Kultur

Christoph Willibald Gluck (1714 bis 1787): Die Skulptur stammt von Anna Chromy; die Malerin und Bildhauerin lässt sich gerne von Musik, besonders Opernmusik, klassischem Tanz und alten Mythen inspirieren. (Foto: Archiv)

02.08.2016

Wie verkauft sich Gluck?

Bilanz der Internationalen Gluck-Festspiele: Anspruchsvolles Programm - oft blieben die Sitze leer

An den Ufern des Flüsschens Sulz sind die Internationalen Gluck-Festspiele am vergangenen Samstag mit den „Konfusionen am Parnass“ zu Ende gegangen. Einem komischen Divertissement von Christoph Willibald Gluck und für den kaiserlichen Hof in Wien komponiert – die Familie hat mitgespielt. Jetzt spielte man im oberpfälzischen 1000-Jahr-Städtchen Berching, das den eigentlichen Geburtsort Glucks längst eingemeindet hat, und konnte Bilanz ziehen: Nach zwei Festivalwochen und nach überschlägig zweieinhalb Dutzend Veranstaltungen, einer Komponisten-Biennale in der Metropolregion Nürnberg, die es eigentlich schaffen will, im Festspieltrio Bayreuth – München- Salzburg mitzuspielen. Aber davon war sie auch 2016 wieder weit entfernt.

Anspruchsvolles Programm

Und hatte sich doch so viel Mühe gegeben: mit dem historisch-intellektuell anspruchsvollen Programm „Zeitkultur/Streitkultur“, das den Streit zwischen Reformern und Konservativen, Gluckisten und Piccinnisten im vorrevolutionären Paris thematisieren wollte. Oder mit den gescheiten, kurzweiligen, sachkundigen Einführungsvorträgen des Künstlerischen Direktors Christian Baier aus Wien. Durch teils erstklassige Besetzungen, besonders im sängerischen Bereich: mit Elina Garanca, Valer Sabadus, Daniel Behle, dazu kompetenten und nach historischer Aufführungspraxis klingenden Orchestern. Die 150-Seiten-Programmbroschüre listet das alles unter dem Motto „Menschen“ auf. Und gibt zumindest teilweise auch kluge Begründungen für solche Programm-Novitäten wie die Kombination Gluck/Schubert, die einem mit Behle und Michi Gaiggs „L’Orfeo Barockorchester“ interessante Aspekte aus dem Opernschaffen des jungen Schubert in der Gluck-Nachfolge vermittelte. Wer hätte sonst je Gelegenheit gehabt, mal ein Stück des Gluck-Kontrahenten Niccolo Piccinni (auch eine „Iphigénie en Tauride“) zu hören und darüber nachzulesen, ob der Streit zwischen beiden Komponisten denn nun wirklich einer war oder nur eine geschickte Marketing-Strategie.

Opern konzertant spart Geld

Dass manches von diesen Vergleichsangeboten nur konzertant lief (Piccinni, Sacchini, Cherubini oder die Gluck-Bearbeitung von Richard Strauss) war für „Opernfestspiele“ eher hinderlich, aber natürlich kostensparend. Auch der Schauplatz-Not geschuldet, da sich das Staatstheater Nürnberg  aus der Mitarbeit zurückgezogen hat: Erschöpfung der Ressourcen am Saisonende. So blieb neben einem Ballettgastspiel aus Gelsenkirchen und einem aus Frankreich nur die Puppentheaterfassung von „Orpheus und Eurydike“ als Einkauf von der Styriarte Graz ein Theaterereignis, das man im kleinen Markgrafentheater sicher dreimal hätte verkaufen können. Ansonsten waren es Festspiele, die trotz geschickt großzügiger Bestuhlung den Eindruck halbleerer Säle vermittelten, besonders wenn man die Karten für Betriebsangehörige der Sponsoren noch mit einrechnet.

Vorfreude auf die nächsten Festspiele 2018

Trotzdem: Es soll in zwei Jahren wieder Gluckfestspiele geben. Dessen Opern haben es verdient: ein „Ezio“, der aus der Theatertiefgarage Nürnberg vor ein paar Jahren noch heute in Erinnerung ist, „Paris und Helena“, das in Stefan Baumgartens wilder Wasser-Inszenierung auf der Opernhausbühne geradezu verstörend wirkte und jetzt der ironische Witz der österreichisch-barocken Puppenspielversion mit der deutschen Erstaufführung der „Parma-Fassung“ von „Orfeo ed Euridice“. Aber der Termin am Saisonende und in Konkurrenz zu Ferienbeginn, den „großen“ Opernfestspielen, viel open-air-Bespaßung muss überdacht werden. Schön ist, dass sich die Gluckfestspiele dem allzu populären Publikumsgeschmack versagen, aber ein Thema wie „Gluck und Mozart“, das ließe doch schneller die Lämpchen des Wiedererkennens aufleuchten und die Kasse klingeln: Glucks Einfluss auf Mozarts Opern, die Beiden auf Reisen, ihre Kontakte in Wien – das alles wäre nur der Anfang einer langen Liste von Möglichkeiten. (Uwe Mitsching)

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