Landtag

Ohne Internet hilft Geflüchteten oft nur noch der Gang in eine öffentliche Bibliothek. (Foto: dpa/Murat)

04.11.2021

53 Euro pro Person für WLAN in Asylunterkünften

Nur rund die Hälfte aller bayerischen Gemeinschaftsunterkünfte hat einen Internetzugang

Für Geflüchtete ist ein WLAN-Zugang unabdingbar. Er dient den verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflichten beim Asylverfahren, dem Kontakt zu Rechtsanwält*innen und dem Kontakt in die Heimat. Alexandra Hiersemann (SPD) wollte daher von der Staatsregierung wissen, wie es um die Verfügbarkeit von Internet in Asylaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften steht.
 
Das Innenministerium schreibt in seiner Antwort, dass erst 229 von 409 staatlichen Gemeinschaftsunterkünften (56 Prozent) einen Internetzugang haben. Allein in Mittelfranken haben über zwei Drittel der Unterkünfte kein funktionierendes WLAN. Für weitere 132 Gemeinschaftsunterkünfte seien „Umsetzungsschritte“ eingeleitet. Zudem gibt es auch in Anker-Einrichtungen derzeit vier Standorte, an denen noch gar kein WLAN für die Bewohnerinnen und Bewohner zur Verfügung steht. Die Anschlussgeschwindigkeiten variieren zwischen 50 und 1000 Mbit/s – „in Ausnahmefällen auch weniger“, heißt es in der Antwort. So liegt die Bandbreite in den Anker-Einrichtungen teilweise bei nur sechs Mbit/s. Für Geflüchtete fallen für die WLAN-Nutzung dennoch Kosten von bis zu 52,82 Euro pro Monat an.

Wie soll Integration ohne Internet gelingen, wenn alles virtuell stattfindet?

„Auch wenn die Staatsregierung seit Jahren beteuert, dass sie sich der Bedeutung und Notwendigkeit des Ausbaus bewusst ist, und den Betroffenen nun wenigstens einen technischen Beratungssupport zur Seite stellt, kommt die Umsetzung und der Ausbau von WLAN-Zugängen immer noch viel zu langsam voran, und konkrete Zeitpunkte zur Fertigstellung werden zum Teil erst gar nicht genannt“, klagt Hiersemann. Den Betroffenen würden damit Steine in den Weg der Integration gelegt, weil die Teilnahme am Schulunterricht oder an Integrationskursen während der Corona-Krise oft nur digital möglich sei.

Zusätzlich zur mangelhaften Internet-anbindung kritisiert Hiersemann die höchst unterschiedlichen Kosten. „Während die einen nichts für ihren WLAN-Anschluss zahlen, müssen andere über 600 Euro im Jahr aufwenden.“ Bei der Bereitstellung von WLAN müssten zudem einige mit Kürzungen ihrer Asylbewerberleistungen rechnen, andere wiederum erhalten weiterhin die volle Höhe ihrer Leistungen. „Diese Ungleichbehandlung ist die Konsequenz der massiven Versorgungslücke in Bayern und offenbart die chaotische Situation vor Ort.“

Enttäuscht zeigte sich auch der Bayerische Flüchtlingsrat. Obwohl der gemeinnützige Verein Refugees Online seit sieben Jahren bayerische Asylunterkünfte mit Internet versorgt, erhielt im Juli 2021 die Münchner Firma Wicontec den Zuschlag für die Umsetzung, Einrichtung und das Betreiben der Internetanschlüsse in Asylunterkünften. „Im Vergabeverfahren sind nur wirtschaftliche Aspekte gewürdigt worden“, kritisiert Volker Werbus, Vorstand bei Refugees Online. „Unsere bisherige Erfahrung, Engagement, Arbeit und bayernweite Kontakte zu den verschiedenen Akteur*innen, die wir bei unseren circa 250 abgewickelten Projekten machen konnten, blieben völlig außer Acht.“ (David Lohmann)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sollen Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

BR Player
Bayerischer Landtag
Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.