der Männer), dass Frauen zur Kunst nicht fähig seien – aus anatomischen und geistig-ästhetischen Gründen. Eines hatten die Künstlerinnen den Männern definitiv voraus: spezifische weibliche Empathie.

Herd statt Staffelei

Doch im weiteren Verlauf des Jahrhunderts zeigte sich, dass die Zeit noch nicht reif war, die künstlerische Leistung adäquat anzuerkennen. Frauen wurden reduziert auf ihre Aufgaben in der Ehe, in der Sorge um Kinder und Haushalt. Heiratete eine Malerin, endete meist ihre künstlerische Tätigkeit. Die „Verbürgerlichung“ der Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbannte die Frau wieder aus den Akademien. Ein Grund, warum dann Frauen als Malerinnen nicht mehr so gefragt waren, lag auch darin, dass bürgerliche Auftraggeber sich die teuren Porträts, das Hauptbetätigungsfeld der Frauen, meist nicht mehr leisten wollten, denn die modernere Fotografie war einfach billiger.

Erstaunlich ist, dass im beginnenden 19. Jahrhundert über ein Dutzend Frauen von ihrer Kunst in Deutschland leben konnten – zum Beispiel Marie Ellenrieder und Louise Seidler. Heute sind die meisten von ihnen Unbekannte. Berühmtheit jedoch erlangte zur Goethezeit und danach die Malerin Angelika Kauffmann – das große Vorbild. Sie war erfolgreich als künstlerische Unternehmerin mit sozialer Ader.
Beachtung in der Breite als Künstlerinnen fanden Frauen erst ab Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Erstarken der Bohème.

In der Schweinfurter Ausstellung werden 90 Werke von Meisterinnen der Malkunst gezeigt – im Vergleich zu 40 Werken männlicher Kollegen. Erinnert wird mit der Ausstellung zum Beispiel daran, dass Frauen Stiche in naturkundlichen Büchern kolorierten; im 19. Jahrhundert malten sie häufig prächtige Blumenstillleben nach älteren Vorbildern. So zitierten Catharina Treu und Ernestine Wendel Niederländer des 17. Jahrhunderts. Interessanterweise übernahm es Nikolaus Treu, im Bild seiner Schwester einen Putto, also einen nackten Jungen zu malen: Frauen durften in den Akademien aus moralischen Gründen nicht am Aktzeichnen teilnehmen.

Die Domäne der Frauen aber war das Porträt. Das grandiose Bildnis von Königin Therese von Bayern durch Julie Gräfin Egloffstein und das ebenso beeindruckende Porträt des Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz durch Anna Dorothea Therbusch belegen die malerische Meisterschaft, wobei die weniger offizielle, eher lockere Haltung der Dargestellten das Private betont – Porträts von männlicher Hand zeigten Herrscher mehr von der repräsentativen Seite. Dass Gräfin Egloffstein das Therese-Bildnis aus finanziellen Gründen auch als Litho verbreiten ließ, wirft ein Licht auf den Kunstmarkt.

Der Superstar der Kunstszene um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert war Angelika Kauffmann; warum ihre Darstellungen so begehrt waren, belegt das Bild von Jesus und der Samariterin im vertraulichen Gespräch: Man entdeckt eine innere Nähe, während die meisten Bilder jener Zeit mit dieser biblischen Szene die Distanz betonen. Kauffmanns eher lockere Malweise von Haaren, Stoffen, Spitzen und Edelsteinen erzielt eine sanfte Stimmung.

Dass auch andere Künstlerinnen wie Ludovike Simanoviz sehr begabt waren, belegen die Porträts ihres Lehrmeisters Nicolas Vestier. Bildnisse von Künstlerinnen, etwa das von Johanna Schopenhauer mit Tochter durch Caroline Bardua, oder Selbstporträts von Malerinnen wie Marie Ellenrieder, Julie Gräfin Egloffstein, Margarethe Geiger und Elektrine Freifrau von Freyberg überraschen durch die Meisterschaft der Farbgebung und Atmosphäre. Familienbildnisse spiegeln freilich auch die bürgerliche Konvention: Die Stellung der Frau ist die an der Seite ihres Mannes.

Ausdrucksstark sind Kinderbildnisse wie das eines kleinen Mädchens, geschaffen von Angelika Weiß, und jenes des jungen Schopenhauer von Caroline Bardua.

Ungewöhnlich realistisch

Bekannte Persönlichkeiten scheuten auch im Alter nicht vor einem Porträt zurück. Dass sich Bürger und Bürgerinnen porträtieren ließen, war anfangs etwas Neues. Maria Theresia Flachners porträtierte Frau mit dem züchtigen Hütchen zeigt allerdings ein erstaunlich offenes Dekolleté. Barbara Krafft wiederum betont im Porträt der Kaufmannsgattin Therese Edel mehr den Schmuck und das pompöse Kleid als Ausweis wirtschaftlichen Wohlergehens. Konträr dazu wirkt der früher entstandene Bauer mit Pfeife: Hier hat Krafft alles Glatte weggelassen; das Derbe und der Gesichtsausdruck verweisen auf ein hartes, entbehrungsreiches Leben. Ein solcher Realismus war damals ungewöhnlich. (Renate Freyeisen)

Information: Bis 10. Mai. Museum Georg Schäfer, Brückenstraße 20, 97421 Schweinfurt. Di. bis So. 10-17 Uhr, Do. 10-21 Uhr.

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