Landtag

Die AfD lehnt die geplante Verschärfung von Strafen für ungebührliches Verhalten im Parlament ab. Im Plenum äußerte sie scharfe Kritik. (Foto: Bildarchiv Bayerischer Landtag/Poss)

22.03.2024

AfD wettert gegen Regelverschärfung im Landtag

Ein neues Gesetz sieht für Beleidigungen oder ungebührliches Verhalten im Landtag in Zukunft Ordnungsgelder statt Rügen vor. Die AfD sieht das als "Tyrannei der Mehrheit"

Die Fraktionen von CSU, Freien Wählern, Grünen und SPD haben den von Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) angekündigten gemeinsamen Entwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes in den Landtag eingebracht. Das Gesetz regelt die Sanktionen gegen Abgeordnete neu, die durch ihr Verhalten im Landtag Ordnung und Würde des Parlaments verletzen oder grob gegen die Hausordnung verstoßen. Die bisherige Rüge soll durch ein dreistufiges Verfahren ersetzt werden. Die AfD-Fraktion kündigte ihren Widerstand gegen die Neuerungen an.

Das nun in die Beratung eingebrachte Modell sieht im Falle eines Fehlverhaltens durch Störungen, Provokationen oder Beleidigungen zunächst einen Ordnungsruf der Sitzungsleitung vor. Bei einer fortgesetzten Störung oder besonders gravierenden Vorfällen soll in einem zweiten Schritt ein Ordnungsgeld verhängt werden können, über dessen Anordnung und Höhe das Landtagspräsidium zu entscheiden hat. Beim ersten Vorfall kann es bis zu 2000 Euro betragen, bei weiteren innerhalb von sechs Monaten bis zu 4000 Euro. Zeigt auch das keine Wirkung, kann der Ausschluss von der laufenden Sitzung und weiteren bis zu zehn Sitzungen erfolgen. Das Ordnungsgeld kann den Plänen zufolge auch verhängt werden, wenn Abgeordnete oder deren Gäste im Landtag gegen die Hausordnung verstoßen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Fraktion, Michael Hofmann, sprach von einer „Zäsur im Nachkriegsparlament“. Bisher habe es immer ausgereicht, bei einer Grenzüberschreitung eine Rüge zu erteilen. Seitdem aber 2018 eine „Fraktion mit radikalen Ansichten und extremistischen Köpfen“ in den Landtag eingezogen sei, sei es damit nicht mehr getan, erklärte er mit Blick auf die AfD. Diese habe die vergangenen Jahre dazu genutzt, „mit Pöbeleien, bewussten Grenzüberschreitungen, Provokationen und einer Verrohung der Sprache und der Sitten den Parlamentarismus lächerlich zu machen“.

Nach Einschätzung Hofmanns hätten sich die anderen Fraktionen demgegenüber zuletzt des Öfteren „wehrlos“ gefühlt, weil AfD-Abgeordnete Rügen nicht als Sanktion, sondern als Trophäe verstanden hätten. Daraus spreche eine tiefe Abneigung gegen den demokratischen Parlamentarismus. „Eine Demokratie beweist sich auch dann, wenn sie nicht aus falsch verstandener Toleranz, sondern mit Konsequenz und Schärfe gegen die vorgeht, die sie beschädigen wollen“, sagte Hofmann. Insofern gehe man mit der geplanten Änderung des Abgeordnetengesetzes „den richtigen Weg“.

AfD: Sanktionsgründe sind schwammig formuliert

Als „Stärkung der Debattenkultur“ im Landtag bewertete Jürgen Mistol (Grüne) die Vorlage. Nachdem sich AfD-Abgeordnete für Rügen sogar hätten feiern lassen, sei das Ordnungsgeld ein „schärferes Schwert“ gegen Verstöße. „Wir müssen das Innere des Parlaments stärken“, betonte Mistol. Der Landtag müsse sich seiner Vorbildfunktion im politischen Diskurs bewusst sein. Mistol kündigte einen weiteren Schritt zur demokratischen Absicherung der Parlamentsarbeit an. Nach den Berichten über Beschäftigte bei AfD-Abgeordneten, die auch in vom Verfassungsschutz beobachteten Organisationen tätig seien, müssten die Regeln für deren Bezahlung überarbeitet werden. Verfassungsfeinde dürften nicht aus Steuergeld bezahlt werden.

Simone Strohmayr (SPD) erklärte, die AfD missbrauche den Landtag für „rechtsextreme Hetze und ist auch noch stolz darauf“. Dem müssten die anderen Fraktionen energisch entgegentreten. „Es muss finanziell wehtun, hier im Plenarsaal zu pöbeln und Hass und Hetze zu verbreiten“, sagte sie. Sie stehe für harte Auseinandersetzungen in der Sache, doch müsse dies stets „auf den Füßen der Demokratie“ stattfinden. Der Freie Wähler Felix Locke sah in dem Entwurf ein „klares Bekenntnis zu demokratischen Werten“. Es könnten damit Vorgänge bestraft werden, „die nicht in dieses Hohe Haus gehören“. Locke betonte, dass die neuen Regeln nicht explizit gegen die AfD gerichtet seien, sondern für alle Abgeordneten gelten würden.

Ungeachtet dessen sprach Christoph Maier (AfD) von einem „Antrag der Kartellparteien“, der eindeutig gegen seine Partei gerichtet sei. Er füge sich in die Reihe anderer Maßnahmen zur Beschneidung der parlamentarischen Rechte der AfD wie der Verweigerung der Wahl eines Vizepräsidenten oder von Ausschussvorsitzenden. So entstehe ein „Zerrbild der demokratischen Repräsentation“.

Zudem solle offenbar der politische Diskurs über Ordnungsgelder und Sitzungsausschlüsse „gesteuert“ werden, mutmaßte Maier. Dies zeige sich darin, dass die Formulierungen über die Sanktionsgründe so unbestimmt gehalten seien, dass diese zu einer „politisch motivierten und damit rechtsmissbräuchlichen Anwendung“ verleiteten. Gegen die Maßnahmen fehle zudem ein ausreichender Rechtsschutz. Insgesamt enthalte der Gesetzentwurf „schwere verfassungsrechtliche Mängel“, etwa die geplante Möglichkeit zum längerfristigen Sitzungsausschluss. Die AfD werde sich davon aber nicht beirren lassen. „Alle Maßnahmen und Mittel, die nicht zu unserer vollständigen Zerstörung führen, führen zu unserem vollständigen Sieg“, schloss Maier. (Jürgen Umlauft)

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