Landtag

Die Freien Wähler fordern die Abschaffung der Strebs. (Foto: dpa)

21.09.2018

Alle gegen die Freien Wähler

Der Innenausschuss des Landtags ist gegen die vorzeitige Abschaffung der Straßenersterschließungsbeiträge

Der Innenausschuss des Landtags hat es mit großer Mehrheit abgelehnt, die noch bis 2021 zulässige Abrechnung der Erschließung von mehr als 25 Jahre alten kommunalen Straßen (Strebs) abzuschaffen. Das hatten die Freien Wähler per Dringlichkeitsantrag gefordert. Sie gehen davon aus, dass bayernweit „Hunderttausende Straßenanlieger“ noch bis 2021 zur Beitragszahlung herangezogen werden. Um das zu verhindern, verlangten sie die Rückdatierung des im Kommunalabgabengesetz festgeschriebenen Verjährungsstichtags auf den 1. Januar 2018. Nach dem im Juli beschlossenen Aus für die Straßenausbaubeiträge (Strabs) müssten nun auch die nachträglich erhobenen Erschließungsbeiträge fallen. CSU, SPD und Grüne wandten sich aus grundsätzlichen Erwägungen und wegen der unkalkulierbaren Kosten für den Freistaat gegen den Vorstoß.

Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung

Der FW-Abgeordnete Bernhard Pohl begründete diesen damit, dass zahlreiche bayerische Gemeinden nun schnell noch vor Jahrzehnten begonnene Straßenbauten fertigstellten und von den Anliegern Erschließungsbeiträge einforderten, um nach 2021 nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben. Andere Kommunen unterließen dies. Um die ungerechte Erhebungspraxis zu beenden und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, sei die einzige Lösung, die für 2021 geplante Verjährung der Beitragspflicht für vor mehr als 25 Jahren begonnene Straßenbauten vorzuverlegen. „Wir brauchen da einen klaren Schnitt“, sagte Pohl. Es handle sich lediglich um eine Vorverlegung der ab 2021 ohnehin geltenden Rechtslage. Die Beitragsausfälle sollen vom Freistaat übernommen werden.

Der Ausschussvorsitzende Manfred Ländner (CSU) sprach sich gegen diesen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung aus. Die Rechtslage sei klar, jede Gemeinde könne selbst entscheiden, ob sie von der Verjährung bedrohte Beiträge noch eintreiben wolle oder nicht. Klaus Adelt (SPD) klagte über die Eile der Freien Wähler kurz vor der Wahl. Um eine fachkundige Entscheidung treffen zu können, brauche man konkrete Daten über die Zahl der Betroffenen und die möglichen Kosten für den Freistaat. . Jürgen Mistol (Grüne) klagte, die angeblich gerechte Lösung der Freien Wähler schaffe nur neue Ungerechtigkeiten. Während Anlieger der fraglichen Straßen bis 2017 die Erschließungsbeiträge selbst zahlen mussten, würde später erlassene Bescheide der Freistaat übernehmen. Mit der Übergangsfrist bis 2021 werde dies vermieden, weil alle Kommunen noch die Chance hätten, noch nicht ergangene Bescheide bis dahin nachzureichen. (Jürgen Umlauft)

Kommentare (5)

  1. Betroffener am 01.12.2018
    Was für ein Irrsinn. Hab ja noch gewisses Verständnis für Neubausiedlungen die hier wirklich zeitnah ersterschlossen werden, aber für Straßen die 20 bis 50 Jahre alt sind und meist nur durch Umwidmungen überhaupt den Status "Straße" bekommen haben nach dieser Zeit erstzuerschließen ist doch der Hammer und keinem Normaldenkenden zu erklären!
    Mal schauen was die ganzen Wahlversprechen der FW bringen. Um der Ungerechtigkeit gerecht zu werden, muss die aktuell gängige Praxis vieler Kommunen entgegengewirkt werden, dass dieses abkassieren Einzelner aufhört und rückwirkend gestoppt wird.
    Dies hat auch etwas mit Gleichberechtigung zu tun!!!
  2. Bürger am 28.10.2018
    Diese höchst fragwürdige Übergangsfrist für Ersterschließung ist mindestens so ungerecht wie die Strabs, deren Abschaffung zum 1. 1. 2018 ja möglich war.
    Offenbar ist manchen Politikern, das Gefühl dafür abhanden gekommen, was sie den Bürgern und Wählern zumuten. Wir haben an Abgeordnete geschrieben, diese Übergangsfrist abzuschaffen, da sie zu unsinnigen und völlig überteuerten Straßenausbauten führt, die Anlieger mit hohen 5-stelligen Beträgen in den Ruin treiben können.
    Antwort von Herrn Ländner im März 2018 u.a.: "...es sieht aber gut aus."
    Antwort von Herrn Kreuzer im Juni 2018 u.a.: "...die bereits 2016 für Erschließungsbeiträge für Altanlagen umgesetzte Regelung (schafft) einen Ausgleich der Interessen der Städte und Gemeinden.....und den Interessen der an diesen Straßen anliegenden Eigentümer, durch die zu leistenden finanzielle Beiträge nicht überfordert zu werden."
    Hoffentlich hat der neue Innenausschuss eine andere Sichtweise.
  3. Andrea am 26.10.2018
    Auch wir sind in Dornach Lkr. München betroffen.
    Bei uns wurden alle Altstrassen noch schnell angepackt.
    Es handelt sich hier um Strassen, die z. T. seit über 50 Jahren voll existieren mit Teerdecke, Gullis und Beleuchtung. Hier denkt kein Mensch mehr daran, dass hier noch Erschließungskosten auf einen zukommen.
    Deshalb hoffe ich sehr, dass Herr Aiwanger uns nach der Landtagswahl in Bayern nicht vergisst und auch dieses Thema in die Verhandlungen bei der Regierungsbildung mit der CSU mit einbringt. Wir haben deshalb unsere Stimmen an die Freien Wähler vergeben und hoffen, dass wir, genauso wie so viele Betroffene, vielleicht doch noch aufatmen können.
  4. herbst am 04.10.2018
    Wir sind selbst betroffen, Haben ein gebr. Haus gekauft und müssen noch sehr lange abzahlen. In Memmingen sind ca. 13 Straßen auf der Agenda und weitere 6 sollen im Frühjahr folgen.
    Nach welchen Kriterien wählen die Räte der Stadt überhaupt aus? Wahrscheinlich die Straßen die am lukrativsten sind bei der Abrechnung. Hat sich eigentlich irgendjemand Gedanken gemacht was wir Bürger da leisten sollen? Hätte man das Ganze nicht irgendwie "deckeln" können? Das überfordert uns ! Der Bürgermeister und die Räte hätten dieses Thema doch auch einfach bis 2021 "verschlafen" können wie sie er bisher getan haben. Aber wenn noch Geld zu holen ist bevor das Kassenhaus schließt.......Es ist ganz einfach eine Schande wie mit den Bürgern umgesprungen wird!
  5. Brigitte am 27.09.2018
    Wir sind aktuell als Hauseigentümer in Buchloe selbst betroffen. In einer Anlieger-Bürgerversammlung wurde uns im Februar erklärt, dass es verpflichtend wäre, unsere Anliegerstraße fertigzustellen bzw. uns die Kosten zu berechnen. Es besteht definitiv ein großes Interesse der Kommunen, die betroffenen Bürger auf diesem Weg zur Kasse zu bitten. Die Initiative der Freien Wähler unterstütze ich deshalb zu 100%, denn die betroffenen Anlieger werden damit richtig zur Kasse gebeten. Von Gerechtigkeit keine Spur.
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