Kultur

Ausschnitt aus Armand F. J. Henrions undatiertem Selbstporträt als Pierrot. (Foto/Ausschnitt: Kallmann-Museum)

05.05.2023

Von Dämonen verfolgt

Das Kallmann-Museum in Ismaning zeigt in der Ausstellung „Bilder des Menschen“ eine Auswahl aus der Sammlung Klewan

Man fährt oft genug auf der A 9 vorbei, fliegt darüber hinweg und ist dann doch überrascht von diesem Ismaning und seinem Schlossareal im Norden von München. Letzteres geht auf eine ursprünglich barocke Anlage zurück, die im Stil des Klassizismus durch Napoleons Stiefsohn Eugène de Beauharnais umgestaltet wurde. Eine Orangerie gehörte von Anfang an dazu, und in der begrüßt das Kallmann-Museum derzeit mit der Ausstellung Bilder des Menschen aus der Sammlung Klewan.

Am 11. Juni ist dann erst einmal Schluss mit dem Ausstellungsbetrieb für ein Jahr wegen einer umfangreichen Modernisierung: Vorplatz, Fassade und Foyer werden neu gestaltet, dazu kommen ein überdachter Innenhof, Barrierefreiheit, eine neue Haustechnik.

Bilder des Menschen ist eine Art Summenstrich unter die letzte Periode des Museums seit seiner Gründung 1992. Einer Bilanz der Klassischen Moderne ähnelt auch das, was der Galerist Helmut Klewan (1943 geboren) gesammelt hat: in Wien, dann in München mit individuellen Schwerpunkten. Diese werden in Ismaning in sechs Räumen mehr oder weniger chronologisch präsentiert. 400 Ausstellungen und 50 Kunstmessen hat Klewan mitgestaltet und mitbestückt.

Zu Ruhm gebracht

In seiner Galerie, einst in der Münchner Maximilianstraße, als diese noch das führende Kunstquartier war, hat oft die Karriere großer Namen für Deutschland begonnen: zum Beispiel von Maria Lassnig. Davon erzählt auch eine Anekdote in der Ausstellung: Der Pianist Alfred Brendel sei es gewesen, der dort als Erster ein Bild von Lassnig, nämlich Frühstück mit Ei, gekauft habe.

Ismaning zeigt einen repräsentativen Teil von Klewans Favoriten: Werke von Giacometti über Picasso bis Dubuffet und Bacon.

Man fängt am besten mit der Lithografie Démons me turlupinant von James Ensor an. Die Ausstellung mit „Bildern des Menschen“ zeigt auch folgend dieses Überwältigtsein von den Geistern der Kunst – zuerst anhand von Porträts. Sie schließt damit an die Spezialität des Malers und Namensgebers des Museums, Hans Jürgen Kallmann, an. Als ganz typisch fällt einem das Selbstbildnis von Christian Schad (Radierung von 1929) ins Auge und jenes von Oskar Kokoschka (1970). Die Dämonen von Ensor finden ihre Fortsetzung im dämonischen Blick von Otto Dix, im roten Clown, als den sich Jean Dubuffet 1961 sah.

Offen für Provokation

Gerne hat Klewan Provokantes gesammelt: Kunst im Stil der Art brut, etwa vom Münchner Maler Michael Langer (2022 gestorben), Kunst der österreichischen Moderne wie von Arnulf Rainer, dessen großes Ölbild Tennisspielerin zu den Höhepunkten der Ausstellung zählt. Ganz anders gebärden sich die wilden Collagen des Christian Ludwig Attersee aus den 1970er-Jahren. Zum Teil sind das in der Kallmann-Galerie durchaus umfangreiche Einblicke in die Kunst dieser Zeit: ein halber Saal allein schon voll von Francis Bacons gnadenloser Körperlichkeit neben den Zeichnungen mit den schmalen Figuren von Alberto Giacometti.

Einen fulminanten Höhepunkt findet die Ausstellung mit Maria Lassnig und den provokanten Erfindungen ihrer Schülerinnen: Man sieht von Regina Götz das verwirrende Messerbild und von Johanna Freise Bilder der eigenen Verwundbarkeit, von körperlicher Gewalt und einer psychopathischen Mehrfachdarstellung. (Uwe Mitsching)

Information: Bis 11. Juni. Kallmann-Museum, Schloßstraße 3, 85737 Ismaning. www.kallmann-museum.de

 

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