Kultur

Wie Franz Marcs beschnittene „Große Landschaft I“ (siehe die Abbdilung im Beitrag) im Original ausgesehen hat, zeigt die Bildmontage mit der Überlagerung der Vorstudie und den drei im gleichen Maßstab verkleinerten Gemäldeteilen. (Foto: Doerner Institut/Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Nicole Wilhelms)

01.12.2017

Warum Franz Marc ein Pferdebild zerschnipselte

Eine Ausstellung in Kochel geht einem Kunstkrimi nach

Wie sieht ein Pferd die Welt?“ Als der Maler Franz Marc 1911/12 das fragte, war er auf Spekulationen und seine künstlerische Interpretation angewiesen. Heute haben optometrische, neurologische Untersuchungen Antworten nicht nur für Pferde gefunden. Das Franz Marc Museum in Kochel versucht mit einer Ausstellung sich einer Problemlösung zu nähern: mit einer Untersuchung rund um Marcs Gemälde Große Landschaft I (1910, das ein Hauptwerk seiner Tiermalerei wurde. Plötzlich ist man mitten in einem kunsthistorischen Krimi. Der entzündet sich an der Frage: Warum hat Marc an diesem Bild herumgeschnipselt? Das Bild hängt zwar groß und schön und sehr nach Marc aussehend an der Wand: Aber was soll das grüne, rechteckige Stück direkt daneben? Das Museum hat die Frage an das Doerner Institut der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München weitergegeben und auch bei Maria Marc (die Ehefrau von Franz und selbst Künstlerin) in einer Monografie aus den Dreißigerjahren nachgelesen: „Das Bild im Frühling mit lichten Farben begonnen. Den ganzen Sommer bis tief in den Herbst hinein in den veränderten Farben der Natur weitergemalt und dann zerschnitten.“ Das tat er aus einem Grund: um das Gemälde bewusst zu verkleinern. Was übrig blieb und in Kochel ausgestellt ist, ist trotzdem ein Hauptwerk auf dem Weg von Marcs großen Tierbildern der Folgejahre: eine Inszenierung mit rötlich getönten Pferden und grünen Schweifen. Beide Farben wiederholen sich in der sie umgebenden Waldlandschaft: farblich irgendwie zwischen Frühling und Herbst, sehr bewusst und mit großem, romantischem Schwung komponiert. Damit könnte der Kunstfreund zufrieden sein, wenn nicht dieses einzelne grüne Stück daneben hängen würde. Dem begegnet man in einem benachbarten Kabinett dann wieder: Zusammen mit einer Reproduktion des Gemäldes ist es Teil eines vermuteten Gesamtbilds von beeindruckender Größe (2,65 mal 1, 95 Meter) – ein großformatiges Landschaftspanorama des Voralpenlandes. Dafür gäbe es, so vermutet man in Kochel und München, auch eine Vorstudie in New Yorker Privatbesitz. Für die Ausstellung jedenfalls hat man das Ganze in einer großen Schwarz-Weiß-Skizze ergänzt und will mit Farb-, Pigment- und Leinwandanalysen beweisen, dass alle Teile zu diesem Panorama gehörten. Das wollte Marc verkleinern, um die Komposition auf die Pferdegruppe und ihren Blickwinkel zu fokussieren. Um diesen Künstlerkrimi gruppiert das Museum Marcs Pferde- und einige seiner anderen Tierbilder, die einen trefflichen Farb- und Motivvergleich ermöglichen und auch Skizzenbücher mit einbeziehen. Wer sich über die Pferde hinaus auf Spurensuche begeben will: Man lernt Maria Marc mit weißer Mütze (Bildtitel, 1906) kennen, und vielleicht ist sie ja auch die Stehende Frau in Winterlandschaft gleich daneben. Natürlich macht Kochel auch mit bei der großen Hinterglasaktion im „Blauen Land“ und steuert mit Marcs Landschaft mit Tieren und Regenbogen von 1911 eines der schönsten Beispiele bei: ein Aufriss zwischen Erde und Himmel, mit Pferden und Kühen, Almwiesen und dem Regenbogen aus Silberfolie. Das alles gibt es auch als Stickbild von Maria Marc, die ein Foto bei der Arbeit zeigt gemäß einem Web-Musterbuch, das von ihrem Mann entworfen wurde. Besonders schöne Hinterglasbilder von Gabriele Münter und Wassily Kandinsky hat man obendrein aus München und Oberammergau, der oberbayerischen Schatztruhe für diese Kunstform, entliehen. (Uwe Mitsching) Information: Bis 18. Februar. Franz Marc Museum, Franz Marc Park, 82431 Kochel. Di. bis So. 10-18 Uhr. Abbildung: So kennt man Franz Marcs "Große Landschaft I". (Foto: Doerner Institut/Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Nicole Wilhelms)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist die geplante neue Kindergrundsicherung sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.