Kultur

Ludwig der Bayer in Rüstung und Mantel. Das Gemälde von Karl Ballenberger war eine Auftragsarbeit für Ludwig I., der lehnte dann aber doch diese erste Fassung für einen Herrscherzyklus im Frankfurter Römer ab. (Foto: Kunst- und Auktionshaus Döbritz)

16.05.2014

Wie aus einem Schmähnamen ein Ehrentitel wird

Landesausstellung in Regensburg über Ludwig den Bayern

Jede Menge Baustellen, viel Geld im Umlauf, Unternehmen, die neue Betriebsformen nutzen und junge Menschen voll Tatendrang und Erfindungsreichtum anziehen. Eine Stadt voll beschwingter, bürgerlicher Lebensart, voll reicher Bauherren, die hohe, stadtbildprägende Geschlechtertürme bauen. Regensburg ist eine Boomstadt. Eine Stadt der Moderne. Damals. Im 14. Jahrhundert.
Regensburg ist auch heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, wieder eine solche Boomstadt. Da trifft es sich gut, dass man nun in ihr ein Tor aufgestoßen hat zu einer Zeit, als es schon einmal recht gut lief. Gefördert hat das damals noch an seinem historischen Anfang stehende, junge Stadtbürgertum der bayerische Herzog und zugleich König und Kaiser Ludwig IV., genannt der Bayer, der von diesem Reichtum auch profitierte.
Und weil der, ein bayerischer Wittelsbacher, am 20. Oktober 1314, vor 700 Jahren, von einem Teil des Kurfürstenkollegiums zum König gewählt worden war, ist er jetzt Mittelpunkt der diesjährigen bayerischen Landesausstellung. Unter dem ironisch-landesstolzen Titel Wir sind Kaiser! ist in Regensburg bis zum 2. November Ludwigs Lebensweg nachzuerleben. Ein spannender Lebenslauf, an drei Orten spannend und unterhaltsam wiederaufbereitet.

Installiert wie
ein Computerspiel


Spannend und unterhaltsam: Neben dem Domkreuzgang, in dem als „Insel der Stille“ die religiösen Vorstellungen der Zeit die Hauptrolle spielen, ist in der Kirche St. Ulrich am Dom eine 20-minütige 3-D-Dokumentation zu sehen, in der bewiesen wird, dass Geschichte keine dröge Sache, sondern hoch dynamisch ist. BR-Moderator Christoph Süß schlüpft in diverse Rollen und weist dabei auch schon mal dem geknickten Martin Luther die Tür, weil der viel zu früh dran ist: Es ist, nochmal zur Erinnerung, frühes 14. Jahrhundert.
In dieses dringt man, vom Film inhaltlich gestärkt, in der Minoritenkirche vor. Installiert ist dieses Vordringen wie ein Computerspiel: Level um Level geht es hinauf in der Karriere eines Fürsten. Denn dessen Leben war ein steter Kampf um Rang, Einfluss, Privilegien und Geld. Dabei hatte sich Ludwig zunächst gegen seinen älteren Bruder Rudolf im Teilherzogtum Oberbayern und Pfalzgrafschaft bei Rhein auseinandersetzen müssen, das 1329 geteilt wurde: Rudolf erhielt die Pfalz und Oberpfalz und begründete jene Wittelsbacher-Linie, aus der alle bayerischen Könige des 19. und 20. Jahrhunderts hervorgehen sollten, einschließlich des märchenhaften Ludwigs II., der bis dato Ludwig dem Bayern namenstechnisch den Rang abgelaufen hat.
Das könnte sich nun ändern. Denn Ludwig der Bayer wird in Regensburg – auch – als eine erfolgreiche Kämpfernatur geschildert. Er setzte sich erfolgreich auch in Niederbayern durch, sinnbildlich steht dafür die Schlacht von Gammelsdorf 1313 gegen den Habsburger Friedrich den Schönen. Damals schon stand die Bürgerschicht auf Ludwigs Seite; die Landshuter führen ihr Stadtwappen mit den drei Sturmhauben darauf zurück. In der Ausstellung sind eine Schlachtinstallation zu sehen und Kriegsgerät aus jener Zeit.
Friedrich der Schöne war weiter Konkurrent Ludwigs, denn den hatte nur ein Teil der Kurfürsten zum König gewählt. Die anderen bevorzugten den Wiener. Lang bekämpften sich die beiden, bis 1322 Ludwig in der Schlacht von Mühldorf erneut siegreich blieb. Nachher einigten sich beide auf ein Doppelkönigtum und die sieben Kurfürsten in der Goldenen Bulle 1356 auf das Mehrheitsprinzip beim Wählen.
Diese Goldene Bulle war auch das Endergebnis der entscheidenden Auseinandersetzung des Königs und ab 1328 Kaisers Ludwig mit dem Papsttum. Denn die Päpste wollten darüber bestimmen, wer an der Spitze des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation stand. Ludwig wollte das verhindern: Endkampf im Investiturstreit. Die Päpste hatten Ludwig gebannt; sie waren es, die ihn „Ludovicus Bavarus“ nannten, was ein Schmähname sein sollte. 1346, ein Jahr vor seinem Tod, bekam er mit Karl IV. erneut einen Gegenkönig vor die Nase gesetzt.
Letztlich siegte das Königtum, über das in Zukunft allein die Kurfürsten bestimmen sollten. Ludwig hatte, auch darauf legt die Ausstellung großen Wert, sich Verbündete unter den führenden Intellektuellen seiner Zeit gesucht, Marsilius von Padua etwa und William von Ockham, Franziskaner, die die Minoritenkirche in Regensburg zu einem höchst geeigneten Ort für die Hauptachse der Landesausstellung machen. Sie ist wichtiger Teil der Installation.
Vielfältig sind die Exponate der Ausstellung dort, die in eindrucksvolle Gesamtinstallationen eingebaut sind, bis zum den Altarraum prägenden Thron. Von Original-Dokumenten über Tafelgemälde und wirtschaftliche Produktionselemente bis zum böhmischen Karlstein-Schatz rundet sich das Bild, weitet sich die Perspektive. Und was als Schandtitel „bavarus“ begann, wird schließlich als „der Bayer“ ein stolzer Ehrenname. (Christian Muggenthaler) (Die Ausstellung zeigt anhand von Modellen auch die verschiedenen Bauphasen des Regensburger Doms zur Zeit Ludwigs; das Schmetterlingsreliquiar ist eines der vielen Schmuckstücke der Landesausstellung - Fotos: Murr, Moosburger, Archimedix GBR)

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